Die Eintracht-Spieler stehen nach dem Sieg in Braunschweig Arm in Arm

Eintracht Frankfurt startet in die Bundesliga: Fünf Fragen, drei Meinungen Eintracht Frankfurt startet in die Bundesliga: Fünf Fragen, drei Meinungen

Stand: 22.08.2024 07:16 Uhr

Eintracht Frankfurt startet in die Bundesliga-Saison. Welcher Spieler startet durch? Wo drohen Probleme? Und steht am Ende die Champions League? Der hr-Sport diskutiert.

Von Stephan Reich, Gerald Schäfer und Mark Weidenfeller

Was ist die größte Baustelle zum Saisonstart?

Mark Weidenfeller: In der Defensive muss schnellstmöglich der Nachfolger von Willian Pacho gefunden werden. Arthur Theate? Aurèle Amenda? Oder doch Tuta? Einer muss es machen und zur Dauerlösung werden. Die Viererkette funktioniert nur mit den berühmten Automatismen, ohne diese wird das gewollte Risiko schnell zur unkontrollierbaren Gefahr. Was den schottischen Fans bei der EM problemlos gelang, ist bei der Eintracht-Abwehr die größte Herausforderung: dicht werden.

Stephan Reich: Abwehr, schön und gut, aber auch wenn ich als Hobbykicker stets das Gegenteil bewiesen habe: Verteidigt wird auf dem ganzen Platz. Weswegen ich mir bessere Abläufe im Pressing wünsche. In der ersten Halbzeit gegen Braunschweig funktionierte das hier und da nicht so gut, mit der Folge, dass sich Lücken zwischen den Mannschaftsteilen auftaten, in denen man den Frankfurter Mannschaftsbus hätte parken können. Das darf in der Liga nicht passieren, also bitte besser und geschlossener draufgehen und hintendran nachrücken. Dann klappt es auch mit hohen Ballgewinnen, und wie jeder weiß, ist dann der Weg zum Tor auch nicht mehr so weit.

Gerald Schäfer: Der Spielaufbau. Auf dem Braunschweiger Rasen müssten die Frankfurter Donuts vor lauter angezogener Handbremse noch bis zum Jahresende erkennbar sein. Die Eintracht tut sich einfach wahnsinnig schwer damit, Tempo in den Spielaufbau zu bekommen. Statt aufzudrehen gedenkt man im Zentrum lieber kurz Benjamin Huggel, dreht sich einmal um die eigene Achse und spielt dann einen Rückpass. So hat man in der vergangenen Saison viele Sympathien bei den Fans verspielt. Das geht deutlich besser. 

Wer startet in dieser Saison durch?

Mark Weidenfeller: Es ist die offensichtliche Wahl, aber es ist auch eine gute Wahl: Hugo Ekitiké, der kleine Schlawiner, wird in dieser Saison zum großen Unruhestifter und zur Nummer eins im Frankfurter Sturm. Igor Matanovic mag zwar mehr laufen, Ekitiké schießt dafür Tore und wird seinen französischen Vorgänger im Sturmzentrum übertrumpfen. Randal Kolo Muani traf in seiner ersten (und einzigen) Spielzeit 15 Mal, das schafft Ekitiké locker. Danach sollte er dann besser alle Anrufer mit Pariser Vorwahl blocken.

Gerald Schäfer: Erst wollte ich ja auch Ekitiké sagen, aber im Prinzip ist der doch schon in der Rückrunde der vergangenen Saison durchgestartet. Ich vertraue hier einfach mal auf die guten Eindrücke aus der Vorbereitung und sage: Igor Matanovic. Ein Tor hat er im Pokal schon gemacht, weitere werden folgen.

Stephan Reich: Talente kommen und gehen, manch ein Nachwuchskicker wird schneller hochgejubelt und verschwindet dann in der Versenkung, als man dreimal hintereinander Kreso Ljubicic sagen kann. Bei Can Uzun ist das anders. Erstens hat Uzun in der zweiten Liga eine Saison hinter sich, die in dem Alter nur Spielern wie Jürgen Klinsmann, Olaf Thon oder Lukas Podolski gelungen ist. Zweitens ist Uzun ein Straßenkicker, kreativ, torgefährlich, clever, macht gerne mal was Verrücktes. Solche Spieler sind selten. All das wird ihn zu einer großen Karriere führen, die in dieser Saison bei der Eintracht so richtig Fahrt aufnimmt.

Wer ist Mister Unverzichtbar?

Stephan Reich: Mit Mario Götze ist es wie mit Pizza: Selbst, wenn eine Pizza nicht so gut ist, ist es immer noch Pizza und also sehr gut. Soll heißen: Wer einen Mario Götze im Kader hat, muss ihn spielen lassen, auch wenn Götze natürlich nicht mehr der Spieler von vor zehn Jahren ist. Dennoch hat er ein derart tiefes Verständnis von Fußball, wie ich es bei der Eintracht selten bis nie gesehen habe. Er kann diesen Sport einfach besser als die allermeisten anderen. Immer noch. Und so ist es an Dino Toppmöller, die richtige Position für Götze zu finden.

