Kanurennsport bei Olympia Deutsche Kajak-Vierer gewinnen Gold und Silber
Die Paradeboote haben wieder geliefert: Der deutsche Kajak-Vierer der Männer hat sich in Paris erneut zum Olympiasieger gekrönt. Zuvor waren die Frauen im Vierer zu Silber gepaddelt.
Als Max Rendschmidt, Tom Liebscher-Lucz, Max Lemke und Jakob Schopf im Finale über 500 Meter am Donnerstag (08.08.2024) die Ziellinie überquert hatten, war der Jubel noch verhalten. Bange Sekunden musste das deutsche Quartett warten, ehe die Millimeter-Entscheidung feststand: Mit gerade einmal vier Hundertstelsekunden Vorsprung hatte sich der deutsche Kajak-Vierer im Fotofinish vor Australien nach 1:19,80 Minuten durchgesetzt und damit seinen Olympiasieg von Tokio 2021 wiederholt. Bronze gewann Spanien. "Ein verdammt geiles Rennen", freute sich Liebscher-Lucz im Anschluss. "Wir sind selbstbewusst ins Finale gegangen. Es ist am Ende egal, dass es Millimeter waren. Gold ist Gold."
Deutscher Vierer trotzt Fehlstart und starker Konkurrenz
Das Paradeboot des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV) war einmal mehr als großer Favorit in die Wettkämpfe im Wassersportstadion von Vaires-sur-Marne gegangen. Wie stark die Konkurrenz war, zeichnete sich bereits im Halbfinale ab, als Australien den olympischen Rekord der Deutschen aus dem Vorlauf unterboten hatte. Doch selbst ein Fehlstart zu Beginn des Rennens sollte den deutschen Vierer nicht aus dem Konzept bringen. Auf der zweiten Hälfte der Sprintstrecke schob sich das deutsche Boot nach vorn und setzte sich schließlich auch im Endspurt gegen die Australier durch.
Der deutsche Kajak-Vierer hatte bereits im vergangenen Jahr WM-Gold gewonnen. 2021 hatten sich Rendschmidt, Liebscher-Lucz und Lemke gemeinsam mit dem mittlerweile zurückgetretenen Ronald Rauhe Gold in Tokio gesichert. Für Rauhe war Schopf neu mit dabei, der seine erste Goldmedaille strahlend in Empfang nahm. Das Rennen sei "ein Abriss der letzten drei Jahre" gewesen, meinte der 25-Jährige. Jahre, "die Höhen und Tiefen hatten. Wir haben sehr viel auf die Mütze bekommen und uns konstruktiv da durchgearbeitet und belohnt."
Für Rendschmidt war es bereits die vierte Goldmedaille bei Olympischen Spielen. "Dieses Gold fühlt sich am besten an", schmunzelte der 30-Jährige: "Aber jede Medaille hat ihre besonderen Momente. Es war nicht einfach, aber wir haben es gut hinbekommen." Das sah auch der Architekt des Erfolgs, Bundestrainer Arndt Hanisch, so. "Es war ein fantastisches Rennen. Wir hatten uns einen Plan zurechtgelegt und der ist aufgegangen. Das werden wir jetzt genießen."
Deutscher Frauen-Vierer holt Silber
Schon zuvor hatte Hanisch den ersten Erfolg an diesem Tag bejubeln können, nachdem die deutschen Frauen im Kajak-Vierer Silber über 500 Meter gewonnen hatten. Das als Außenseiter gestartete Quartett mit Paulina Paszek, Jule Marie Hake, Pauline Jagsch und Sarah Brüßler musste sich in 1:32,62 Minuten nur Neuseeland um Ausnahmeathletin Lisa Carrington geschlagen geben. Bronze gewann Ungarn.
