Formel 1 vor GP von Belgien Spa könnte das Verstappen-Tief verschlimmern
Fragwürdige Strategien der Boxencrew, ein übermotivierter Crash auf der Strecke, wüste Beschimpfungen im Boxenfunk und dann noch ein Doppelsieg von Hauptkonkurrent McLaren: Max Verstappen erlebt eine ungewohnt schwierige Phase in seiner Formel-1-Karriere. Die Rennstrecke in Spa Francorchamps in den Ardennen liegt den Red-Bull-Rennern üblicherweise.
2023 lief es für den niederländisch-belgischen Rennfahrer noch perfekt: 33 Punkte gab es für Verstappen und Red Bull, nachdem sowohl der Sieg im Sprintrennen (8 Punkte) als auch im Grand Prix eingefahren werden konnte. Aber nun wartet der dreimalige Champion seit drei Rennen auf einen Sieg. Und auch in Belgien startet Verstappen unter erschwerten Bedingungen. Zwar gewann er das Qualifying am Samstag (27.07.2024), wurde wegen eines unerlaubten Motorenwechsels um zehn Plätze strafversetzt und startet nun nur von Rang elf. Ganz vorne startet Ferrari-Pilot Charles Leclerc.
Der "Rüpel" ist wieder da
Behielt der 26-Jährige im Verlauf der bislang aus vielerlei Gründen schwierigen Saison für Red Bull noch die Contenance, so war es spätestens jüngst in Budapest vorbei mit der Zurückhaltung. Im Boxenfunk machte Verstappen seine bislang so oft perfekt arbeitende Strategiecrew mit unflätigen, überharten Worten "rund", und fuhr dann zum Überfluss, vielleicht wirr vor Zorn, auch noch Kollege Lewis Hamilton ins Auto.
Zwar wertete die Rennleitung den Vorgang als "Rennunfall", aber die Experten sind sich einig: Max Verstappen hatte seine Fassung verloren. Erinnerungen wurden wach an den Rennfahrer in den Frühtagen seiner Karriere, als er sich auf der Piste mit grenzwertigen Manövern einen Ruf als "Rambo" aufbaute. Mit zunehmendem Alter schien sich sein Mütchen etwas gekühlt zu haben - dieser Irrtum hat sich spätestens seit Ungarn '24 wieder aufgeklärt.
Das Team stellt sich vor den "König"
Zwar wehrte sich Verstappens Renningenieur und Ansprechpartner im Boxenfunk, Gianpiero Lambiase, als der Pilot seinem tiefen Frust freien Lauf ließ: Man solle aufhören mit derlei Kindergarten-Verhalten. Aber statt den preisgekrönten Fahrer für sein Verhalten zu kritisieren, stellten sich die Chefs vor den Tobenden: Man habe Fehler gemacht, gab Helmut Marko zu, "wir haben schlicht unterschätzt, wie schwer man in Ungarn überholen kann".
Dass Ungarn eine Rennstrecke mit nur wenigen Stellen für Angriffe auf die Konkurrenz bietet, ist hinlänglich bekannt. Offensichtlich wurde 2024 aber auch: Die Autobauer des Brauseherstellers haben nicht mehr das unangefochten schnellste Auto in der Garage.
Steckte das Team die internen Scharmützel zu Beginn der Saison anscheinend folgenlos weg, könnte sich jetzt zeigen: Während die Konkurrenz hochkonzentriert an der Entwicklung ihrer Boliden arbeitete, ging bei Verstappens Team zu viel Energie für Internes verlustig. Als Beispiel könnte gelten, dass die Updates, die Red Bull an Verstappens Rennwagen schraubte, nicht funktionierten. Das Ergebnis von Budapest zeigte eindeutig: McLaren ist schneller, und auch Mercedes hat mindestens aufgeholt und ist auf Augenhöhe.
Verstappen - sein Wille ist seine Stärke
Verstappens Förderer und Mentor Helmut Marko scheint mit seinem internen Kontrahenten Christian Horner nach Monaten des Machtgerangels eine Art Burgfrienden geschlossen zu haben. Von der Zukunft des überaus fitten und präsenten, aber mittlerweile 81 Jahre alten Marko wurde Verstappens Zukunft bei Red Bull abhängig gemacht. Wäre Marko ausgeschieden, wäre Verstappens Weggang zu Mercedes unumgänglich gewesen.
Nun aber bleibt Marko wohl mindestens noch zwei Jahre. Und Verstappen somit wahrscheinlich auch. Aber was, wenn die Formkurve der "Bullen" auch in den Ardennen Belgiens nach unten zeigt? Der Vorsprung Verstappens in der WM-Wertung beträgt nur noch 76 Punkte. Das klingt viel. Solch ein Polster ist aber angesichts der noch ausstehenden elf Grands Prix plus drei Sprintrennen (insgesamt 274 Zähler für die ersten Plätze) unter Umständen so schnell zusammengeschmolzen, wie die Rennreifen während ihres Hochgeschwindigkeitseinsatzes abbauen.
Marko: "Kleinste Fehler, und wir sind Zweiter"
Und wenn "Magic Max" es mit seinem überbordenden Ehrgeiz übertreibt, könnte die Vorherrschaft seines Rennstalls schnell Geschichte sein. Wie Marko nach dem Ungarn-Rennen sagte: "Wenn wir uns jetzt auch nur kleinste Fehler erlauben, sind wir Zweiter." Freunde von niederländischen Zornausbrüchen stellen angesichts solcher Perspektiven schon einmal Popcorn und ein kühles Getränk bereit und lehnen sich genüsslich zurück.