DFB-Kader Gut durchgelüftet
Julian Nagelsmann nutzt das Frühjahr vor der Heim-EM zum Durchlüften. Der Bundestrainer macht das konsequent und nachvollziehbar.
Nagelsmann hat zur Amtsübernahme punktuelle Veränderungen vorgenommen und gemerkt, dass sich an Auftreten und Erfolg der Mannschaft nicht genug geändert hat. Das führt jetzt verständlicherweise zu radikaleren Kaderumbauten.
"Rolle und Momentum" als Leitlinien
Zwei Begriffe sind die neuen Leitlinien: Rolle und Momentum. Beide können im Vorfeld des großen Ziels im Sommer gute Wegweiser sein.
Es soll jetzt noch mehr darum gehen, Spieler zu finden, die eine Führungsrolle übernehmen, zum Herausforderer für gesetzte Größen werden oder aber darauf warten, als Joker am Ende eines Spiels unbelastet Einfluss zu nehmen. Dafür werden unterschiedliche Typen benötigt und die finden sich nun auch im Aufgebot wieder.
Zwischen den Zeilen war herauszuhören, dass ein Spieler wie Mats Hummels zwar geschätzt wird, aber vielleicht als Ersatz von Antonio Rüdiger und Jonathan Tah nicht so gut ins Gesamtgefüge passt.
Es ist absolut richtig, nicht unbedingt die besten und verdientesten Kicker mit ins Turnier-Quartier nach Herzogenaurach zu nehmen, sondern ein gut aufeinander abgestimmtes System zu schaffen.
Stuttgarter Achse und nur ein Dortmunder
Natürlich wird jetzt über Einzelfälle geredet. Mit Niclas Füllkrug ist nur ein Dortmunder dabei – dafür vier Stuttgarter. An dieser Stelle greift das oft zitierte Momentum: Der VfB ist gerade als Team super in Form. Vereint Teamgeist mit individueller Klasse – surft auf einer Erfolgswelle. Gut, dass das aktuelle Leistungsvermögen stärker zum Entscheidungskriterium wird.
Schließlich geht es bei der Europameisterschaft darum, die aktuell besten Spieler auf den Rasen zu schicken, und nicht die mit dem größtmöglichen Potenzial oder besonderen Verdiensten.
Schlauerweise lässt sich Julian Nagelsmann noch einige Hintertüren auf. Leon Goretzka und Julian Brandt haben zum Beispiel noch durchaus die Möglichkeit, mit einem fulminanten Saison-Endspurt in eins der neuen EM-Trikots zu schlüpfen.
Niemand kann Nagelsmann etwas vorwerfen
Überzeugen aber die neuen Hoffnungsträger bei den anstehenden Härtetests gegen Frankreich und die Niederlande, wird der Weg zurück für die beiden natürlich kompliziert. Sollten sich gleich mehrere der Neuen als untauglich erweisen, fallen in der Kürze der Restzeit zur EM Einspielmöglichkeiten weg.
Allerdings gab es kaum etablierte Kräfte, die es in den vergangenen Jahren geschafft haben, sich unverzichtbar zu machen und als Einheit aufzutreten. Möglichkeiten gab es genug. Insofern kann jetzt auch niemand Julian Nagelsmann etwas vorwerfen.
Die Startelf dürfte sich kaum verändern
Wahrscheinlich hat sich durch die Renovierung des Kaders am Ende an der möglichen Startelf im Auftaktspiel aber auch gar nicht so viel verändert.Deshalb ist die aufkommende Aufregung über viele Veränderungen unangebracht. Die Innenverteidigung scheint fix, Kimmichs neue Rolle hinten rechts auch, Kroos wird als Stammkraft zurückkehren – offensiv sind Musiala und Wirtz die großen Versprechen.
Nagelsmanns Weg ist richtig – seine Kommunikation klar. Ein bisschen peinlich war der Weg an die Öffentlichkeit. Einmal mehr sickerte über Tage eine Personalie nach der anderen durch.
Aber durch Worte ist ohnehin noch niemand auf dem Platz erfolgreich gewesen – es wäre gut, wenn jetzt auch mal Taten folgen.