6:0 gegen Marokko Deutschland jubelt - Popp übermannen die Emotionen
Großer Jubel, aber auch Tränen: Alexandra Popp hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zum 6:0-Auftaktsieg gegen Marokko geführt. Ihre beiden Tore widmete die deutsche Kapitänin ihrem vor einiger Zeit gestorbenen Vater.
Ihre beiden Tore hatte Alexandra Popp eigentlich standesgemäß gefeiert. Ihre von E.T. übernommene "Nach-Haus-telefonieren-Geste" war spätestens im vergangenen Jahr in England zu ihrem Markenzeichen geworden. Beim deutschen WM-Auftakt am Montagabend in Melbourne war allerdings alles anders. Die Geste sei "nicht nur für die Menschen, die vor dem Fernseher sitzen, sondern auch für die Menschen, die nicht mehr unter uns sind und trotzdem wichtige Menschen für mich waren. Dass ich einfach an sie denke."
Zuvor hatte sie erklärt, den "Jubel-Anruf" habe ihr Vater entgegengenommen. Der ist vor einiger Zeit verstorben. Die 32-Jährige war bei der Pressekonferenz sichtlich bewegt. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg legte ihrer Kapitänin den Arm um die Schulter.
Popp trifft, wie nur Popp treffen kann
In unnachahmlicher Art hatte die Wolfsburgerin ihr Team zuvor auf die Siegerstraße gebracht. Als hätte sie den Fehler von Keeperin Khadija Errmichi vorhergesehen, köpfte sie den Ball zum 1:0 ins leere marokkanische Tor. Ihren zweiten Treffer beschrieb sie so: "Ich bin einfach in den Ball reingesprungen. In der Hoffnung, dass ich ihn irgendwie treffe und er in die richtige Richtung fliegt. Was Gott sei Dank passiert ist." Ob sie den Ball beim Hechtsprung vom Tor weg mit dem Kopf, der Schulter oder gar mit dem Rücken erwischt hat? "Ich habe den Ball tatsächlich mit dem Hinterkopf getroffen", erklärte Popp lachend.
Es folgten Treffer von Klara Bühl, zwei Eigentore und der Schlusspunkt der eingewechselten Lea Schüller. Standardsituationen, aber auch starke Teampressing-Momente, in denen die weiß gewandeten Deutschen ihre Gegenspielerinnen - wie die Möwen im Hafen von Melbourne ihre Beute - umkreisten und dann zustießen, führten zum auch in dieser Höhe verdienten Sieg. Popp betonte allerdings zugleich: "Uns ist klar, dass nicht alles optimal lief. Das wäre aber vielleicht auch zu viel des Guten gewesen beim ersten Spiel."
Zu viele leichte Fehler, aber ein sicherer Rückhalt
Gerade in der ersten Hälfte hatten sich sowohl die Innenverteidigerinnen als auch Melanie Leupolz im defensiven Mittelfeld einige schwere Fehlpässe erlaubt. Ein stärkerer Gegner hätte daraus sicher Kapital schlagen können. Aber es war einerseits dem steten Willen der Spielerinnen, ihrer Nebenfrau zu helfen, zu verdanken, dass am Ende hinten die Null stand. Andererseits strahlte auch Torhüterin Merle Frohms eine große Ruhe aus und löste die wenigen gestellten Aufgaben sehr souverän.
Angesichts von zehn Grad und Nieselregen im australischen Winter sowie nur sehr vereinzelter Angriffe der Nordafrikanerinnen war das gar nicht so einfach. Frohms kennt diese Probleme jedoch aus dem Liga-Alltag mit dem meist sehr überlegenen VfL Wolfsburg: "In der vergangenen Saison hatte ich genug Training", berichtete die Keeperin schmunzelnd. Sie hat sich zum Beispiel zum Ritual gemacht, bei Eckstößen für ihr Team vor ihrem Strafraum Sprintübungen zu absolvieren, "um im Spiel zu bleiben".
Große Freude, mahnende Worte und ein großes Lob
Offensivspielerin Jule Brand freute sich derweil: "Es hat einfach nur Spaß gemacht, Fußball zu spielen mit den Mädels." Laura Freigang sagte: "Wir strahlen ein großes Selbstbewusstsein aus. Ein 6:0 ist immer ein Statement." Und Kathrin Hendrich erklärte: "Wir freuen uns auf jeden Fall über diesen Auftakt. Als Abwehrspielerin möchte ich natürlich zu null spielen. Dass wir es aber heute auch vorne geschafft haben, unsere Chancen zu nutzen, ist perfekt."
Alexandra Popp ist ein Leader. Sie ist eine Spielführerin, wie man sie sich nicht besser wünschen kann.
Bei allen Spielerinnen mischte sich auch Kritik an der eigenen Leistung in die Worte. Und Bundestrainerin MVT, die nach eigener Aussage "sehr große Zufriedenheit" empfand, fasste zusammen: "Das war ein toller Auftakt. Aber wir drehen jetzt nicht durch. Heute freuen wir uns erst mal, was wir gemeinschaftlich auf dem Platz geschafft haben."
Voss-Tecklenburg hatte aber auch noch viel Lob für Popp parat: "Sie weiß, dass sie die Tore nur machen kann, wenn die Flanken oder Pässe kommen. Wir wissen, wie sie für die Mannschaft arbeitet. Alexandra Popp ist ein Leader. Sie ist eine Spielführerin, wie man sie sich nicht besser wünschen kann. Aber sie ist gleichzeitig ein Teamplayer." Und so sind für "Poppi" auch ihre Mannschaft und das Trainerteam da, wenn sie einmal von ihren Emotionen übermannt wird.