Paralympics in Paris Paralympics: Beim Sprinten geht es für Marcel Böttger um die perfekte Symbiose
Marcel Böttger aus Kassel tritt bei den Paralympics im 100-Meter-Lauf an. Alleine ist er dabei nicht: Der blinde Sprinter läuft immer in Begleitung - und hat in Paris ein klares Ziel.
Wenn Marcel Böttger an der Startlinie steht, ist der 31-Jährige aus Kassel nie alleine. Nur eine Armlänge entfernt, genauer gesagt 30 Zentimeter, befindet sich Alexander Kosenkow. Und Kosenkow ist für Böttger unersetzbar, denn er führt ihn zum 100 Meter entfernten Ziel.
Böttger ist blind. Eine Krebserkrankung nahm dem 31-Jährigen das Augenlicht. Aufhalten ließ er sich dadurch aber nicht. Der Kasselaner tritt in diesem Sommer bei den Paralympics beim 100-Meter-Lauf an, seiner Paradedisziplin. Aber ohne Kosenkow würde es nicht gehen, denn Kosenkow ist sein Guide.
"Alles ist rhythmisch"
Ein 30 Zentimeter langes Band verbindet die beiden. Ab dem Startschuss ist es eine gut elf Sekunden lange Suche nach der perfekten Symbiose. "Alles ist rhythmisch", beschreibt Böttger die Verbindung zu Konsenkow im Gespräch mit dem hr-sport. "Arm- und Beinschwung sind gleich. Das muss alles bis auf das Kleinste harmonisch sein." Denn: "Sobald ein Ruckler reinkommt, ist der ganze Rhythmus raus."
Aber eben diese Ruckler sind selten. Seit 2019 arbeiten die beiden zusammen, Kosenkow war früher selbst erfahrener 100- und 200-Meter-Läufer. Ein Profi. Und er verhilft Böttger zu seiner Topform. Die Bestzeit des 31-Jährigen liegt bei 11,06 Sekunden. Damit ist er derzeit die Nummer zwei der Welt - was er bei den Paralympics unter Beweis stellen möchte: "Das größte Ziel wäre, mit einer Medaille nach Hause zu fahren."
Früher kein Bock auf Sport
Dass es mal soweit kommen würde, war lang nicht wirklich erwartbar. Nicht aufgrund der Behinderung Böttgers, nein, sondern wegen dessen fehlender Motivation. "Mir wurde immer gesagt, ich solle mal Leichtathletik betreiben, weil ich schnelle Beine hatte", berichtet Böttger: "Ich hatte aber eigentlich nie Lust, Sport zu machen."
Das jedoch änderte sich mit den Jahren, der Kasselaner begann im Leichtathletik-Verein zu laufen. Und ist heute Feuer und Flamme für seinen Sport: "Das ist ein Gefühl von Freiheit. In dem Moment ist alles egal. Einfach laufen!"
Das Ziel: eine Medaille
Genau das will er bei den Wettkämpfen am 4. und 5. September im Pariser Stade de France vor den Augen seiner Familie, die anreisen wird in die französische Hauptstadt, ebenfalls. Einfach laufen. Und dann, wenn alles klappt, eben eine Medaille holen.