Entscheidung der UEFA Europapokal auch 2023/24 mit Stehplätzen - EURO 2024 wohl nicht
Die UEFA wird auch in der Saison 2023/24 Stehplätze im Europapokal zulassen - allerdings weiterhin nur testweise. Bei der EM in Deutschland werden die Fans dagegen sitzen müssen.
Das Exekutivkomitee der UEFA entschied am Mittwoch (28.06.2023), dass der Test aus der laufenden Saison in seiner bisherigen Form um ein Jahr verlängert werden soll. Das bedeutet: In Klubs aus den Top-5-Ligen sollen den Fans in der Champions League, der Europa League und der Conference League Stehplätze anbieten dürfen, wenn sie das wollen und die jeweilige Gesetzgebung es zulässt. Laut UEFA sind demnach Deutschland, England und Frankreich dabei.
Damit bleibt jedoch offen, ob und wann auch weitere Klubs aus anderen Ländern der 55 UEFA-Mitgliedsverbände in Europa Stehplätze anbieten dürfen und wann die Regelung möglicherweise dauerhaft gilt.
EM 2024 wohl ohne Stehplätze
Für die EM 2024 in Deutschland greift die Regelung nicht. Nach bisherigem Stand wird es bei dem Turnier in Deutschland keine Stehplätze geben. Denn bis zur aktuellen Entscheidung des Exekutivkomitees war unklar, wie die UEFA mit Stehplätzen weiter umgehen wird. "Da erst im Sommer des Jahres 2023 und damit nur ein Jahr vor der UEFA EURO 2024 die Ergebnisse vorliegen und daraus folgende Maßnahmen vorgeschlagen werden, ist der Zeitraum zu knapp, um diese in das Ticketkonzept für das Turnier zu integrieren", teilte der DFB 2022 auf Anfrage der Sportschau mit.
Die endgültige Entscheidung dazu liegt bei der UEFA. Nach Informationen der Sportschau gibt es dort vor allem organisatorische Bedenken, beispielsweise bei der Aufteilung der möglichen Kontingente auf die Teams.
Frankfurt in Playoffs laut Regelung mit Sitzplätzen
Die Regelung für die Saison 2023/24 "gilt unter denselben Bedingungen" wie 2022/23, teilte die UEFA mit. Damit sind Stehplätze erst ab den Gruppenphasen der drei Wettbewerbe möglich. Eintracht Frankfurt dürfte in den Playoffs der Conference League demzufolge nur Sitzplätze anbieten.
Der Stehplatzbereich im Frankfurter Stadion wird derzeit ausgebaut. Zudem wird der Unterrang der Nordwestkurve nach einem Urteil der UEFA-Disziplinarkammer gesperrt sein. Die Kammer begründete die Sperre mit dem Abbrennen von Feuerwerk in der Kurve im Heimspiel der der Eintracht in der Champions League gegen Neapel.
Alle anderen deutschen Europapokalteilnehmer stehen bereits in den Gruppenphasen der Champions League oder Europa League. Für die drei Endspiele sind keine Stehplätze vorgesehen.
Wettb. | Klub | Kapazität | davon Stehplätze |
---|---|---|---|
CL | Bayern München | 75.024 | 15.794 |
CL | Borussia Dortmund | 81.365 | 28.673 |
CL | RB Leipzig | 47.069 | 14.161 |
CL | Union Berlin* | 22.012 | 18.395 |
EL | SC Freiburg | 34.700 | 12.400 |
EL | Bayer Leverkusen | 30.210 | 4.500 |
ECL | Eintracht Frankfurt** | 58.000 | 20.000 |
*Umzug ins Berliner Olympiastadion für die europäischen Spiele im Gespräch
**derzeit im Umbau
Stehplätze waren bei UEFA-Spielen von 1998 bis 2022 verboten
Seit 1998 waren Stehplätze in den UEFA-Klubwettbewerben verboten. Die meisten Bundesligisten bauten in der Vergangenheit ihre Stehplatztribünen für die Spiele in Europa bislang kurzfristig mit Sitzplatzmodulen um. Zur Saison 2022/23 war das nicht mehr nötig. Alle Klubs aus Deutschland sowie einige aus England und Frankreich in der Champions League, Europa League und Conference League hatten sich beteiligt.
