Regeländerungen zur Bundesliga-Saison Mehr Nachspielzeit, aber nicht so viel wie bei der WM
Zur neuen Saison gelten im Fußball mehrere Regeländerungen. Es wird auch in Deutschland mehr Nachspielzeit geben, aber nicht so viel wie bei der WM. Auf den Videowänden wird die Nachspielzeit weiterhin nicht angezeigt - in England wird diese Maßgabe geändert.
Lange Nachspielzeiten von mehr als zehn Minuten sind bei der WM der Frauen 2023 und waren der WM der Männer 2022 keine Seltenheit. Die FIFA hatte vor der WM in Katar angekündigt, künftig konsequenter nachspielen zu lassen. "Wir werden die Nachspielzeit sehr genau berechnen und versuchen, die Zeit auszugleichen, die verloren geht", sagte Schiedsrichter-Chef Pierluigi Collina. Dieses Vorgehen wird aber nur teilweise in der Bundesliga übernommen werden.
Lange Nachspielzeiten wie bei der WM? In Deutschland nur im Einzelfall
"Im Einzelfall, wenn es angebracht ist, kann es dazu kommen", sagt Lutz Wagner, Schiedsrichterlehrwart des DFB, im Gespräch mit der Sportschau. Auch das Regelwerk schreibt künftig mehr Nachspielzeit vor, dort ist künftig explizit festgeschrieben, dass die beim Torjubel verlorene Zeit nachgespielt werden muss. "Das halte ich auch für sinnvoll", sagt Wagner.
Allerdings soll die Nachspielzeit nicht so häufig wie bei den beiden Weltmeisterschaften ausgedehnt werden, sagt Wagner. "Wir setzen auch ein bisschen auf den Lerneffekt der Spielerinnen und Spieler, dass sie das Spiel nicht mehr so verzögern, damit wir die exorbitant hohen Nachspielzeiten gar nicht brauchen."
Anzeigetafeln in England zeigen künftig Nachspielzeit an
In England kommt es zur Saison 2023/24 im Bereich der 2. bis 4. Liga zu einer Änderung bei einer alten Maßgabe. Bislang mussten dort die Spieluhren auf den Anzeigetafeln bei 45:00 Minuten und bei 90:00 Minuten angehalten werden. Der zuständige Ligaverband English Football League (EFL) erlaubt nun, dass die Uhren weiterlaufen.
Dagegen gilt sowohl in den Europapokal-Wettbewerben der UEFA als auch bei der WM der Frauen: Bei 45:00 Minuten und 90:00 Minuten und gegebenenfalls am Ende der Spielhälften der Verlängerung müssen die Uhren gestoppt werden. Dasselbe Prinzip ist für die Bundesliga und die 2. Bundesliga der Männer in der Spielordnung der DFL festgehalten. Für den DFB-Pokal, die 3. Liga oder die Frauen-Bundesliga ist das Anhalten der Uhren in den Regeln des DFB vorgeschrieben - eine Änderung deutet sich derzeit nirgends an. "Ich persönlich stünde dem offen gegenüber, weiß aber, dass es Vorbehalte gibt", sagt Wagner.
Hintergrund der Regel ist der Schutz der Unparteiischen. Ein Beispiel: Zeigt ein Schiedsrichter zunächst vier Minuten Nachspielzeit an und sieht dann aber einen Anlass, noch länger zu spielen, könnte es zu Reaktionen von Fans und Trainerbänken kommen. In einer Zeit, in der aber praktisch jeder Anwesende im Stadion auf seinem Telefon eine Stoppuhr hat, stellt sich auf Dauer die Frage, wie zeitgemäß die Regel noch ist.
Ist noch Zeit für ein Tor? In Deutschland stoppen die Uhren bei 45:00 und 90:00 Minuten.
Erklärung der Entscheidungen des Video-Assistenten bleibt vorerst ein Test
Bei der WM der Frauen erklären die Schiedsrichterinnen testweise kurz die Entscheidung, nachdem sie zum Monitor gegangen sind. Die Durchsage hat einen festgelegten Aufbau:
- Welche Entscheidung getroffen wurde, beispielsweise Strafstoß oder ein nicht gegebenes Tor.
- Welche Spielerin mit welcher Rückennummer das strafbare Vergehen begangen hat.
- Welche Art des Vergehens bewertet wurde, also beispielsweise Handspiel oder Foul.
- Eine kurze Beschreibung dessen, was passiert ist – beispielsweise ein zu weit abgespreizter Arm bei einem Handspiel.
"Alles, was für Transparenz sorgt, begrüße ich", sagt Wagner mit Blick auf eine mögliche Umsetzung in Deutschland in der Zukunft. Ein Problem bleibe bislang die Art der Ansage. Nach der verkündeten Entscheidung geht der Rest der Erklärung oft im Lärm der Kulisse unter. Das Testverfahren ist bislang auf FIFA-Wettbewerbe beschränkt. Ob es fortgeführt und ausgeweitet wird, muss die FIFA in Zusammenarbeit mit dem Regelgremium IFAB noch klären.
Weitere wichtige Änderungen beim Abseits, Handspiel und Notbremse
Auf den Fußball kommen zur neuen Saison weitere kleine Änderungen und Klarstellungen hinzu.
Abseits: Wenn der Ball vom Gegner kommt, ist eine Abseitsstellung nur dann aufgehoben, wenn der Verteidiger den Ball "unter kontrollierten Bedingungen" spielt. "Da hat man die Schwelle sehr hoch gesetzt", sagt Wagner. Das IFAB hat mehrere Kategorien festgelegt, was kontrolliert bedeutet. "In den meisten Fällen gilt dadurch die Abseitsstellung", sagt Wagner.
Handspiel: Gelbe Karten bei einem Handspiel im Strafraum soll es künftig seltener geben. Verwarnt wird nun bei der Verhinderung eines Torschusses, der auch Torgefahr bedeutet oder bei der Verhinderung eines Zuspiels für eine viel versprechende Angriffssituation. Hinzu kommen Handspiele, die einen unsportlichen Charakter haben - beispielsweise, wenn ein Spieler in Torwartmanier nach dem Ball hechtet. Den Strafstoß gibt es natürlich trotzdem.
Notbremse: Bei einer Notbremse im Strafraum wurde schon vor längerer Zeit die Dreifachbestrafung aus Strafstoß, Platzverweis und folgender Sperre abgeschwächt. Bei einem Zweikampf, der dem Ball gilt, können es die Unparteiischen bei Gelb belassen. "Das ist konkretisiert worden", sagt Wagner. "Erst wenn ein Verteidiger wirklich ohne Chance ist, an den Ball zu kommen, sieht er auch die Rote Karte."
Personen auf dem Spielfeld: Wenn wichtige Tore fallen, kochen die Emotionen hoch. Beim WM-Finale 2022 in Katar befanden sich argentinische Ersatzspieler schon auf dem Platz, als ein Schuss von Lionel Messi noch gar nicht im Tor war. "Nach den Regeln genau genommen hätte man das Tor nicht geben dürfen, was natürlich niemand sehen will. Nun gilt: Wenn zusätzliche Personen von der Mannschaft, die das Tor erzielt, auf dem Feld sind, müssten sie auch ins Spiel eingreifen, damit das Tor nicht zählt."