"Operation Aderlass" Erfurter Mediziner wird Approbation entzogen
Mehr als fünf Jahre nach der ARD-Berichterstattung, die zur Aufdeckung eines Blutdoping-Rings geführt hat, verliert der Drahtzieher nun seine ärztliche Zulassung.
In die "Operation Aderlass" ist noch einmal Bewegung gekommen: Mehr als fünf Jahre nach der Aufdeckung des Erfurter Blutdopingrings hat der Drahtzieher, der Mediziner Mark S., seine Approbation verloren. Den "Entzug durch Widerruf" bestätigte das zuständige Thüringer Landesverwaltungsamt der ARD-Dopingredaktion am Dienstag.
Der Entzug der ärztlichen Zulassung gilt in Deutschland als behördliche "Ultima Ratio" und wird nur extrem selten und in besonders schweren Fällen vollzogen. Die in den Doping-Skandal um das Radsport-Team Telekom verwickelten Freiburger Ärzte durften beispielsweise ihre Approbation behalten.
Mark S. war im Anschluss an die ARD-Berichterstattung und die Ausstrahlung der Dokumentation "Geheimsache Doping: Gier nach Gold" nach einer Razzia in seiner Erfurter Praxis im Februar 2019 festgenommen worden. Das Landgericht München II verurteilte Mark S. im Januar 2021 unter anderem wegen der Anwendung von Dopingmethoden in 24 Fällen und gefährlicher Körperverletzung zu vier Jahren und zehn Monaten Haft, 158.000 Euro Geldstrafe und einem dreijährigen Berufsverbot. Es ist die bis heute mit Abstand härteste Strafe, die nach dem seit Ende 2015 gültigen Anti-Doping-Gesetz verhängt wurde.
Approbationsentzug "Ultima Ratio"
Das Thüringer Landesverwaltungsamt nannte zunächst keine Details zum Entzug der Arbeitserlaubnis von Mark S.. Da das Berufsverbot erst mit der vorzeitigen Haftentlassung des Arztes im Mai 2022 in Kraft trat und noch Gültigkeit besaß, hatte sich die Erfurter Behörde mit ihrer Entscheidung zum Approbationsstatus viel Zeit gelassen. Dennoch ist der nun vollzogene Schritt – das Amt teilte mit, dass ein entsprechender Widerrufsbescheid am Dienstag dem Bevollmächtigten von Mark S. zugesandt worden ist – bemerkenswert.
In einer Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages zum "Entzug der Approbation von Ärzt(inn)en und Apotheker(inne)n wegen Mitwirkung bei Doping" heißt es: "Die einmal rechtmäßig erteilte Approbation wird durch den Widerruf mit Wirkung für die Zukunft entzogen, wenn Gründe eingetreten sind, die der Fortdauer der Approbation entgegenstehen. Da ein solcher Widerruf existenziell in Grundrechte - vor allem in die Berufsfreiheit – der betroffenen Person eingreift, gelten hierfür strenge Maßstäbe. Für die Approbationsbehörde ist der Approbationsentzug daher ‚Ultima Ratio‘."
Keine Fallzahlen
Statistisch erfasste Fallzahlen zum Approbationswiderruf von Ärzten oder Apothekern im Zusammenhang mit Dopingvergehen existieren nicht. In der Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes werden wenige Einzelfälle genannt, etwa im Zusammenhang mit Straftaten im Bodybuilder-Milieu.
Auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten André Hahn (Die Linke) nach Approbations-Entzügen seit Einführung des Anti-Doping-Gesetzes antwortete die Bundesregierung, dass ihr "hierzu keine Erkenntnisse" vorlägen.
Mark S. war der Drahtzieher des Erfurter Blutdoping-Ringes, die Aufarbeitung beschäftigte die Justiz nach 2019 in mehreren Ländern jahrelang. Die zuständige Münchner Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Dopingkriminalität identifizierte mehr als 20 Athleten als Kunden von Mark S.. Dessen Helfer Dirk Q. wurde mit einer Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten belegt, während die Krankenschwester Diana S. eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten erhielt. Der Notfallsanitäter Sven M. und der Vater von Mark S. wurden zur Zahlung von Geldstrafen verurteilt.