Polizist ab 20. August vor Gericht Schuss beim Bundesligaspiel in Augsburg - knapp an einer Tragödie vorbei
Die Frage, warum ein Polizist auf dem Gelände des Augsburger Fußballstadions mit seiner Dienstwaffe einen Schuss abgab, wird bald vor Gericht erörtert. Die Anklageschrift legt nahe, dass der Fall tödlich hätte enden können - und das nach einer scheinbar harmlosen Wasserschlacht.
Der Schuss eines Polizisten, der beim Bundesligaspiel zwischen dem FC Augsburg und Borussia Mönchengladbach im August 2023 abgegeben wurde, verfehlte nur knapp den Kopf eines Kollegen.
Das wirft zumindest die Staatsanwaltschaft dem damals 27 Jahre alten Polizeiobermeister vor, der sich ab dem 20. August vor dem Landgericht Augsburg wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt und weiterer Vorwürfe verantworten muss. Ihm droht eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Versehentlicher Schuss? Daran gibt es Zweifel
Die Anklageschrift liegt der Sportschau vor. In ihr beschreibt die Staatsanwaltschaft Augsburg die wesentlichen Ergebnisse der Ermittlungen. Auf die Frage, warum der vom Dienst vorläufig suspendierte Angeklagte in einen mit vier Kollegen besetzten Polizeiwagen schoss, gibt sie keine mögliche Antwort.
Das Ergebnis von "ersten Ermittlungen" der Polizei am Tag des Geschehens, wonach sich der Schuss "unbeabsichtigt" aus der Dienstwaffe gelöst habe, scheint aus Sicht der Staatsanwaltschaft aber auch nicht haltbar zu sein. Der Angeschuldigte soll vorsätzlich, wenn auch ohne Tötungsabsicht, geschossen haben.
Zeitvertreib mit Wasserpistolen
Es war sehr heiß in Augsburg am 19. August 2023. Die Wetterdaten zeigen einen Höchstwert von knapp 34 Grad Celsius an. Der heimische FCA traf an jenem Tag zum Auftakt der Bundesligasaison auf Borussia Mönchengladbach. Die Partie, angepfiffen um 15.30 Uhr, endete 4:4.
Um 18.41 Uhr schrieb die Fanhilfe Mönchengladbach auf der Plattform "X", dass während des Spiels "aus einem Auto" der bayerischen Polizei auf einen Kleinbus des Mönchengladbacher Fanprojekts geschossen worden sei. "Der Schuss löste sich versehentlich", schrieb die Fanhilfe, aber an dieser Version gibt es nun Zweifel.
Anklage: Nach der Wasserschlacht fällt ein Schuss
Das USK (Unterstützungskommando) ist eine Spezialeinheit der bayerischen Polizei. Beamte einer Nürnberger Hundertschaft waren damals in Augsburg im Einsatz, der Angeklagte wohnt auch in Nürnberg. Er hatte wie seine Kolleginnen und Kollegen den Auftrag, die Fans der Borussia vor und nach dem Spiel zu beobachten und möglicherweise bei aggressivem Verhalten einzuschreiten.
Während des Spiels war das USK in Rufbereitschaft. Laut der Anklage vertrieben sich der Angeklagte und einige Kollegen die Zeit mit einer Wasserschlacht. Die Beamten hätten sich gegenseitig aus Wasserpistolen bespritzt, der Angeklagte habe irgendwann einen mit Wasser gefüllten Einmalhandschuh in einen Polizeiwagen geschmissen.
Er sei daraufhin aus dem Auto mit einer Wasserpistole bespritzt worden, die Situation eskalierte offenbar. Der Angeklagte habe mit seiner Dienstwaffe einen Schuss abgegeben, der wenige Zentimeter am Kopf eines Kollegen vorbeigeflogen sei, ein Fenster durchschlagen habe und in den zu diesem Zeitpunkt leeren Bus des Gladbacher Fanprojekts eingeschlagen sei.
Schusstrauma und Schock
Was hat den Polizisten bewegt, mit scharfer Munition zu schießen und zumindest billigend in Kauf zu nehmen, dass Kollegen Knalltraumata erlitten, wie die Anklageschrift behauptet? Der beinahe am Kopf getroffene Beamte habe zudem ein Schusstrauma erlitten und unter Schock gestanden.
Der Rechtsanwalt des angeklagten Polizisten teilte auf Anfrage der Sportschau mit, dass er sich vor Beginn des Verfahrens nicht gegenüber Medien zu dem Fall äußern wolle.
Die Anklage wurde schon im Januar 2024 erhoben, am Dienstag (20.08.2024) soll die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Augsburg beginnen, für die zunächst vier Tage angesetzt sind.