Manchester Citys Bernardo Silver (l.) feiert sein Doppelpack gegen Real Madrid im Halbfinale der Champions League mit Teamkollege Erling Haaland (r.).

Halbfinale der Champions League Guardiolas Traum lebt - City lässt Real keine Chance

Stand: 18.05.2023 07:54 Uhr

Manchester City steht im Champions-League-Finale, in dem die Engländer in Istanbul auf Inter Mailand treffen werden. Real Madrid war im Halbfinal-Rückspiel bei Citys 4:0 (2:0)-Sieg hoffnungslos unterlegen.

Natürlich hatten vor der Partie alle auf Pep Guardiola geschaut. Würde der leidenschaftliche Fußball-Vordenker wieder irgendein taktisches Wundermittel aus der Tasche zaubern? Eines solcher Art, das in den vergangenen Jahren auch schon schief gegangen war?

Guardiola konservativ, Ancelotti überraschend

Der Spanier, der mit City endlich den ersten Titel in der Königsklasse gewinnen will, hatte gegenüber den Pressevertretern aber "kein Nachdenken" angekündigt und war seiner Aussage auch treu geblieben: Er ließ die exakt gleiche Elf auflaufen, mit der er schon in Madrid ein Auswärts-1:1 geholt hatte.

Für die Überraschung des Tages vor dem Match sorgte eher sein Gegenüber: Carlo Ancelotti ließ Antonio Rüdiger auf der Bank, Eder Militao bekam den Vorzug. Insofern überraschend, als der Deutsche im Hinspiel als Manndecker gegen Erling Haaland absolut überzeugt hatte. Der Norweger war praktisch ausgeschaltet.

City dominiert vom Anstoß an

Das war diesmal anders. Schon nach sechs Minuten hatte Haaland aus halblinker Position seine erste Chance, scheiterte an Real-Keeper Thibaut Courtois. Knapp zehn Minuten später war es wieder der Belgier, der Haalands scheinbar sicheres 1:0 verhinderte. Mit der Hüfte parierte er einen Kopfball des City-Torjägers, der nach Jack Grealishs Flanke aus fünf Metern zum Abschluss gekommen war.

Und Real? Der spanische Meister zog sich enorm weit zurück, viel zu weit. Es war ein Spiel mit dem Feuer, denn City dominierte nicht nur. City spielte den Gegner quasi an die Wand. Und kreierte Chancen beinahe im Fünf-Minuten-Takt. In der 21. Minute musste Courtois eine Monster-Parade hinlegen, als er den nächsten Haaland-Kopfball aus kürzester Distanz irgendwie mit einem sensationellen Reflex aus dem rechten Eck kratzte.

Bernardo Silva bricht den Bann

Dass es da immer noch 0:0 stand, hatte Real nur Citys schlampiger Chancenverwertung, Courtois und einer Menge Glück zu verdanken. Welches wenig später aufgebraucht war. Kevin de Bruyne spielte in der 23. Minute einen kurzen, aber tödlichen Pass in die Tiefe zu Bernardo Silva. Der Portugiese stand 13 Meter vor dem Tor blitzeblank und drosch die Kugel humorlos ins kurze Eck - 1:0.

Manchester Citys Kevin De Bruyne (l.) und Real Madrids Toni Kroos (r.) im Champions-League-Halbfinale in Aktion.

Manchester Citys Kevin De Bruyne (l.) und Real Madrids Toni Kroos (r.) im Champions-League-Halbfinale in Aktion.

Citys Dominanz hatte Ertrag und Real-Kapitän Karim Benzema zog die Seinen vor dem Wieder-Anstoß im Mittelkreis zusammen. Beschwörungen waren es, so schien es. Was auch immer der Mittelstürmer seinen Kollegen für die weitere Spielzeit mit auf den Weg gab - es fruchtete nicht. Haaland hatte in der 27. Minute die nächste Hundertprozentige, drosch die Kugel freistehend aber aus 15 Metern einen Meter über den linken Winkel.

