Portugals Sechser überzeugt Palhinha - der vielleicht beste Zweikämpfer Europas
Der portugiesische Mittelfeldspieler João Palhinha wechselt wohl zum FC Bayern München. Im EM-Viertelfinale gegen Frankreich kommt ihm eine Schlüsselrolle zu.
Portugals Nationalmannschaft zählt trotz des nur knappen Achtelfinaleinzugs zu den Mitfavoriten auf den EM-Titel. Im ersten K.o.-Spiel des Turniers zeigte sich, was Trainer Roberto Martínez besonders wichtig ist: defensive Stabilität. Deshalb spielte ein Mann erstmals über die komplette Spielzeit, den Martínez bislang nur dosiert eingesetzt hatte - Palhinha.
Portugals Trainer rät dem FC Bayern zum Kauf
Der Sechser des FC Fulham ist deutschen Fußballfans längst ein Begriff, im vergangenen Sommer wollte ihn der FC Bayern verpflichten, schaffte es aber nicht. Nach dieser Europameisterschaft dürfte es klappen. Palhinha sagte bereits vor einigen Tagen: "Beide Klubs wissen, wo ich nächsten Monat sein will."
Sein Nationaltrainer legte nach dem Viertelfinaleinzug nochmal ein gutes Wort für seinen Schützling ein. "Er ist nicht einfach nur gut genug für Bayern, ich denke, er würde Bayern besser machen, weil er ein Spieler ist, der andere besser macht", lautete Martínez‘ klare Kaufempfehlung an den deutschen Rekordmeister.
Martínez: "Er war unverzichtbar für uns"
Gegen Slowenien sicherte Palhinha in Portugals talentiertem Ensemble die Angriffsreihe ab und sollte die Abwehr um den 41-jährigen Oldie Pepe vor schnellen gegnerischen Kontern schützen. Immer wieder war zu beobachten, wie gut Palhinha Situationen erkennt, in denen es sich lohnt, mit schnellen Schritten in aussichtsreiche Zweikämpfe zu kommen.
30 Zweikämpfe führte Palhinha im Achtelfinale, das waren die drittmeisten aller Portugiesen. Dabei hatte er auch noch die beste Zweikampfquote seines Teams mit 73 Prozent. "Er war unverzichtbar für uns in dieser Art von Spiel, in dem Slowenien mit schnellen Spielern immer wieder Konter gesetzt hat. Was zweite Bälle angeht, ist Joao außergewöhnlich", sagte sein Trainer nach dem Spiel.
Einer der defensivstärksten Sechser Europas
Palhinhas Abwehrarbeit ist mit einem Wort zusammenzufassen: Weltklasse. Auch in der abgelaufenen Premier-League-Saison war das zu sehen. Laut den Statistiken des Portals "FBRef" gehörte Palhinha in dieser Spielzeit zu den aktivsten und erfolgreichsten Zweikämpfern unter allen Mittelfeldspielern in den europäischen Top-Fünf-Ligen.
In den Kategorien "geführte Zweikämpfe" und "getackelte Dribbler" hatte der Portugiese gar die Topwerte auf seiner Position. Die Zahl seiner gewonnenen Zweikämpfe ist nah dran am Besten. Palhinha ist in diesen Kategorien besser als 99 Prozent der Spieler auf seiner Position. Vor allem im Abwehrdrittel und im mittleren Spielfelddrittel sind seine Werte absolut überragend.
Im portugiesischen Aufbauspiel nicht die erste Option
Das Spiel gegen Slowenien hat aber auch einmal mehr gezeigt, welche Schwäche der 28-jährige Palhinha hat. Seine Passwerte sind nur solide im Vergleich mit anderen Mittelfeldspielern. Nationaltrainer Martínez weiß das, im portugiesischen Aufbauspiel wird Palhinha deutlich sichtbar aus dieser Verantwortung genommen. Er ist nicht die erste Option, auch nicht die zweite oder die dritte.
Für den Spielaufbau sind bei den Portugiesen in erster Linie seine Mittelfeldkollegen Bruno Fernandes und Vitinha zuständig, dazu die Außenverteidiger João Cancelo und Nuno Mendes.
"Ich habe Spaß daran, Bälle zu erobern"
Palhinha selbst hatte vor dem Achtelfinale auf einer Pressekonferenz über die Rollenverteilung im Nationalteam gesprochen. "Alle Spieler haben ihre Rolle. Wenn wir uns unseren Kader anschauen, dann haben wir viele verschiedene Spielertypen", sagte er.
Seine Spielweise beschrieb er so: "Ich habe Spaß daran, Bälle zu erobern und Defensivarbeit zu verrichten. Das ist eine wichtige Aufgabe, denke ich." Er sei davon überzeugt, dass ihn die Fans genau für diese Leidenschaft schätzten.
Trainer Martínez jedenfalls tut es. Und noch dazu für seinen Charakter. Über den Menschen habe er noch gar nicht geredet, sagte Martínez zum Ende seiner Lobpreisung am späten Montagabend, dabei sei der sogar "noch besser" als der Fußballer.
Möglicher Schlüsselspieler gegen Frankreich
Die Bedeutung Palhinhas für das portugiesische Spiel wächst seit Turnierbeginn. Im ersten Gruppenspiel kam er noch gar nicht zum Einsatz, im Achtelfinale spielte er erstmals durch. Im Viertelfinale dürfte ihm erneut eine Schlüsselrolle zukommen.
Das Spiel gegen Frankreich könnte im Mittelfeld entschieden werden, in Palhinhas Revier. Der vergangene Gegner der Franzosen, Belgien, scheiterte im Achtelfinale unter anderem daran, dass er das Mittelfeld über weite Strecken der Partie verlor. Frankreich erzeugte dort immer wieder Überzahl und kontrollierte so die Partie.
Palhinha trifft auf Spiegelbild Kanté
Mit seiner Spielweise kann Palhinha zum Störfaktor für das geduldige Passspiel der Franzosen werden. Er trifft aber auch auf einen der wenigen Spieler, die ihm in seinen Paradedisziplinen ebenbürtig sind: N’Golo Kanté.
Der französische Dauerläufer zeichnet sich ebenfalls durch außergewöhnlich viele abgefangene Bälle und durch gute Zweikampfwerte aus. Es dürfte zum Duell der vielleicht besten Balleroberer bei diesem Turnier kommen.