BR24 Sport Neue Trainer, alte Probleme: Das verkorkste Jahr der DFB-Männer
2023 war nicht das Jahr der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Das DFB-Team präsentierte sich in desolater Form. Auch ein Trainerwechsel brachte keine Besserung. Für eine erfolgreiche Heim-EM bedarf es einer klaren Leistungssteigerung.
Es ist der 10. September: Just in dem Moment, in dem die deutschen Basketballer bei der Weltmeisterschaft kurz vor ihrem größten Triumph stehen, gibt der Deutsche Fußball-Bund (DFB) eine Pressemitteilung raus: Hansi Flick ist nicht mehr länger Bundestrainer.
Einen Tag nach dem desolaten Auftreten der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der 1:4-Niederlage gegen Japan folgte die erste Entlassung eines Bundestrainers in der Geschichte des DFB. Denn die Pleite gegen Japan war sinnbildlich für den missglückten Neuanfang nach der WM-Blamage ein Jahr zuvor in Katar. "Die Gremien waren sich einig, dass die A-Nationalmannschaft nach den zuletzt enttäuschenden Ergebnissen einen neuen Impuls benötigt", wurde DFB-Präsident Bernd Neuendorf in einer Mitteilung zitiert.
Flick schafft Stimmungswende nicht
Flick hatte die Nationalmannschaft nach der EM 2021 von Joachim Löw übernommen und gewann die ersten acht Spiele, allerdings gegen bestenfalls zweitklassige Gegner. Bei der WM in Katar flog die DFB-Auswahl schon in der Vorrunde aus, Flick schaffte die Stimmungswende in den folgenden Monaten nicht.
In seinen insgesamt 25 Spielen als Bundestrainer hatte Flick nie in zwei aufeinanderfolgenden Partien der gleichen Aufstellung vertraut. Immer wieder wechselte er - besonders in der Abwehrformation signifikant. Mal probierte er die Dreierkette, mal die Viererkette. Mal eine sogenannte "Ochsenabwehr" aus lauter Innenverteidigern.
Von den letzten 17 Partien unter Flick konnte die DFB-Elf lediglich vier gewinnen - und kassierte nur einmal kein Gegentor. Nur Erich Ribbeck (1,50 Punkte) hatte letztlich einen schlechteren Punkteschnitt als DFB-Trainer als Flick (1,72 Zähler).
Nagelsmann sorgt nur kurz für Euphorie
Sportdirektor Rudi Völler übernahm - aber nur einmalig: Und prompt zeigte die DFB-Elf gegen Vize-Weltmeister Frankreich eine deutliche Leistungssteigerung und gewann mit 2:1. Die Fußball-Euphorie kehrte nach Deutschland zurück. Bei den deutschen Fußball-Fans keimte Hoffnung auf eine Trendwende auf.
Und die sollte Julian Nagelsmann bringen: Am 22. September präsentierte der DFB den ehemaligen Bayern-Coach als neuen Bundestrainer. Der 36-Jährige erhielt einen Vertrag bis zur Heim-EM 2024 und soll im kommenden Jahr für ein Sommermärchen 2.0 sorgen.
Das erste Spiel unter dem neuen Bundestrainer glückte. Die DFB-Elf drehte gegen die USA einen 0:1-Rückstand zu einem 3:1-Erfolg. Ein Sieg, der Mut machte. Doch der Nagelsmann-Effekt verpuffte schnell: Einem 2:2 gegen Mexiko folgte die 2:3-Niederlage gegen die Türkei und die peinliche Pleite gegen Österreich.
Alarmstimmung beim DFB
Vor allem die Leistung gegen die Alpenrepublik war indiskutabel und ließ den Traum von einer erfolgreichen EM zur Utopie werden. Neben den schon fast obligatorischen Mängeln in der Abwehr zeigte auch die Offensive viele Schwächen. Nagelsmann sah zu viele "Einzelkämpfer" auf dem Feld, wie er selbst feststellte.
Der Start unter Nagelsmann verlief also ernüchternd. In vier Spielen gelang lediglich ein Sieg. Nach den jüngsten Niederlagen gegen die Türkei und Österreich herrscht erneut Alarmstimmung.
"Schlechter kann es gerade nicht sein", bilanzierte Kapitän Ilkay Gündogan nach dem verkorksten Jahresabschluss. Aber: Auch vor der Heim-WM 2006 stotterte der Motor, mit Turnierstart allerdings lief es. Ein Sommermärchen 2.0 wäre Balsam für die deutsche Fußball-Seele.
Die EM-Auslosung immerhin meinte es gut mit dem Deutschen Fußball-Bund, nach dem Auftakt am 14. Juni gegen Schottland geht es gegen Ungarn und die Schweiz. "Es ist eine gute Gruppe, aber keine Hammergruppe", kommentierte DFB-Sportdirektor Rudi Völler.
Die BR24Sport-Jahresrückblicke 2023
Quelle: BR24 28.12.2023 - 18:30 Uhr