ARD-Doku "Schmutzige Spiele" Dopingarzt Fuentes - Spaniens größter Unverwundbarer
In seiner Heimat Spanien stand Dopingarzt Fuentes immer wieder im Zentrum von Ermittlungen. Doch blieb der Helfer prominenter Kunden wie durch ein Wunder stets straffrei.
In Deutschland wird Eufemiano Fuentes ewig als der Sportmediziner in Erinnerung bleiben, der die Karriere des bekanntesten deutschen Radprofis zu beenden half. Unfreiwillig natürlich. Fuentes assistierte dem früheren Tour-de-France-Sieger Jan Ullrich dabei, ihn mit Eigenblutdoping auf Weltklasseformat zu tunen. Als Fuentes als Hintermann eines ganzen Blutdopingringes 2006 aufflog und Ullrichs Name von der Kundenliste durchsickerte, wurde der Deutsche von der Tour ausgeschlossen, vom Team entlassen und beendete in der Folge seine Laufbahn.
Für Fuentes gingen alle Ermittlungen so glimpflich aus, dass viele Experten weltweit sich fragten, warum der Doping-Drahtzieher in seinem Heimatland derartige Milde erfahren durfte. Es gab gleich mehrere große Ermittlungsoperationen gegen ihn, zeitweilig sogar eine erstinstanzliche Strafe, doch stets kam Fuentes am Ende aller juristischen Verfahren ungeschoren davon als wäre er Spaniens größter Unverwundbarer.
"Typische Verhaltensweisen aus dem organisierten Verbrechen"
Dabei hatten die Ermittler immer wieder erdrückende Beweise sammeln können. Wie so oft im Leben, im Beruf wie im Privaten, kam das Unheil durch einen Rosenkrieg. Als das spanische Radsportteam Kelme Profi Jesús Manzano Anfang 2004 entließ, beichtete Manzano in einem großen Zeitungsinterview systematisches Doping im Team, der Mannschaftsarzt damals: Eufemiano Fuentes.
Auslöser einer großen Polizei-Untersuchung der spanischen Guardia Civil bildete im Jahr darauf ein Dopingfall: Bei der Vuelta a España im September 2005 wurde Roberto Heras vom Team Liberty Seguros kurz vor dem Gesamtsieg positiv auf das Dopingmittel Erythropoetin (EPO) getestet. Sein Mannschaftsarzt: Eufemiano Fuentes.
In der Operación Puerto hörte die Polizei anschließend die Beteiligten ab, auch in ihren Wohnungen, filmte sie und schlug schließlich am 23. Mai 2006 mit einer großen Razzia zu: Fünf Spanier aus der Radsportszene, darunter Fuentes, wurden verhaftet. Die Guardia Civil vermeldete, sie habe "typische Verhaltensweisen von Personen, die dem organisierten Verbrechen angehören", festgestellt.
Ehefrau mit Stimulans erwischt
Und je länger die Ermittlungen gingen, umso mehr trat zu Tage, warum einflussreiche Kreise in Spanien womöglich kein Interesse daran hatten, dass das Treiben des Dopingarztes Fuentes vollumfänglich vor spanischen Strafgerichten zur Sprache kam. Der Mann, der als Gynäkologe begonnen hatte, bevor er sich dem Spitzensport zuwandte, hatte schon 1984 Spaniens Olympiamannschaft bei den Spielen in Los Angeles betreut.
Als seine Frau, Cristina Pérez, eine spanische Rekordhalterin über 400 Meter Hürden, 1988 wegen Dopings mit einem Stimulans (Chlorphentermine) aus dem Verkehr gezogen wurde, ging der Fachmann für illegale Sportwunder aus der ersten Reihe in den Hintergrund. So berichtet er es selbst in der neuen ARD-Doku "Geheimsache Doping: Schmutzige Spiele".
Die Operacion Puerto brachte dann zutage, dass er die besten Sportler seines Landes, darunter Fußballer und Tennisspieler Spaniens, als Kunden führte. Womöglich war niemand bereit, alle Helden auf einmal zu opfern, also entdeckte die spanische Justiz immer wieder juristische Winkelzüge, nach denen Fuentes' Praxis nicht strafbar gewesen sei.
Wenn man mit Fuentes spricht, merkt man schnell, dass er ein stolzer Mann ist. Ein Mann, der sich immer noch für einen geschätzten Namen im Bereich der Sportmedizin hält. Ein Arzt, der einfach missverstanden wird. "Als Profi interessiert mich nur der Schutz der Gesundheit meiner Patienten", hat Fuentes immer gesagt.
"Ein Mensch, der dir Vertrauen gibt"
In Fuentes' verquerer Welt war Doping notwendig, um die Gesundheit seiner Athleten zu bewahren und sicherzustellen, so dass sie nicht Opfer von Übertraining und körperlicher Belastung würden. Ohne Doping, glaubt Fuentes, hätte er seine Aufgabe als edler Sportarzt nicht erfüllen können.
Fuentes bestreitet natürlich, dass er für schief gelaufene Bluttransfusionen verantwortlich war. Der Urin von Lance Armstrongs ehemaligem Teamkollegen Tyler Hamilton färbte sich kurz nach einer berüchtigten Bluttransfusion von Fuentes schwarz. Der ehemalige Kelme-Radfahrer Manzano brach einmal bei einer Zugfahrt zusammen und verlor fast sein Leben. Fuentes bestreitet, dass seine Methoden der Gesundheit seiner Sportler derart geschadet haben könnten.
Aber selbst diejenigen, die den Gefahren, die in Fuentes' Herrschaftsbereich lauerten, zum Opfer gefallen sind, schätzen sein Können. Er sei ein Arzt, der teils verrückt, teils genial sei. "Ein Mensch, der dich von allem überzeugt, der dir Vertrauen gibt - seine Art zu sprechen schafft viel Vertrauen in dich, alles ist super kalkuliert", sagte Manzano über Fuentes in einem Interview mit der ARD-Dopingredaktion. Für den geständigen ehemaligen Doper Manzano ist Fuentes, wie er noch immer sagt, der beste Arzt Spaniens.
Ab 19.07. in der ARD Mediathek
Die Dokumentation "Geheimsache Doping: Schmutzige Spiele" ist Teil des ARD-Dreiteilers Olympia 2024 - Die Hintergründe. Die Dokureihe liefert einen tieferen Blick auf das Riesen-Sportevent: Wie nachhaltig sind die Spiele? Wie sauber sind die Spiele? Und wie politisch neutral ist das IOC? Bewegende Einblicke, unerwartete Bilder und spannende Recherchen gibt es ab 19.7. in der ARD Mediathek zu sehen und jeweils einen Teil am 22.07., 23.07. und 24.07. immer im Anschluss an die Tagesthemen im Ersten.
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