Andreas Helgstrand

Verdeckte Aufnahmen in TV-Doku Vorwürfe von Tierquälerei bei Olympiareiter Andreas Helgstrand

Stand: 05.12.2023 13:29 Uhr

Dem dänischen Dressurreiter Andreas Helgstrand wird Tierquälerei in mehreren Fällen vorgeworfen, wie verdeckte Filmaufnahmen zeigen sollen. Erste Sanktionen wie eine einjährige Turniersperre wurden bereits erteilt.

Von Kathleen Teegen

Es sind erschütternde Bilder: Pferde mit offene Sporen- und Maulwunden. In anderen Sequenzen sind Bereiter in einer Reithalle zu sehen, wie sie die Pferde beim Reiten unverhältnismäßig stark mit dem Sporen traktieren und die sogenannte Rollkur-Methode (Hyperflexion) anwenden: Dabei wird der Kopf des Pferdes mit oder ohne Hilfszügel unter großer Krafteinwirkung extrem weit an die Brust gezogen. Eine Trainingsmethode, die vom Weltreitverband FEI und der klassischen Reitlehre verurteilt wird.

Das "System Helgstrand"

Die Bilder stammen aus einer zweiteiligen Dokumentation des dänischen Senders TV2. Die Journalistin Rebekka Klubien verbrachte dafür einen Monat verdeckt als Pflegerin im Stall des dänischen Dressurreiters Andreas Helgstrand. Der 46-Jährige ist ein renommierter Reiter: Bei den Weltreiterspielen 2006 gewann er die Silbermedaille, bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 holte er Bronze mit der Mannschaft.

Klubien konnte in dieser Zeit nicht nur Filmaufnahmen machen, sondern sprach auch mit anderen Pflegerinnen und Pflegern über misshandelte Tiere und das System von "Helgstrand Dressage", einem großem Pferdehandelsstall mit etwa 90 Mitarbeitern in Nordjütland, dessen Inhaber Helgstrand ist. Das Unternehmen betreibt außerdem Ausbildungszentren in Deutschland (bei Bremen) und den USA. Insgesamt sollen in allen Ställen von Helgstrand circa 700 Pferde stehen.

Laut dem dänischen Internetportal "proff.dk" war 2022 ein Rekordjahr für Helgstrand. Der 46-Jährige soll demnach Pferde für insgesamt rund 530 Millionen dänische Kronen verkauft haben (rund 71 Millionen Euro). Unter dem Strich habe das Unternehmen rund 20,7 Millionen Euro erwirtschaftet. Helgstrand hat diverse internationale Geschäftspartner, darunter auch Ludger Beerbaum, mit dem er 2021 ein Ausbildungsprogramm für Dressur- und Springreiter entwickelte.

Helgstrand versuchte Ausstrahlung zu verhindern

In der TV-Doku berichten Pflegerinnen und Pfleger aus Helgstrands Stall, wie sie Anweisungen bekamen, die Verletzungen der Pferde zu kaschieren, zum Beispiel mit Schuhcreme oder Pferdedecken. Dies sei angeordnet worden, wenn Kunden in den Stall kamen. Die Misshandlungen der Pferde und die Anwendung der Rollkur sind anscheinend keine Einzelfälle. Die meisten Reiter des Stalls (in einer Szene waren fünf gleichzeitig in der Halle) wenden diese Methoden anscheinend beim Reiten und Longieren an.

Auch Helgstrand selber wird gezeigt, als die Journalistin ihn zur Rede stellt. Er antwortet jedoch ausweichend und misstrauisch. Helgstrand versuchte per einstweiliger Verfügung, die Ausstrahlung des Filmmaterials zu verhindern, scheiterte aber erst am Landgericht und danach am Bezirksgericht.

Weitere Risse im Pferdeimperium Helgstrands

Es ist nicht das erste Mal, dass der sogenannte "Pferdemillionär" mit Anschuldigungen konfrontiert wird. Im Frühjahr 2014 veröffentlichte der Internet-Sender "epona TV" Fotos vom Tag der offenen Tür bei "Helgstrand Dressage", in denen man sein damaliges Toppferd "Akeem Foldager" unter Helgstrand mit deutlichen Schwellungen in der Sporenregion und blauer Zunge sieht. Dies kann passieren, wenn das Gebiss der Zäumung durch starke Handeinwirkung so auf die Zunge drückt, dass diese nicht mehr richtig durchblutet wird.

Die Dänische Reiterliche Vereinigung, dessen Vorsitzender zum damaligen Zeitpunkt Helgstrands Vater Ulf war, sprach den Reiter jedoch von den Vorwürfen frei. 2023 musste Helgstrand die zuvor bei der dänischen Meisterschaft errittene Bronzemedaille zurückgeben, da er wegen unerlaubter Medikation vom dänischen Verband schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe verurteilt wurde.

Schnelle nationale Sanktionen

Die nun in der TV-Doku ausgestrahlten Bilder haben ebenfalls Konsequenzen für Helgstrand: Bereits einen Tag nach Ausstrahlung des ersten Teils beendete der dänische Pferdesportverband die Zusammenarbeit mit ihm. Das bedeutet, er ist kein Teil der Nationalmannschaft mehr. Zudem erhielt Helgstrand ein Turnierverbot bis zum 1. Januar 2025. Er wird somit nicht an den Olympischen Spielen 2024 in Paris teilnehmen können.

Außerdem wird "Helgstrand Dressage" der Status als Ausbildungsbetrieb entzogen. Auch die Zusammenarbeit mit seiner Firma Helgstrand Events, die für die Austragung einer Reihe hochkarätiger Turniere zuständig war, wurde beendet.

Die Deutsche Reiterliche Vereinigung begrüßt in einem Statement diese Entscheidung. Der Weltverband FEI äußerte sich in einer Stellungnahme, dass die Standards für das Wohlergehen der Pferde eingehalten werden und das Problem rigoros angegangen werden müsse.

In einem Statement auf der Website von "Helgstrand Dressage" werden die in der TV-Doku gezeigten Aufnahmen nun ebenfalls als inakzeptabel und mit den Werten Helgstrands nicht vereinbar bezeichnet. Dies müsse überprüft und korrigiert werden. Die Ethik-Richtlinien seien angepasst und alle Reithallen mit Kameras ausgestattet worden.