Später Sieg gegen Tschechien Conceição erlöst Portugal in der Nachspielzeit
Mitfavorit Portugal tat sich bei seinem ersten Spiel der Europameisterschaft in Deutschland gegen Tschechien trotz viel Ballbesitz und einer dominanten ersten Hälfte lange Zeit schwer. Am Dienstagabend siegten die Portugiesen gegen äußerst defensive Tschechen dennoch durch ein spätes Joker-Tor.
Lukáš Provod brachte Tschechien in der 62. Minute überraschend mit 1:0 in Führung, die Portugiesen glichen durch ein kurioses Eigentor aus (69. Minute). In der Nachspielzeit erlöste der eingewechselte Francisco Conceição die Portugiesen (90.+2).
Portugal hat den Ball, aber nur wenig klare Chancen
Die Portugiesen drängten Tschechien früh mit langen Ballbesitzphasen tief in die Abwehr. Flache Pässe, viele Positionswechsel - das portugiesische Spiel war im Aufbau durchaus gefällig. Vor allem João Cancelo und Bernardo Silva tauchten fast überall auf dem Feld auf. Das Team von Roberto Martínez hatte in der ersten Hälfte rund 70 Prozent Ballbesitz.
Gefährlich für die tschechische Abwehr wurde es zunächst vor allem dann, wenn Flügelstürmer Rafael Leão links außen an den Ball kam. Er bereitete die beste Chance der Anfangsphase mit einer Flanke auf Cristiano Ronaldo vor. Portugals Starstürmer fehlte allerdings das richtige Timing, sein Kopfball trudelte deutlich am Tor vorbei (8.). Weil die Tschechen sich anschließend sehr tief im und um den eigenen Strafraum positionierten, gelang es den Portugiesen nur selten, in gefährlichen Situationen zum Abschluss zu kommen.
Ronaldo scheitert an Staněks Reflex
Die größte Chance der ersten Hälfte vergab Ronaldo: Der Altstar setzte sich mit einem cleveren Laufweg hinter der tschechischen Abwehrkette ab, bemerkt von Bruno Fernandes, der ihn mit einem perfekten Pass fand. Tschechiens Torhüter Jindřich Staněk parierte den versuchten Lupfer von Ronaldo allerdings mit einem starken Reflex (32.). Beim Abspiel stand Ronaldo zudem wohl knapp im Abseits.
Die portugiesische Druckphase endete nach einer Chance von Vitinha (33.), erst kurz vor der Pause kam noch einmal Ronaldo zum Abschluss, dieser war aber zu zentral (45.). So konnte sich Tschechien mit einem 0:0 in die Pause retten.
Tschechien schockt Portugal nach einer guten Stunde
Die Tschechen begannen die zweite Hälfte etwas mutiger, versuchten zunächst sogar, die Portugiesen mit kurzen Pressingmomenten zu überraschen. Die ersten Gelegenheiten hatte aber der Favorit: Ronaldo zog einen Freistoß aus guter Position um die Mauer, Torwart Staněk hielt den Ball im strömenden Regen von Leipzig aber mit kurzem Nachfassen sicher.
Nach gut einer Stunde wies die Statistik 13:1 Torschüsse und 11:0 Ecken für Portugal aus, kurz darauf war das jedoch egal: Der Außenseiter traf mit seinem zweiten Schuss zur 1:0-Führung. Pepe klärte eine Flanke zu kurz, direkt in die Füße eines tschechischen Angreifers. Der Ball kam in den Rückraum zu Provod und der Mittelfeldspieler von Slavia Prag, eigentlich Linksfuß, schlenzte den Ball direkt mit rechts in die lange Ecke (62.).
Flipper-Eigentor zum Ausgleich
Die tschechische Führung hatte allerdings nicht lange Bestand: Eine lange Flanke erreichte den aufgerückten Innenverteidiger Nuno Mendes, der den Ball eigentlich in die Mitte legen wollte, dort lenkte der tschechische Torwart Staněk den Ball unglücklich gegen den Fuß von Robin Hranáč - ein unglückliches Eigentor sorgte für den insgesamt dennoch verdienten Ausgleich (69.).
Portugal hat erst Pech, dann Glück
Anschließend entwickelte sich ein deutlich wilderes Spiel: Die Portugiesen griffen zunehmend ungeordnet an, Tschechien bekam Räume für Konter, bei denen Tomáš Souček (82.) die beste Gelegenheit vergab. Kurz vor Schluss jubelten die Portugiesen dann über den vermeintlichen Siegtreffer: Ronaldo köpfte nach einer Flanke von rechts an den langen Pfosten, Diogo Jota verwertete den Abpraller. Ronaldo hatte bei der Flanke allerdings im Abseits gestanden, der Treffer zählte zu Recht nicht (87.).
Der tatsächliche Siegtreffer der Portugiesen in der Nachspielzeit war dann eine Co-Produktion zweier Joker: Der kurz zuvor eingewechselte Pedro Neto setzte sich auf dem linken Flügel durch, in der Mitte konnten die tschechischen Verteidiger nicht klären, Conceição kam drei Meter vor dem Tor frei zum Schuss und traf (90. +2).
Die Portugiesen jubelten, ihr Treffer hatte allerdings nicht nur für Sportschau-Experten Bastian Schweinsteiger einen faden Beigeschmack: Nur dank eines Schiedsrichterfehlers waren die Favoriten zuvor in Ballbesitz gekommen. Der Tscheche David Douděra wurde im Angriff vom portugiesischen Verteidiger Nélson Semedo an der Außenlinie mit einem Bodycheck unfair gebremst, Schiedsrichter Marco Guida entschied nicht auf Foul, sondern auf Abstoß Portugal. Am Ende des folgenden Angriffs traf Conceição zum Sieg.
Pepe nun ältester Spieler der EM-Geschichte
Einen Rekord stellte beim erfolgreichen Auftakt Portugals Innenverteidiger Pepe auf: Mit 41 Jahren und 113 Tagen wurde der Profi des FC Porto zum ältesten Spieler der EM-Geschichte. Zuvor war das der ehemalige ungarische Torwart Gábor Király (mit 40 Jahren und 86 Tagen). Der erleichterte Pepe sagte nach dem Spiel: "Das waren viele Tränen, viele Schmerzen, viel Schweiß - eine furchtbar anstrengende Nacht. Wir haben lange kämpfen müssen. Ich habe viel dafür getan, um hier mitspielen zu können, als ältester Spieler der EM."
Die Portugiesen treffen am Samstag im zweiten Gruppenspiel in Dortmund auf die Türkei (22.06.2024, 18 Uhr, live im Audiostream). Tschechien ist zuvor gegen Georgien in Hamburg gefordert (15 Uhr, live im Audiostream).