Trainingslager in der Pfalz Darmstadt 98 im Trainingslager: Lilien vertreiben die Geister der Abstiegs-Saison
Zum vierten Mal in Folge befindet sich der SV Darmstadt 98 im Sommer-Trainingslager in der Pfalz. Hotel und Platz sind wie im Jahr zuvor, Ziel und Mission sind gänzlich anders.
Ob Paul Fernie an Geister glaubt, ist nicht überliefert. Es ist auch nicht entscheidend. Wichtig ist, dass der Sportdirektor des SV Darmstadt 98 gerade daran arbeitet, Geister zu vertreiben. Konkret die Geister, die die Lilien seit dem am Ende desaströsen Abstieg aus der Bundesliga mitsamt all der Begleiterscheinungen im Frühsommer plagen. Und glaubt man dem 36-Jährigen, ist diese Arbeit mehr als nur im vollen Gange.
"Die Saison ist verarbeitet und in einem gewissen Rahmen abgehakt", berichtete Fernie im Trainingslager der Lilien im pfälzischen Herxheim-Hayna, wo die Südhessen schon zum vierten Mal in Folge ihre Zelte aufschlagen, und betonte: "Es fühlt sich jetzt anders an." Und es gibt in diesen Tagen der Sommer-Vorbereitung der Darmstädter ein paar Gründe, warum dieser Eindruck von Fernie richtig sein könnte.
Fan-Zuspruch vorhanden
Zum einen ist da der Zuspruch der Fans. In den letzten Spielen der desaströsen Bundesliga-Saison ist einiges zu Bruch gegangen. Erst gingen die Anhänger im Stadion aufeinander los, dann mussten sich die Darmstädter Spieler von Fans aus der Kurve einiges anhören, es folgte zum Liga-Abschluss Niederlage auf Niederlage. Manche wie gegen Augsburg oder Hoffenheim waren besonders schmerzhaft. Es schien, als wäre das in Darmstadt eigentlich so feste Band zwischen Anhang und Mannschaft kurz vor dem Zerreißen.
In der Sommer-Vorbereitung ist davon aber nicht mehr viel zu spüren. Beim Saison-Auftakt strömten Tausende ans Böllenfalltor, bei den Testspielen gegen unterklassige Teams in der Region waren die Sportplätze voll. Die Leute haben Lust auf die Lilien, das ist spürbar. Und sie haben Lust auf diese zweite Liga. Es mag nicht alles wieder heile sein, was im April und Mai zu Bruch gegangen ist, aber es scheint doch so, als sei vieles zumindest wieder hergestellt.
Fernies Job: Lösungen finden
Zum anderen ist da die runderneuerte Mannschaft. Sportdirektor Fernie hat sich nach der Saison-Analyse entschieden, das Team einmal zu erneuern, auf dem Platz im pfälzischen Herxheim-Hayna tummeln sich gleich mehrere Neuzugänge, es ist allein dadurch reichlich Dampf drin in den Trainingseinheiten. Alternativlos war der Weg der Frischzellenkur, das merkt man in den Gesprächen mit den Vereinsverantwortlichen.
"Ich habe nicht alles mitgemacht in der vergangenen Saison. Aber in meiner Anfangszeit war es schon so, dass die Stimmung negativ war. Das prägt natürlich", berichtete Fernie von seinen ersten Wochen. "Mein Job war es, Lösungen zu finden. Wir haben neue Ideen umgesetzt. Ich merke jetzt eine Energie und Euphorie rund um die Mannschaft." Das ist auch auf dem Trainingsplatz in der Pfalz zu spüren, wo selbst kleine Trainingsspielchen wie das klassische "Rondo" so ernstgenommen werden, dass am Ende bis zum Schluss ausdiskutiert wird, wer nun denn der Verlierer der Einheit ist.
Klefisch: "Haben einen guten Spirit"
Der Prozess des Eins-Werdens ist also in vollem Gange. Sowieso ist das die vorrangige Mission des Teams von Trainer Torsten Lieberknecht in dem idyllischen kleinen Örtchen. Noch geht es vorrangig nicht um Stammplätze, noch steht das Zusammenfinden im Vordergrund. "Wir sind noch in der Phase, in der wir zusammenwachsen. Wir müssen uns noch finden", berichtete Fernie. "Wir haben einen guten Spirit im Team. Das merkt man auf und neben dem Platz", berichtete Neuzugang Kai Klefisch.
Dass in diesem Jahr bis auf Fabian Nürnberger fast alle Spieler bei den Einheiten voll dabei sind, hilft da zusätzlich. Der im vergangenen Jahr noch deutlich zu oft von langsam im Trott joggenden Rekonvaleszenten belegte Nebenplatz in Herxheim-Hayna ist in diesem Jahr angenehm leer. Alle können auf dem Platz daran mitwirken, einen neuen Geist zu entfachen.
Saisonstart wird wichtig
Und trotz all dieser Indizien ist natürlich klar, dass in Darmstadt vieles vom Saisonbeginn abhängen wird. Setzen die Lilien gleich zum Start ein paar Duftmarken, dürfte die vergangene Saison bald vergessen sein. Setzt es zum Start ein paar Niederlagen, könnten die Geister aber wieder hervorkommen. Paul Fernie will das unbedingt verhindern und in Herxheim-Hayna wird gerade daran gearbeitet.