Real wird an die Wand gespielt

Real schien von der Rolle - hat aber nun einmal individuelle Qualität. Zum Beispiel in Person von Toni Kroos. Der Deutsche wagte sich in der 35. Minute erstmals in Richtung gegnerisches Tor und zog aus rund 25 Metern fulminant ab - die Kugel klatschte laut hörbar an die Querlatte des City-Gehäuses.

Im Gegenzug stellte City die Dinge irgendwie frühzeitig klar. Wieder hatte Grealish auf der linken Außenbahn allen Platz der Welt, fand Ilkay Gündogan, dessen Schuss abgeblockt wurde. Die Kugel landete aber auf dem Kopf von Bernardo Silva, der überlegt aus zwölf Metern ins rechte Eck köpfte. 2:0 (36.). Ein Halbzeitstand, der für Real beinahe blamabel daherkam - weil er noch viel höher hätte ausfallen können.

Real mutiger, Alaba mit Klasse-Freistoß

Nach dem Wechsel zeigte sich Madrid zumindest ein klein wenig mutiger, rückte mit der gesamten Mannschaft weiter vor, störte den Gegner früher. Und hätte in der 50. Minute beinahe verkürzt - David Alabas Freistoß aus 22 Metern flatterte in Richtung linker Winkel, City-Keeper Ederson ließ sich aber nicht überraschen.

Viel mehr ging aber nicht bei Real - das Guardiola-Team übernahm wieder die Kontrolle. Und passte auf, dass nicht wieder so etwas passierte wie im vergangenen Jahr. Auch damals sah City im Halbfinale gegen Real lange wie der sichere Sieger aus, bis die Spanier das Geschehen im Rückspiel in den letzten Spielminuten doch noch drehten.

Akanji und Alvarez erhöhen

Das passierte diesmal nicht. Das überlegene City, für das Haaland eine Viertelstunde vor Schluss auch mit seiner dritten Großchance an Courtois scheiterte, schaukelte die Partie souverän über die Linie. Und erhöhte das Resultat in der Schlussphase: Manuel Akanji traf unter Mithilfe von Eder Militao zum 3:0 (76.), in der Nachspielzeit markierte der für Haaland eingewechselte Julian Alvarez zum 4:0.

Kroos: Champions-League-Halbfinale keine Enttäuschung

Nach dem Aus blickte Toni Kroos mit gemischten Gefühlen auf die Saison von Real Madrid zurück. "Wir spielen bei Real Madrid und hatten das Glück, diesen Wettbewerb oft zu gewinnen. Trotzdem bin ich weit davon entfernt, ein Halbfinale als Enttäuschung zu beschreiben", sagte der Regisseur der Königlichen bei DAZN.

Kapitän Ilkay Gündogan bedankte sich nach dem Finaleinzug bei den Anhängern von Manchester City. "Was für ein wunderbarer Abend. So stolz auf dieses Team. Unglaublicher Support von den Fans - vielen Dank", schrieb der Nationalspieler bei Twitter. Matchwinner Bernardo Silva nahm direkt den Titelgewinn ins Visier. "Es wird schwer werden, aber wir werden alles versuchen", sagte der Portugiese bei BT Sports.

Offensivspieler Jack Grealish war "begeistert" von der Leistung seiner Mannschaft. "Ich denke nicht, dass das viele Mannschaften mit Real Madrid gemacht hätten", sagte der englische Nationalspieler. Besonders erstaunte ihn die Heimstärke der Skyblues, die nun seit 25 Partien in der Königsklasse im Etihad Stadium ungeschlagen sind. "Wenn wir hier spielen, ich weiß nicht, was das ist, unsere Fans oder unser eigenes Spiel, dann fühlen wir uns einfach unaufhaltsam", sagte Grealish.

City darf sich auf das Champions-League-Finale am 10. Juni in Istanbul gegen Inter Mailand freuen.