In England wurde in der Saison 2021/22 das sogenannte "Safe Standing" eingeführt. Auch mehrere Spitzenklubs wie Manchester City, Manchester United, der FC Liverpool, der FC Chelsea oder Tottenham Hotspur sowie in Bezug auf Länderspiele das Wembley-Stadion beteiligen sich an dem Modell. In Italien und Spanien gibt es derzeit in den obersten Ligen mit wenigen Ausnahmen wie Athletic Bilbao kaum Stehplätze. In Frankreich sind seit 2018 wieder Stehplätze erlaubt, dort waren sie seit den 90ern gesetzlich verboten.
Fans von Manchester United auf neu geschaffenen Stehplätzen im Stadion Old Trafford
Fanbündnis forderte "vollständige Neubewertung" der Stehplatzfrage
Das Fan-Bündnis Football Supporters Europe (FSE) sprach bei der Entscheidung 2022 von einem "historischen Sieg für die europäische Fanbewegung". Jahrelang hatten Fans die Abschaffung des Stehplatzverbots gefordert.
"Fanorganisationen aus dem ganzen Kontinent haben sich lange dafür eingesetzt, dass die UEFA ihr veraltetes Stehverbot in Fußballstadien aufhebt", teilte FSE mit und forderte eine "vollständige Neubewertung" der Stehplatzfrage.
Katastrophen: Stehplätze wurden in der Politik als mitursächlich betrachtet
Im Zuge der Katastrophen von Heysel in Belgien 1985 mit 39 getöteten Menschen und Hillsborough 1989 mit 97 Toten wurden die Stehplätze in der Politik als mitursächlich betrachtet, obwohl später bauliche Zustände der Stadien, die Organisation oder das Versagen von Polizei und Sicherheitskräften als Gründe ermittelt wurden.
In England verschwanden die Stehplätze aus den Stadien nach dem sogenannten "Taylor Report" im britischen Parlament. Dieser Bericht eines Parlamentariers enthielt mit Blick auf Hillsborough als Hauptforderung die vollständige Beseitigung aller Stehplatzbereiche. Die UEFA übernahm 1998 dieses Prinzip. Vor allem unter der Präsidentschaft Michel Platinis von 2007 bis 2015 gab es in der UEFA wenig Gesprächsbereitschaft zu dem Thema. Platini stand 1985 als Spieler von Juventus Turin in Heysel auf dem Platz und verband den Tod der Menschen stets auch mit den Stehplätzen.
In Hillsborough 1989 kamen 97 Menschen ums Leben, Ermittlungen ergaben eine Fehlorganisation.
Aktive Fangruppen verhinderten generelle Einführung von Sitzplätzen in Deutschland
Auch in Deutschland wurde in den 1990ern zwischenzeitlich die generelle Einführung von Sitzplätzen erwogen. Dem Einsatz und dem Protest aktiver Fangruppen zahlreicher Klubs in Deutschland folgte jedoch eine Abkehr von dem Vorhaben. Auch im Zuge des Neubaus und der Renovierung vieler Stadien rund um die WM 2006 blieben die Stehplätze erhalten. Fast alle Stadien im deutschen Profifußball haben aktuell Stehplätze.
Ähnliches Vorgehen der UEFA 2018 bei Alkohol im Stadion
Im Juni 2018 war die UEFA beim Thema Alkohol ähnlich vorgegangen. Damals wurde das generelle Verbot bei UEFA-Wettbewerben aufgehoben und seitdem das zugelassen, was in dem jeweiligen Land gesetzlich und durch lokale Behörden möglich ist - so wie nun vorläufig bei den Stehplätzen.