
Trotz starkem Florian Wirtz Minimalismus des FC Bayern lässt Leverkusen verzweifeln
Eine Mannschaft des FC Bayern, die so defensiv und destruktiv spielt, sucht in der Bundesliga-Historie ihresgleichen. Bayer 04 Leverkusen verpasst es, die große Überlegenheit zu einem Sieg zu nutzen - und das Titelrennen spannend zu halten.
Es war ein Lächeln, das viel von seinem Innenleben verriet. Jamal Musiala wusste wenige Sekunden nach dem Abpfiff, dass dieses 0:0 seines FC Bayern bei Bayer 04 Leverkusen viel mit Geschick, aber noch mehr Glück zustandekam. "Es gibt etwas kleines Positives heute", sagte der Offensivspieler später - und meinte damit einzig das Ergebnis.
Die Spieler aus München ließen sich dann auch von ihren Fans feiern. Denn ihr Ziel hatten sie trotz dieser biederen Vorstellung erreicht. "Wichtig war, dieses Spiel nicht zu verlieren", sagte FCB-Torhüter Manuel Neuer. Mehr musste zu der Herangehensweise der Münchner eigentlich nicht mehr gesagt werden.
Alonso: "Sprechen im April über die Meisterschaft"
Es bleibt nun bei acht Zählern Vorsprung in der Tabelle vor der Werkself - und damit dürfte im Meisterrennen eine Vorentscheidung bereits am 22. Spieltag zugunsten des FCB gefallen sein. "Es gibt noch zwölf Spiele in der Bundesliga. Wir sprechen im April", sagte Bayer-Trainer Xabi Alonso - und wirkte wenig hoffnungsvoll. "Und es gibt ja auch noch andere Wettbewerbe", ergänzte er.
Ganze zwei Torannäherungen hatte der FCB zustande gebracht, was einen X-Goal-Wert - welcher die Torgefahr eines Teams währende eines Spiels misst - von 0,14 (Leverkusen: 2,2) entspricht. So ungefährlich und auch überfordert war das eigentlich torreichste Team der Liga (65 Tore) noch nie. Und auch die Dominanz der Leverkusener dürfte geradezu erschreckend auf die Münchner während der 90 Minuten gewirkt haben.
Kompany: "Wir mussten verteidigen"
"Wir haben wettbewerbsübergreifend über 100 Tore geschossen und spielen sonst immer dominant. Heute hat Leverkusen dominant gespielt. Wir nehmen den Punkt mit", sagte der Bayern-Trainer und wollte damit eine kritische Diskussion über seine Mannschaft verhindern und dem Thema in der Entstehung die Luft nehmen. "Wir mussten verteidigen. Das haben meine Spieler hervorragend gemacht", sagte er und erfreute sich an diesem Minimalismus.
Dass die Leverkusener mit diesem Ergebnis aber schwer haderten, war nicht nur dem mit Abstand besten Spieler des Abends, Florian Wirtz, nach dem Schlusspfiff anzusehen. Der 21-Jährige schlug unmittelbar nach dem Abpfiff immer wieder die Hände vor sein Gesicht - und die Wörter, die dabei leise aus seinem Mund sprudelten, waren sicher nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.
Nur das Toreschießen funktionierte nicht
Dabei hatten er und seine Kollegen alles versucht. Eigentlich hatte ja auch alles im Leverkusener Spiel funktioniert. Das hohe Pressing, die vielen Ballgewinne, die Taktik, mit kleinen, schnellen Spielern die hünenhafte Bayern-Abwehr immer wieder zu übertöpeln, zahlte sich in einer Vielzahl von Torchancen aus.
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Nur das Toreschießen funktionierte trotz einer Torschussbilanz von 16:2 und zwei Aluminium-Treffern nicht. Wie zuletzt schon in Wolfsburg. Es war das zweite torlose Spiel in Folge.
Wirtz gewinnt Duell mit Musiala deutlich
Wirtz hatte auch das mit so großer Spannung erwartete Duell mit Musiala klar für sich entschieden. Der Offensivmann war genau der Antreiber, den sie in Leverkusen so verehren.
Vier Torschüsse, etliche Torschussvorlagen, 22 gewonnene Zweikämpfe, 12,14 Kilometer Laufleistung - in jeder Statistik lag der Leverkusener deutlich vor seinem Münchner Pendant, das mit seinem Team ausschließlich im Verteidigungsmodus verharrte und keinerlei Akzente setzen konnte. Aber auch Wirtz vermochte es nicht, trotz einer riesigen Schusschance kurz vor Schluss, die Partie zu entscheiden - und die Meisterschaft offenzuhalten.
Fantastisches Bayer-Spiel ohne Tore
Während die Münchner sich nicht mehr länger mit dieser Partie befassen müssen und sich nun vollständig auf das Rückspiel in der Champions League am Dienstag gegen Celtic Glasgow konzentrieren können, dürfte der Werkself diese Partie noch länger nachhängen.
Das häufige Glück aus der Vorsaison, in der die Werkself so manche Partie in den letzten Minuten noch für sich entschieden hat, ist kaum noch vorhanden. Ein Makel, der die Titelverteidigung kaum noch möglich macht.
"Es war ein fantastisches Spiel von uns, das beste gegen Bayern in diesem Jahr. Wir haben es nur verpasst, ein Tor zu erzielen. Wir sind natürlich nicht happy mit dem Ergebnis", sagte Alonso fast schon trotzig - und sah dabei äußerst gequält aus.