Glasner will "Sau rauslassen" Bei Eintracht Frankfurt überwiegt der Stolz
Eintracht Frankfurt hakt die Niederlage im DFB-Pokalfinale schon Minuten nach dem Abpfiff ab und feiert sich für zwei unglaubliche Jahre. Trainer Oliver Glasner hat einen Kloß im Hals und kündigt an, zwei Tage lang zu feiern.
Der Abpfiff des DFB-Pokalfinals war am späten Samstagabend gerade verhallt, da präsentierten sich die Fans von Eintracht Frankfurt noch einmal von ihrer lautstärksten Seite. Als sich die Spieler der unterlegenen Hessen in der Kurve für die außergewöhnliche Unterstützung bedanken und etwas Trost spenden wollten, drehten die Anhänger den Spieß um.
Statt nach der 0:2-Niederlage gegen RB Leipzig enttäuscht das Weite zu suchen, richteten die rund 50.000 anwesenden Frankfurter den Fokus auf das Positive und bejubelten den Einzug in die Conference League. Mannschaft und Fans, die in den vergangenen Monaten und Jahren so viele große Fußballfeste gefeiert hatten, bildeten auch im Moment der Trauer die so oft zitierte Symbiose und feierten einen versöhnlichen Abschied. "Europacup in diesem Jahr."
Zum neunten Mal stand Eintracht Frankfurt im Finale um den DFB-Pokal. Die besondere Beziehung des Vereins zu diesem Wettbewerb ist das Thema der hr-Doku "Berlin, Berlin - Eintracht Frankfurt und die Liebe zum DFB-Pokal". Ausgestrahlt wird sie am Montag um 23.15 Uhr im hr-fernsehen. Zudem wird sie in der ARD-Mediathek zu sehen sein.
Eintracht spielt ordentlich, Leipzig eiskalt
Die Eintracht hatte Titelverteidiger Leipzig zuvor über 70 Minuten erstaunlich gut Paroli geboten und vor allem in der Defensive eine sehr starke Leistung gezeigt. Angeführt vom überragenden Kapitän Sebastian Rode, der völlig entkräftet ausgewechselt wurde und dann von der Bank die Treffer von Christopher Nkunku (71.) und Dominik Szoboszlai (85.) mitansehen musste, waren die Hessen nah dran am nächsten Titelgewinn.
Da Randal Kolo Muani (59.) und Mario Götze (63.) die besten Frankfurter Chancen jedoch ungenutzt ließen, kippte das nie hochklassige, aber immer spannende Finale auf die Seite der Sachsen. RB war zur Stelle, als es drauf ankam. Dass der Führungstreffer gleich doppelt abgefälscht wurde, passte zur Partie.
"Es wirkte ein wenig so: Wer das erste Tor schießt, gewinnt", fasste Glasner passend zusammen. "Vor einem Jahr waren wir die glücklichen Sieger, das ist Sport, das muss man akzeptieren." Die Eintracht versuchte alles und trat mutig auf, in der Schlussphase fehlte aber der letzte Punch. Es sollte dieses Mal einfach nicht sein.
Glasner dankt Eintracht für die gemeinsame Reise
Die große Enttäuschung über die verpasste Chance war den Fans, der Mannschaft und Trainer Glasner dann auch anzumerken. In Windeseile überwog am Samstagabend aber auch die Freude über das Erreichte. "Meine Gefühlswelt schwankt zwischen Stolz und Dankbarkeit. Ich habe hier zwei fantastische Jahre verbracht und bin dankbar, dass ich Teil dieses Vereins sein durfte", so Glasner. Im vergangenen Jahr Europa-League-Sieger, in dieser Saison erstmals in der Champions League dabei, dazu die erneute Qualifikation für Europa und die nächste Final-Teilnahme. Was für eine Bilanz.
Glasner, dessen Wehmut über seinen Abschied aus Frankfurt deutlich sicht- und spürbar war, gelang es deshalb auch glaubhaft, ein positives Fazit zu ziehen. "Natürlich sitzen die Spieler traurig in der Kabine. Aber wir hatten zusammen so viele schöne Momente, die hängen bleiben", sagte er. "Es war eine tolle Reise. Ich werde diese Gruppe von Spieler und Betreuern für immer in meinem Herzen tragen." Dass Glasner die Verantwortlichen im Vorstand unerwähnt ließ, war sicher kein Zufall, spielte an diesem Abend aber nur eine untergeordnete Rolle.
Glasner gibt den Partybefehl
Die Eintracht, die die Krönung einer turbulenten Saison im DFB-Pokalfinale verpasste und in der Bundesliga-Rückrunde einige unerklärliche Auftritte hingelegt hatte, war am Ende wieder mit sich im Reinen. Die Fans hatten Berlin am Samstag in Frankfurt 2.0 und das Endspiel in ein Heimspiel verwandelt, das Team hatte noch einmal aufopferungsvoll gekämpft. Frust über die Niederlage: ja. Ärger oder Schuldzuweisungen: nein. "Wir haben die Massen, die Fans und die Stadt begeistert. Das ist das, was dich antreibt", so Glasner. "Heute ist deshalb keine Zeit für Trübsal."
Statt in Selbstmitleid zu versinken, verordnete der Österreicher deshalb auch eine Nicht-Titel-Party. Die große Sause mit den Fans am Römer wird zwar ausfallen, gefeiert werden soll aber trotzdem. "Ich wünsche mir, dass wir heute richtig die Sau rauslassen und auf diese zwei wahnsinnig erfolgreichen Jahre anstoßen", sagte er. "Wir haben uns eine schöne Party verdient, ich werde jetzt zwei Tage durchfeiern."
Die Zukunft der Eintracht ist offen
Sobald irgendwann in den kommenden Tagen die letzten Gläser geleert sind und der Kater überstanden ist, werden die Eintracht und Glasner wohl noch einmal alles Revue passieren lassen und der vergebenen Chance auf den Pokalgewinn nachtrauern. Vorwerfen kann man dem Team, zumindest im Finale, aber nichts.
Die Mannschaft, die so nie wieder zusammenspielen wird, hat die Fans begeistert. Nun ist Zeit für einen Neuanfang. "Wir werden wiederkommen", versprach Sportvorstand Markus Krösche. Mit welchem Trainer und mit welchen Profis ist aktuell jedoch offen.