Das deutsche Quartett lag zwischenzeitlich sogar in Führung, im Ziel fehlten lediglich 0,42 Sekunden zum ersten Olympiasieg in dieser Disziplin seit 2008 in Peking. Bei den vergangenen Sommerspielen in Tokio war der K4 erstmals seit 1984 ohne Medaille geblieben, in der Zwischenzeit hatte es fünf Olympiasiege und drei zweite Plätze gegeben.
Kurz nach dem Rennen war der Jubel entsprechend groß. Man könne das zuvor Geleistete noch nicht realisieren, sagte Hake. "Das kommt erst, wenn wir auf dem Siegertreppchen stehen." Nach den Rennen im Kajak-Zweier am Freitag wolle man den Erfolg dann ausgiebig feiern, versprach Jagsch.
Kretschmer/Hecker gehen leer aus
Peter Kretschmer und Tim Hecker verpassten eine Medaille im Canadier-Zweier dagegen knapp. Das deutsche Duo kam im Finale über 500 Meter nach 1:41,62 Minuten auf Platz fünf ins Ziel. Am Ende fehlten sechs Zehntel zu Bronze. Im vergangenen Jahr hatte sich das Duo noch den Weltmeistertitel gesichert. Gold ging an China mit Hao Liu/Bowen Ji, Silber gewannen die Italiener Carlo Tacchini/Gabriele Casadei vor den Ungarn Jonatan Daniel Hajdu/Balasz Adolf.
"Natürlich ist man enttäuscht, wenn man als Weltmeister keine Medaille holt", sagte Kretschmer. Es sei der "wohl letzte gemeinsame Tanz" gewesen, ergänzte Hecker. Kretschmer hatte 2012 in London gemeinsam mit Kurt Kuschela Olympiagold gewonnen. Hecker holte vor drei Jahren in Tokio mit Sebastian Brendel Bronze.
Jahn und Jakob scheitern im Viertelfinale
Im Canadier-Einer der Frauen haben Lisa Jahn und Maike Jakob den Sprung ins Halbfinale verpasst. Jahn beendete ihren Vorlauf über 200 Meter als Dritte und musste den Umweg übers Viertelfinale nehmen. Dort hätte einer der beiden ersten Plätze den Einzug in die Vorschlussrunde bedeutet, die 30-Jährige kam aber nur auf Rang fünf ins Ziel. Jahn hatte bereits im Canadier-Zweier mit Hedi Kliemke am Dienstag das Halbfinale verpasst.
Kurz darauf musste auch Jakob bei ihrem Olympiadebüt die Segel streichen. Nach dem letzten Platz im Vorlauf kam die 18-Jährige im Viertelfinale nicht über Platz sechs hinaus. Jakob war erst kurzfristig ins deutsche Aufgebot gerückt, nachdem der Deutsche Kanu-Verband DKV entschieden hatte, einen der sechs errungenen Kajak-Quotenplätze zum Canadier zu verschieben.
Weitere Medaillen winken
Schon am Freitag könnte der Medaillenregen seine Fortsetzung finden. Die Duos Rendschmidt/Liebscher-Lucz und Schopf/Lemke gehören auch im Zweier zu den Topfavoriten auf die Medaillen. Gleiches gilt für die Frauen. Vor allem im Kajak-Bereich führt kein Weg an den deutschen Athletinnen und Athleten vorbei. Auch die Einer-Fahrer hinterließen einen guten Eindruck. "Wir müssen uns nicht verstrecken", versprach Schopf. Teamkollege Rendschmidt schickte direkt eine Kampfansage hinterher: "Morgen geht es weiter. Dann wird noch einmal angegriffen."
Und dann wäre da ja auch noch Brendel, der dreimalige Canadier-Olympiasieger, der bei seinen vielleicht letzten Sommerspielen einen weiteren Angriff auf das Podest wagt. Der 36-Jährige, der in Tokio im Einer im Halbfinale gescheitert war, geht nach seinem souveränen Vorlaufsieg auf seiner Paradestrecke über 1000 m am Freitag mit viel Selbstvertrauen an den Start.