Bob | Weltcup Dopingverdacht Wulff: Bob-Experte glaubt nicht an wissentliche Einnahme
Bob-Anschieber Simon Wulff ist positiv auf eine in Wettkämpfen verbotene Substanz getestet worden. Eik Galley, ARD-Bobkommentator seit 2007, ordnet die Situation ein.
Frage: Herr Galley, bei Simon Wulff gab es ein positives Testergebnis. Wann ist es entstanden?
Galley: "Bei seinem ersten Bob-Weltcup überhaupt, am 7. Dezember im sächsischen Altenberg."
Wann wurde Simon Wulff über den Test informiert und wie war seine Reaktion?
Galley: "Er wurde gestern (9. Januar) per Post informiert und wollte das Testergebnis nicht glauben."
Wie reagieren die Verantwortlichen?
Galley: "Alle eint die Überzeugung, dass Simon Wulff die verbotene Substanz nicht wissentlich eingenommen hat. Bundestrainer René Spies verweist auf das Statement des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD) und darf im laufenden Verfahren keine Aussagen geben. Das gilt auch für die Sportler selbst.
BSD-Präsident Thomas Schwab hat veranlasst, dass Simon Wulff eine Liste aller Nahrungsmittel erstellt, die er beim Weltcup in Altenberg eingenommen hat. So will der BSD der verbotenen Substanz auf die Spur kommen.
Schwab betont, dass es sich um eine Substanz handelt, die bei einer Trainingskontrolle zulässig gewesen wäre, nur im Wettkampf verboten ist. Wer gezielt dopt, würde andere Mittel verwenden."
Simon Wulff (l.) etablierte sich prompt als Anschieber von Bob-Rekordweltmeister Francesco Friedrich.
Halten Sie selbst eine wissentliche Dopingeinnahme von Simon Wulff für denkbar?
Galley: "Ich halte es auch für nahezu ausgeschlossen, dass Simon Wulff bewusst gedopt hat. Im Bobsport werden pro Saison Tausende Tests durchgeführt. Allein Francesco Friedrich wurde in der letzten Saison 50 Mal überprüft. Die Dopingfahnder gehören für die Sportler zum Alltag. Je prominenter der Sportler, desto engmaschiger die Testreihen. Die Praxis ist jedem bekannt.
Das Thema wird im Verband proaktiv behandelt. Ich habe mit René Spies vor längerer Zeit ein Interview zu seinem Beruf als Bundestrainer geführt. Darin erklärte er seine großen Freude an der Aufgabe, die allerdings mit zwei Sorgen verbunden ist: einem Sturz mit gesundheitlichen Folgen seiner Athleten oder ein positiver Dopingtest. Jeder Sportler beim BSD ist dafür sensibilisiert, jedem sind die Folgen eines positiven Tests bewusst."
Was hat Simon Wulff für eine Vita?
Galley: "Er wurde am 1. Januar 2001 in Dresden geboren, war 17 Jahre lang Leichtathlet. Beim ausverkauften Goldenen Oval in Dresden im November 2024 ist er die 100 Meter in 10,06 Sekunden gelaufen und hat sich damit auf Platz 4 der ewigen deutschten Rangliste katapultiert. Die mediale Begleitung war sehr umfangreich.
Dennoch ist er seinem Versprechen, zum Bobsport zu wechseln, treu geblieben. Das hat Francesco Friedrich genau registriert. Ich habe bei seinem ersten Weltcup in Altenberg lange mit ihm gesprochen. Er nimmt sich nicht wichtig, ist zurückhaltend, passt in die Welt. Und er war voller Freude, wie positiv ihn die Bobwelt aufgenommen hat. Auch wegen der olympischen Perspektive. Es fällt mir schwer zu glauben, dass er das alles durch bewusstes Doping in Frage stellt."
Wer könnte Wulff im Friedrich-Bob am Wochenende in St. Moritz ersetzen?
Galley: "Das wird das Team jetzt selbst entscheiden. Alexander Schüller war zuletzt im Zweierbob der Anschieber von Francesco Friedrich und hat mit ihm den Weltcup in Winterberg gewonnen. Im Viererbob hat Friedrich genug Auswahl, um Simon Wulff zu ersetzen."
SpiO