Finale der Champions League Manchester City - der Zweifel spielt mit
Manchester City hat seit Abu Dhabis Einstieg 2008 eines der besten Fußballteams der Geschichte zusammengestellt. Die Frage bleibt weiter, ob das mit rechten Dingen zuging.
Manchester City könnte am Samstag beim Finale in Istanbul gegen Inter Mailand erstmals die Champions League gewinnen. Mit atemberaubend schönem Fußball besiegte City auf dem Weg in dieses Endspiel Bayern München im Viertelfinale und zerpflückte Real Madrid im Halbfinale regelrecht.
Vergleichbar fantastische Leistungen in anderen Sportarten sorgen oft für Misstrauen in Sachen Doping. Erklimmt ein Fahrer bei der Tour de France mit Leichtigkeit die Berge, heißt es oft: "Der Zweifel fährt mit." Sprintet ein Läufer deutlich unter zehn Sekunden die 100 Meter, bleibt die Einschränkung: "Der Zweifel läuft mit."
Die aktuelle Dominanz von Manchester City im europäischen und englischen Fußball ist möglicherweise auch auf Regelverstöße zurückzuführen, und zwar bei den Finanzen - der Zweifel spielt mit.
Premier League klagt City wegen 115 möglicher Verstöße an
Der Klub hat eines der besten Fußballteams der Geschichte zusammengestellt, das am Rande zur Perfektion spielt. Am Samstag werden beim Finale der Champions League Milliarden an Fernsehgeräten weltweit einem Team zusehen, von dem man nicht weiß, ob es auch durch Regelverstöße in dieser Form möglich gemacht wurde.
Die Premier League hat 115 Verstöße gegen ihre Finanzregeln durch Manchester City festgestellt und eine entsprechende Anklage erhoben. Es geht um mögliche Vergehen aus der Zeit zwischen 2009 und 2018, also der ersten neun vollständigen Saisons des Klubs in Besitz von Abu Dhabis Scheich Mansour mit seiner Investmentfirma.
Manchester Citys Klubbesitzer Scheich Mansour
Zusammengefasst soll der Klub in der genannten Zeit ungenaue oder falsche Informationen zu seinen Finanzen bereitgestellt haben, falsche Angaben zu Sponsoringeinnahmen gemacht haben und unvollständige Informationen zu Spielergehältern geliefert haben, was der Klub ausdrücklich bestreitet.
Es ist ein ernster Vorwurf, denn die Regeln berufen sich auf genau solche Zahlen: Die Ausgaben der Klubs für Spieler und Trainer sind nur zu rechtfertigen, wenn rechtmäßige Einnahmen vorliegen. Sonst spielt man gegen die Regeln und ergaunert sich einen finanziellen Vorteil zur Konkurrenz.
Schon auf europäischer Ebene angeklagt
Für Manchester City ist die Situation nicht neu. Das 2010 von der UEFA eingeführte Regelwerk "Financial Fairplay" sollte sicherstellen, dass Klubs nicht mehr einnehmen als sie ausgeben und eine zu große Abhängigkeit von Investoren verhindern.
2014 wurde Manchester City wegen Verstößen gegen diese Regeln von der UEFA angeklagt. Es kam zu einem Vergleich mit der Zahlung von 60 Millionen Euro durch den Klub. Ein Hintergrund: City soll von Sponsoren aus Abu Dhabi regelwidrig mehr Geld für Sponsoring erhalten haben, als diese Geschäfte tatsächlich wert waren. Ein Trick, denn Einnahmen aus dem Sponsoring sind in den Regeln solche Einnahmen, die Ausgaben für den Spielerkader rechtfertigen. Erst eine Recherche des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" zeigte das Ausmaß dieser Praxis, die City bestreitet.
City entging 2020 einer Sperre teils nur wegen Verjährungsfristen
2020 folgte der größte Knall, als die UEFA wegen ähnlicher Vorwürfe Manchester City für zwei Jahre aus der Champions League ausschloss. Der aus Abu Dhabi gelenkte Klub bestritt weiter alle Vorwürfe, zog vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS - und der veränderte das Urteil entscheidend. Statt der Sperre musste Manchester nur noch eine Geldstrafe von 10 Millionen Euro hinnehmen. Ein Freispruch war das keineswegs. Der CAS berief sich in seiner Entscheidung auch darauf, das zahlreiche Vorwürfe verjährt gewesen seien - die möglichen Verstöße wurden also inhaltlich gar nicht berücksichtigt.
Viele Fans von Manchester City feiern das bis heute als Sieg und pfeifen regelmäßig im Stadion die Hymne der Champions League als Protest gegen die UEFA nieder.
Dank Abu Dhabi vom Verliererklub zum Titelsammler
Manchester City hat sich seit dem Einstieg der Besitzer aus Abu Dhabi 2008 radikal verändert. Aus einem vor allem regional beliebten Verliererklub, der jahrzehntelang nichts gewann, wurde mit dem Einstieg Scheich Mansours eine weltweit relevante und milliardenschwere Marke als Titelsammler. In der Zeit von 2009 bis 2018, in der die Premier League Verstöße erkannt haben will, holte City drei Meisterschaften.
Seit 2018 kamen in fünf Jahren vier weitere Meisterschaften hinzu. Die Chance, am Samstag mit dem Gewinn der Champions League die Zeit Citys als Eigentum Abu Dhabis krönen, basiert auch auf dieser Zeit.
Manchester City mit der Premier-League-Trophäe 2022/23
Eine von der Premier League eingesetzte Kommission muss nun über Manchester City entscheiden. Im Raum stehen neben einem Freispruch alle möglichen Sanktionen von einer Geldstrafe über Punktabzüge bis hin zu der Aberkennung von Titeln oder einem Zwangsabstieg.
Dabei gibt es im Vergleich zur UEFA zwei entscheidende Unterschiede: Weder verjähren in der Premier League solche Verstöße, noch hat City die Möglichkeit, eine Entscheidung der Liga vor dem CAS anzufechten. Derzeit versucht der Klub aber, die Legalität des gesamten Vorgangs anzugreifen. Wann ein Urteil oder ein Freispruch fällt, ist damit nicht bekannt - bis dahin spielt der Zweifel mit.