Frank Schmidt

Fußball-Bundesliga Heidenheim und das "verflixte zweite Jahr"

Stand: 07.01.2025 07:28 Uhr

Im zweiten Jahr nach dem Aufstieg in die Fußball-Bundesliga steckt der 1. FC Heidenheim im Abstiegskampf. Logisch! Oder? Was ist dran am "verflixten zweiten Jahr"?

Von Frank van der Velden

Die meisten Ehen in Deutschland scheitern im "verflixten siebten Jahr". Das sagt jedenfalls der Volksmund. Zurück geht das Ganze auf eine Komödie aus dem Jahr 1955 von Billy Wilder, in der Marilyn Monroe die Hauptrolle spielt.

Nur selten ist an solchen Mythen ja etwas dran. Und wer in die Statistik schaut, wird auch schnell eines Besseren belehrt. Laut Statistischem Bundesamt betrug die durchschnittliche Ehedauer zuletzt nämlich rund 14,8 Jahre.

Wenn Euphorie und Unbekümmertheit dahin sind

Eine ähnliche Weisheit gibt es im Fußball. Da spricht man gerne vom "verflixten zweiten Jahr." "Die zweite Saison wird immer die schwerste, das weiß jeder", hat schon Uwe Seeler gesagt. Gemeint sind die Klubs in der Fußball-Bundesliga, die angeblich überdurchschnittlich oft im zweiten Jahr nach dem Aufstieg die Klasse wieder verlassen müssen.

Da ist auch durchaus etwas dran. Die Euphorie des Aufstiegs ist im zweiten Jahr verflogen, der Gegner hat sich auf einen eingestellt, die Unbekümmertheit ist dahin, plötzlich gibt es etwas zu verlieren, und vielleicht hat sogar der ein oder andere Leistungsträger, der im ersten Jahr überzeugt hat, den Verein verlassen.

Erfüllt auch Heidenheim die Prophezeiung?

In dieser Saison ist Heidenheim davon bedroht, die Prophezeiung zu erfüllen. Vor dem 16. Spieltag liegt der 1. FC mit zehn Punkten auf dem Relegationsplatz, vier Punkte fehlen auf Rang 15. Dabei hatte der kleine Klub in der vergangenen Saison eine Sahne-Saison hingelegt und war als Achter sogar in die Europa Conference League eingezogen.

Doch der Erfolg weckte Begehrlichkeiten. In Jan-Niklas Beste (zu Benfica Lissabon) und Tim Kleindienst (zu Borussia Mönchengladbach) verließen zwei Leistungsträger den Verein, und das Team war die zusätzlichen Belastungen durch die internationalen Spiele einfach nicht gewohnt.

Bielefeld als bisher letztes Team betroffen

Als bisher letztes Team erwischte es Arminia Bielefeld. Nach dem Bundesliga-Aufstieg 2020 hielten die Ostwestfalen als Neuling als 15. zunächst die Klasse, ein Jahr später musste der Klub als Vorletzter aber wieder eine Etage runter. Da war es also, das "verflixte zweite Jahr".

Und in der jüngeren Vergangenheit gibt es noch weitere Beispiele. 2019/20 traf es Fortuna Düsseldorf, und am Ende der Saison 2018/19 stiegen sogar gleich zwei Klubs ab, die im Frühjahr 2017 gemeinsam aufgestiegen war - der VfB Stuttgart und Hannover 96.  

2016/17 stiegen Darmstadt 98 und der FC Ingolstadt ab - ebenfalls im zweiten Jahr nach dem Aufstieg. Den Startpunkt setzte Borussia Neunkirchen übrigens schon in der Spielzeit 1965/66.

Insgesamt nur 26 Mannschaften betroffen

Doch es gibt natürlich Hoffnung für den 1. FC Heidenheim. Die ruht zum Beispiel auf Zweitliga-Toptorjäger Budu Zivzivadze, der vom Karlsruher SC auf die Ostalb wechselt.

Und wer sich durch die Statistiken der Fußball-Bundesliga seit 1963 wühlt, der erfährt, dass das erste Jahr für einen Aufsteiger immer noch das gefährlichste ist. Von insgesamt 152 Absteigern waren 60 Neulinge. Auch aktuell sind Holstein Kiel und der FC St. Pauli in höchster Not. Nur 26 Mannschaften traf es dagegen im zweiten Jahr nach dem Aufstieg. Die vermeintliche Fußball-Weisheit ist damit also gar keine.

Sportschau am Samstag, am 11.01. ab 18 Uhr

Sportschau, 11.01.2025 18:00 Uhr