Mark Weidenfeller: Bei der Eintracht ist es wie auf einer Garten-Party: Ein Hugo ist gut, zwei Hugos bilden ein gutes Fundament. Neben Hugo (gesprochen: Ügo) Ekitiké sollte deshalb auch Hugo (gesprochen: Hugo) Larsson immer spielen. Der immer noch erst 20 Jahre alte Schwede ist im zentralen Mittelfeld als eine Art dynamischer Zivi für die älteren Herrschaften Skhiri und Götze unabdingbar. Die Eintracht braucht Larssons Tempoläufe, die Eintracht braucht einen Box-to-Box-Spieler. Larsson startet durch. 

Gerald Schäfer: Mark hat es angesprochen: Die Abwehr ist nicht gerade das Prunkstück der Eintracht. Genau deshalb ist Robin Koch für mich quasi unersetzlich. Der Nationalspieler ist binnen einer Saison zum absoluten Führungsspieler geworden und muss den Laden da hinten zusammenhalten. Ich traue ihm zu, dass er das hinbekommt. Aber sollte Koch mal länger ausfallen, wer springt denn dann in die Bresche? Mir fehlt zum Saisonstart der Glaube, dass das jemand anderes schafft.  

Wie ist die Wunsch-Aufstellung?

Mark Weidenfeller: Beim Pokal-Duell in Braunschweig lief nicht alles rund, die Formation an sich war aber vielversprechend. Da vielversprechende Ansätze allerdings nicht immer reichen, empfehle ich eine kleine Änderung: Theate für Tuta. Ist auch noch phonetisch ansprechend. 

Trapp – Nkounkou, Theate, Koch, Kristensen – Skhiri – Larsson, Götze – Chaibi, Marmoush – Ekitiké

Gerald Schäfer: Da es hier explizit um den Wunsch geht, setze ich voll auf Offensive. Die Vorstellung eines 4-3-3-Systems mit den trickreichen Ekikité und Marmoush auf den Außen ist einfach zu sexy, um sie nicht auszuprobieren. Der Vorteil: Mit Matanovic hätte man dann tatsächlich einen Abnehmer für Flanken in der Mitte. Der Nachteil: Die Verteidigung wäre natürlich weiter geschwächt. Aber ein 4:3 ist in der Endabrechnung eben doch besser als ein 1:0.

Trapp – Nkounkou, Theate, Koch, Kristensen – Skhiri, Larsson – Chaibi – Ekitiké, Matanovic, Marmoush

Stephan Reich: Ich bin bei Gerald, will es aber ein bisschen weniger fachmännisch ausdrücken: Ekitiké, Marmoush und Matanovic sind großartige Stürmer mit unterschiedlichen Profilen. Also bitte gemeinsam aufstellen und dann gib ihm! Wahrscheinlich spricht die Sehnsucht aus mir, aber: Neue Büffel braucht das Land.

Trapp – Nkonkou, Theate, Koch, Kristensen – Skhiri, Larsson – Götze – Ekitiké, Matanovic, Marmoush

Wo landet die Eintracht am Saisonende?

Gerald Schäfer: Weil die Eintracht in den vergangenen Jahren ungefähr so konstant war wie ich ohne Tempomat auf der Autobahn, glaube ich nicht an den Angriff auf die Champions League. Das internationale Geschäft sollte mit dieser talentierten Truppe aber auch in der nächsten Saison drin sein. Platz sechs scheint mir realistisch.

Mark Weidenfeller: Da die Eintracht die Eintracht ist und die sich seit Monaten anbahnende Unruhe auch durch einen Sieg im Pokal nicht eindämmen lässt, ist eine ruhige Saison wohl eher nicht zu erwarten. Die guten Nachrichten: Die Offensive verspricht mehr Spektakel, die Europa-League-Nächte schöne Reisen für die Fans. Die schlechte Nachricht: Die Eintracht und Toppmöller müssen noch Probleme lösen. Am Ende reicht es – mit allerlei Irrungen und Wirrungen – aber erneut für Europa. Allerdings eher Conference als Champions League.

Stephan Reich: Ich bin neuerdings Zwangsoptimist und sage: Der Kader ist in Spitze und Breite top, Trainer Dino Toppmöller geht in sein zweites Jahr und hat aus der ersten, holprigen Saison sicherlich die ein oder andere Lehre gezogen. Ich sag mal so: Es ist angerichtet. Die Eintracht legt ein Sahnesaison hin, die anderen stolpern, am Ende steht die Champions League. Und da bin ich ja noch gar nicht bei den Pokalwettbewerben.