Juri Knorr gibt leichte Entwarnung Starke Nerven, starke Reaktion - und sehr viel Selbstkritik
Es gab Schlüsselmomente und wichtige Erkenntnisse für das nächste WM-Spiel gegen die Schweiz: Deutschlands Handballer haben die Nerven behalten, zeigten sich nach dem erst am Ende klaren 35:28-Sieg gegen Polen aber auch sehr selbstkritisch. Leichte Entwarnung gab Juri Knorr gegenüber der Sportschau.
"Wenn unser Rückraumspieler Nummer 1 ausfallen würde, wäre das natürlich sehr schmerzhaft", sagte Bundestrainer Alfred Gislason kurz nach dem Spiel mit sorgenvoller Miene. Knorr war nach 39 Minuten weggerutscht und mit Schmerzen im linken Knie vom Feld gehumpelt. Er wurde behandelt und kam bis zum Ende nicht mehr zurück.
Als seine Kollegen nach den vielen Interviews noch unter der Dusche standen, kauerte Knorr mit dem Handy am Ohr auf einer Steintreppe in den Katakomben der Jyske Bank Boxen. Auf die Frage nach seinem Befinden gab er gegenüber der Sportschau mit Blick auf das Schweiz-Spiel am Freitag (17.01.2025, 20.30 Uhr im Live-Ticker bei sportschau.de) leichte Entwarnung: "Das müsste klappen, es fühlt sich soweit ganz okay an."
Fünf Tore von Knorr und ein Superzuspiel
Knorr war zuvor einer der wenigen, die sich (bis auf einen eklatanten Fehlpass bei zwei Mann Überzahl) auch schon in der ersten Halbzeit weitgehend stabil präsentiert hatten. Fünf Tore erzielte er bis zu seiner Verletzung und mit einem Traumzuspiel in der 35. Minute auf Renārs Uščins leitete er zum ersten Mal eine Drei-Tore-Führung ein. 20:17 stand es nach dieser spektakulären Aktion, nach der Gislason für seine Verhältnisse euphorisch an der Seitenlinie die Faust ballte.
Es gab weitere Schlüsselmomente in dieser Partie, die die Schwächen aus den beiden vergangenen Testspielen gegen Brasilien zunächst nahtlos in die Weltmeisterschaft transportierte: Vorne wurden völlig freie Würfe gegen den starken polnischen Keeper Adam Morawski verballert, hinten bekam die Abwehr zunächst überhaupt keinen Zugriff auf Ariel Pietrasik und den Riesen am Kreis, Kamil Syprzak.
Erst glänzt Witzke, dann Späth
Doch ein Doppelschlag des eingewechselten Luca Witzke hielt zunächst den Schaden in Grenzen (11:11 in der 23. Minute). Dann gab es eine Wahnsinnsparade von David Späth, den Andreas Wolff nach 25 Minuten für sich eingewechselt hatte. Späth heizte danach sofort wild die deutschen Fans an, vorne nutzte Johannes Golla den Ballgewinn zum Wurf ins leere Tor: 23:21.
Kurz danach schlug aber wieder Wolffs Stunde, oder eher Minute, und die tat den Polen so richtig weh: Erst parierte der Kieler Weltklasse-Goalie als "Einwechselspieler" nur für die Siebenmeter das Geschoss von Pawel Paterek. Gleich im nächsten Angriff zeigte das nordmazedonische Schiedsrichter-Duo erneut auf den Strich - und schon wieder gewann Wolff das Duell, diesmal gegen Syprzak. Statt auf 23:24 zu verkürzen, lag Polen weiter mit 21:24 zurück (44.).
Zerbe erobert den Ball, Uščins trifft - das war's
Das war die Vorentscheidung, und als Lukas Zerbe in der 51. Minute mit einer brillanten Defensivaktion den Ball eroberte und mal wieder Uščins (am Ende zehn Tore) auf 29:25 stellte, war das Thema durch.
Weder Uščins noch Wolff, weder Witzke noch Golla, der zum "Man of the Match" gekürt wurde, wollten sich aber anschließend für einen scheinbar standesgemäßen Sieg feiern lassen. Wolff stellte klar: "Die ersten 45 Minuten waren nicht akzeptabel. Das dürfen wir so gegen die Schweiz auf gar keinen Fall wiederholen, weder offensiv noch defensiv."
Lehren für das Schweiz-Spiel ziehen
Uščins war zwar stolz, dass die Mannschaft "trotz aller Nervosität immer dran geblieben" sei, aber auch er gab zu: "Es war ein echt schwieriger Start ins Turnier, wir werden gegen die Schweiz unsere Lehren daraus ziehen."
Golla erklärte das Problem so: "Das erste Spiel in so einem Turnier ist immer speziell, du hast Druck, du bist noch nicht im Flow, du weißt nicht, wo du stehst. Aber wir haben die Probleme in der Abwehr und bei der Chancenverwertung sehr klar angesprochen und sehr gut reagiert."
"Immer dranbleiben, immer weitermachen"
Witzke, der von der Bank aus fünf Treffer beisteuerte, erklärte: "Du musst im Handball immer dranbleiben, immer weitermachen, auch wenn gar nichts läuft. Damit machst du den Gegner irgendwann auch müde, zwingst ihn zu Fehlern, genau das haben wir beherzigt und dann auch ausgenutzt."
Gislason blieb in der Pause ganz ruhig
Was speziell den Ausschlag für die deutlich bessere zweite Hälfte gegeben habe, erklärte der Bundestrainer auf Nachfrage der Sportschau so: "Ich bin in der Pause ganz ruhig geblieben, aber wir haben ein paar Anpassungen vorgenommen. Wir wollten anfangs oft zu schnell zu viel, sind in Stress geraten und haben dadurch Fehler gemacht. In der Abwehr haben wir manchmal zu lange gehadert, wenn etwas danebenging, und haben dadurch die entscheidenden Läufe nicht gemacht."
Dann richtet Gislason den Blick auf Freitag: "Diese Fehler dürfen wir uns so gegen die Schweiz nicht erlauben. Aber wir haben wieder gezeigt, dass wir reagieren können, wenn etwas in die falsche Richtung läuft."