DFB-Frauen im Spiel um Bronze Horst Hrubeschs olympischer Abschied in die Trainer-Rente
Gegen Spanien wollen sich Deutschlands Fußball-Frauen am Freitag Olympia-Bronze sichern. Ihrem Trainer würden sie den Weg in die Trainer-Rente versüßen. Nach knapp 40 Jahren macht Horst Hrubesch Schluss – zum zweiten Mal.
Aufhören, wenn es am schönsten ist. Was man dem allgemeinen Vernehmen nach tun sollte, gelingt nur wenigen. Horst Hrubesch hat es schon einmal versucht – nur bedingt mit Erfolg. 2016 war das, als er an der brasilianischen Copacabana erst mit den deutschen Fußballern Olympia-Silber gewann, dann seine Trainer-Karriere für beendet erklärte. Anderthalb Jahre später wurde er aber wieder gebraucht und kam zurück.
Nun also der zweite Versuch. Am Freitag (15 Uhr, live auf sportschau.de) geht es für Hrubesch und seine DFB-Frauen im olympischen Spiel um Platz drei gegen Spanien erneut um eine Medaille. Erneut soll es das letzte Spiel als Trainer für Hrubesch sein – diesmal wirklich. "Das war von Anfang an so abgesprochen, dass ich bis Olympia mache", betonte der 73-Jährige jüngst.
Ein Menschenfänger als Chefausbilder
Das Spiel um Bronze am Freitag markiert also das Ende einer Trainerkarriere, die bereits in den 80er-Jahren ihren Anfang fand. Eine Trainerkarriere, in der Horst Hrubesch lange Zeit eine Art Chefausbilder der DFB-Jugendmannschaften war. Ein Job, den Hrubesch auf und mit einer besonderen Art ausübte. Eine Art, die maßgeblich mitverantwortlich dafür ist, dass er und seine Mannschaft überhaupt die Chance auf eine olympische Medaille haben.
Das Wort "Menschenfänger" ist eines, das oft fällt, wenn über Hrubesch gesprochen wird. Er ist keiner, der die Dinge verkompliziert, der mit seiner Meinung hinter dem Berg hält oder sich selbst in Platituden verliert. Zuletzt zu hören nach dem bitteren 0:1 im Halbfinale gegen die USA: "Heute nehmen wir die Köppe runter, morgen stehen wir wieder auf", sagte er da. Und überhaupt: "Vorher hätte uns keiner zugetraut, dass wir überhaupt hier stehen."
So wie ihm wohl kaum jemand die Trainerkarriere zugetraut hätte, die er in den vergangenen vier Jahrzehnten hingelegt hat. Er begann sie 1986 beim FC Pelkum, führte Rot-Weiß-Essen kurz darauf in die 2. Liga, trainierte in der Bundesliga Dynamo Dresden.
Ausbildung und Teambuilding
Seine größten Spuren aber hinterließ er beim DFB, als Spieler-naher Ausbilder, der mit oft eigenen und manchmal unbequemen Methoden unzählige spätere Nationalspieler formte. Qualitäten, die er auch über diesen Sommer hinaus weiter als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums des HSV einbringen will.
Mit einem anderen Auftrag trat Hrubesch im vergangenen November die zeitweilige Nachfolge von Martina Voss-Tecklenburg als Bundestrainer der Frauen an. Nach dem desaströsen Vorrunden-Aus bei der WM in Australien ging es nicht darum, Spielerinnen zu formen, sondern eine Mannschaft mit neuer Moral. Dass ihm dies gelungen ist, lässt sich ein gutes halbes Jahr später bei den Olympischen Spielen gut beobachten.
Es fängt an bei Torhüterin Ann-Katrin Berger, die Hrubesch überraschend zur Nummer eins machte und ihr so die Chance gab, im Viertelfinale gegen Kanada zur Heldin zu werden. Hinzukommt ein großer Zusammenhalt in auch schwierigen Phasen, der Deutschlands Weg ins Halbfinale ebnete – zusammen mit einer wiedergefundenen, wohl auch durch Hrubesch herausgekitzelten sportlichen Qualität.
Der Wille ist allgegenwertig
Nachdem besagtes Halbfinale verloren gegangen war, sprachen sowohl Hrubesch als auch seine Spielerinnen dennoch von "Stolz" angesichts der Art und Weise, wie sie es bestritten hatten. Und vor dem Spiel um Bronze gegen Spanien? Da ist der Wille allgegenwärtig.
"Wir wollen auf keinen Fall mit leeren Händen nach Hause fahren", sagte Giulia Gwinn und Stürmerin Klara Bühl konkretisierte: "Wir wollen unbedingt eine Medaille." Und auch Horst Hrubesch wünscht sich eine weitere Medaille, allerdings (natürlich) nicht aus Eigennutz. "Ich habe ja schon eine", sagte der Wahl-Hamburger mit gewohntem Understatement, "für mich wäre es nur wichtig, dass die Mädels eine kriegen, die noch keine haben."
Nichts Besonderes und dennoch besonders
Ganz generell spielt Hrubesch seinen Anteil an der Bedeutung des letzten Spiels vor der Amtsübergabe an Nachfolger Christian Wück herunter. Ob dies etwas Besonderes sei, wurde er zuletzt gefragt. Seine Gegenfrage: "Das ist jetzt mein letztes Spiel, aber was ist daran historisch?" Es gebe schließlich genug Leute, "die gehen am letzten Tag arbeiten und gehen dann in Rente. Das ist nichts anderes."
Und dennoch dürfte selbst Horst Hrubesch tief in seinem Herzen wissen: Mit einer Bronzemedaille um den Hals in Trainer-Rente zu gehen, eben dann, wenn es am schönsten ist, das wäre definitiv etwas Besonderes.