Topspiel in Hamburg Düsseldorfs Trainer Thioune - beim HSV gefeuert, bei Fortuna gefeiert
Fortuna Düsseldorf geht als Spitzenreiter ins Topspiel am Freitag (29.09.2023, ab 18.30 Uhr im Audiostream und im Live-Ticker bei der Sportschau) beim Hamburger SV. Dass die Rollenverteilung so ist, hat vor allem mit Daniel Thioune zu tun, der beim HSV vom Hof gejagt wurde.
Daniel Thioune ist einer der immer selteneren Akteure im deutschen Profifußball, die in den meisten Fällen sagen, was sie denken. Kein PR-Gerede, kein aalglatter Sprech, um möglichst wenig Reibung zu erzeugen. Und so machte der 49-Jährige auch noch nie einen Hehl daraus, wie sehr ihn sein Ende beim Hamburger SV getroffen hat.
Schon nach 31 Ligaspielen wurde Thioune in der Saison 2020/21 entlassen. "Ich hätte es für meinen Lebensweg nicht gebraucht, freigestellt zu werden. Als es passierte, tat es mir weh", sagte er im vergangenen Jahr, als er erstmals mit Fortuna Düsseldorf nach Hamburg zurückkehrte.
"Ich habe es das erste Mal erlebt und es war mir wichtig, nochmal vor die Mannschaft zu treten, ein paar Menschen in die Augen zu schauen und an meiner Gefühlswelt teilhaben zu lassen. Die Mannschaft hat gemerkt, dass es mir nicht gut ging und ich kräftig schlucken musste."
Fortuna: Aus der Abstiegsangst in die Aufstiegsregion
Mittlerweile sieht die Gefühlswelt bei Thioune aber ganz anders aus. Er ist mit Düsseldorf Tabellenführer, seine Mannschaft performt seit Wochen auf Topniveau, er fühlt sich wohl in der Stadt und im Verein, ist mittlerweile sogar das Aushängeschild der Fortunen. Meist werden neue Produkte des Klubs mit seinem Gesicht beworben - weil Thioune die Massen in und um den Klub gepackt hat.
Am offensichtlichsten ist das auf dem Platz. Als er im Februar 2022 Christian Preußer als Trainer ablöste, war Fortuna als 16. vom Abstieg bedroht. Thioune führte die Mannschaft mit einer Serie von zwölf Spielen ohne Niederlage aus dem Schlamassel, wurde in seiner zweiten Saison Vierter - und steht nun an der Spitze der 2. Liga und vor dem Topduell beim HSV.
Wo Thioune auch nach seinem Weggang noch keine positiven Erfahrungen sammeln durfte: in der vergangenen Saison war Fortuna in Hamburg heillos überfordert und mit der 0:2-Niederlage noch überaus gut bedient.
Thioune macht Fortuna zum Gesamtpaket
Doch seitdem hat sich viel geändert. Mittlerweile haben sich seine Mannschaft und Thioune zu einer erfolgreichen Symbiose entwickelt. Das Ergebnis: Mit fünf Gegentreffern stellt Fortuna zwar die zweitbeste Defensive, spielt aber teils begeisternden Offensivfußball und dominiert ihre Gegner.
Düsseldorf hat die zweitmeisten Torschüsse (17 pro Spiel) abgegeben, schlägt aus dem Spiel die meisten Flanken (17,6 pro Partie), läuft die meisten Kilometer (118,7 pro Spiel) und hat die drittbeste Zweikampfquote (52,6 % gewonnen) - diese Zahlen untermauern den enormen Thioune-Effekt.
"Er ist ein sehr guter Trainer, das beweist er ja jetzt auch wieder. Er hat die Düsseldorfer in die Spur gebracht und ist da sehr akribisch", lobte ihn nun sein Topspiel-Widersacher Tim Walter. "Sie stehen nicht umsonst da oben, haben sich im Vergleich zum letzten Jahr noch einmal weiterentwickelt und eine gute Mischung zwischen Defensive und Offensive."
"Der Druck ist nach den letzten Wochen in Hamburg"
"Am Ende des Tages müssen die Hamburger auch gegen uns spielen. Und ich weiß nicht, ob das im Moment so viel Freude macht", sagte Thioune. Vermutlich ist es nicht so. Denn die Defensive steht trotz des Ausfalls von Kapitän Andre Hoffmann, der an der Schulter operiert werden musste, und die Offensive um die beiden herausragenden Neuzugänge Christos Tzolis (fünf Tore in fünf Ligaspielen) und Spielmacher Isak Bergmann Johannesson überzeugt.
Isak Bergmann Johannesson von Fortuna Düsseldorf im Zweikampf mit Denis Burnic vom Karlsruher SC
"Die letzten Wochen haben uns in eine Verfassung gebracht, dass wir vielleicht auch ernstgenommen werden", sagte Thioune. Wobei fraglich ist, ob das nicht ohnehin schon vorher der Fall war. Schließlich ging es für Düsseldorf unter ihm bisher nur aufwärts - die Tabellenführung könnte also auch eine logische Folge sein. "Der Druck ist nach den letzten Wochen schon in Hamburg. Bei uns macht es im Moment einfach Spaß", analysierte Torhüter Florian Kastenmeier daher auch die Situation.
Der HSV hat zuletzt gegen die Aufsteiger SV Elversberg und VfL Osnabrück verloren, während Düsseldorf einen Lauf hat. Und den wollen Rückkehrer Thioune ("emotional macht es gar nichts mit mir, ich will rational ein Fußballspiel gewinnen") und seine Mannschaft in Hamburg fortsetzen.