Ruandas Präsident Paul Kagame und seine Frau Jeanette entzünden eine Flamme am Mahnmal für den Genozid in Ruanda
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Sponsoring des FC Bayern FC Bayern wirbt für Ruanda statt Katar - der schlechte Ruf bleibt

Stand: 29.08.2023 17:56 Uhr

Nach Katar hat der FC Bayern mit Ruanda erneut einen Staat mit zwielichtigem Ruf als Großsponsor vorgestellt. Das kleine afrikanische Land wird seit mehr als 20 Jahren von einem Mann regiert, den manche als Retter verehren, andere einen brutalen Diktator nennen.

Die Vereinten Nationen haben einen "Human Development Index" entwickelt, in den die Faktoren Lebenserwartung, Jahre in Schule und Hochschule und/oder Berufsausbildung bis zum 25. Lebensjahr und das Pro-Kopf-Einkommen einfließen. Der Index wird auch als Wohlstandsindikator bezeichnet. Auf einer Skala von 0 bis 1 liegt Deutschland im jüngsten Bericht der UN bei 0,942 und damit unter den Top Ten von 191 Ländern.

Ruanda liegt auf dem 165. Platz mit einem Wert von 0,534. Der Staat aus dem Osten Afrikas ist an der Schwelle zur dritten von vier Kategorien, gehört aber noch zu den ärmsten Ländern der Welt.

Armes Land sponsert reichsten Klub aus reichem Land

Wenn dieses Land nun über sein Sportministerium und die ebenfalls staatliche Entwicklungsbehörde den reichsten Fußballklub im reichen Deutschland sponsert, wirft das Fragen auf.

Ruanda ist neuer "Platin-Partner" des FC Bayern und wirbt künftig auf den Trikotärmeln des deutschen Meisters für die Tourismuskampagne "Visit Rwanda" (Rwanda ist die englische Schreibweise von Ruanda). Der Vertrag gilt bis 2028. Auf eine Anfrage zu den Bedingungen des Sponsorings antwortete der Münchner Klub nicht.

Die Mitteilung des deutschen Meisters liest sich, als gebe nur der FC Bayern. Er werde Ruanda "künftig beim Aufbau für den Jugendfußball helfen", sein "Knowhow als Ausbildungsverein" einbringen, eine "Akademie in Ruanda" aufbauen und "Aktivitäten zur Förderung des Tourismus in Ruanda organisieren".

Katar zahlte FC Bayern zweistellige Millionensumme

Aber der FC Bayern wird vor allem auch nehmen, nämlich Geld, das ist das Wesen von Platinpartnerschaften. Die Summe ist nicht bekannt, aber ein Ärmelsponsoring bei den Münchnern ist viele Millionen Euro wert.

Qatar Airways als vorheriger Ärmelsponsor soll mindestens 15 Millionen Euro jährlich gezahlt haben. Der Vertrag mit der staatlichen Fluglinie des Golfstaates war Ende Juni 2022 ausgelaufen und wurde in beiderseitigem Einvernehmen aufgelöst, hieß es.

Eine umstrittene Verbindung

Sportschau, 25.06.2023 19:15 Uhr

Jahrelang hatten einflussreiche Fans des FC Bayern Kritik an der Partnerschaft geäußert, weil Katar Menschenrechte missachtet und etwa Homosexualität unter Strafe stellt. Das soll ein Grund für das Ende des Sponsorings gewesen sein. Während der WM in Katar im November und Dezember 2022 wurde allerdings auch schon geraunt, dass der autokratisch regierte Staat sein Interesse wegen der dauernden Kritik verlieren könne und von sich aus die Initiative zu Beendigung ergreife.

Als autokratisch wird in vielen Quellen auch beschrieben, wie Paul Kagame Ruanda regiert. Er ist Präsident seit April 2000, bei der vergangenen Wahl erhielt er 98 Prozent der Stimmen. Manche Quellen sprechen auch von Kagame als Diktator, der Kritiker unterdrücke, sie einsperren oder gar umbringen lasse.

Genozid fordert mindestens 800.000 Leben in knapp 100 Tagen

Paul Kagame ist die entscheidende Figur Ruandas seit nun nahezu 30 Jahren. Er gehört der ethnischen Gruppe der Tutsi an, die in dem seit 1962 unabhängigen Ruanda eine Minderheit stellt, aus der sich aber häufig die politische und militärische Führung rekrutierte. Immer wieder gab es Spannungen zwischen den Tutsi und einer anderen ethnischen Gruppe des Landes, den Hutu, die die große Mehrheit der Bevölkerung ausmacht.

Die Spannungen zwischen Tutsi und Hutu eskalierten 1994 zu einem Genozid, nachdem ein Flugzeug mit dem zur Gruppe der Hutu gehörenden Präsidenten Juvénal Habyarimana abgeschossen worden war. Seriöse Schätzungen gehen von mindestens 800.000 Toten und zwei Millionen Flüchtlingen aus, es gab Hunderttausende Vergewaltigungen.

Ruanda, von 1885 bis nach dem Ende des Ersten Weltkrieges als Teil Ost-Afrikas eine Kolonie des Deutschen Reiches, hatte vor dem Völkermord, den die Hutus vor allem an den Tutsis und denjenigen Hutus begingen, die sich nicht an dem Verbrechen beteiligen wollten, etwas mehr als sechs Millionen Einwohner.

Zuschauer feiern den Sieger der "Tour du Rwanda"

Die "Tour du Rwanda" wird auch international inzwischen stärker beachtet.

Kagame als Befehlshaber der "Patriotischen Armee Ruandas" (APR als Abkürzung für die Version in den Landessprache Französisch) nahm etwa 100 Tage nach Beginn des Genozids die Hauptstadt Kigali ein. Das Abschlachten unter den Augen der achselzuckenden Weltgemeinschaft hatte ein Ende.

Ambivalente Entwicklung unter Kagame

Der heute 65 Jahre alte Kagame wurde danach zunächst Vizepräsident und Verteidigungsminister, seit 2000 führt er das Land, das inzwischen deutlich mehr als 13 Millionen Einwohner hat.

Die Entwicklung Ruandas seit dem Ende des Völkermords wird ambivalent dargestellt. Kagame gilt als jemand, der den schwierigen Prozess der Versöhnung vorangetrieben habe. Die "Neue Zürcher Zeitung" schreibt zudem über den Präsidenten: "Er hat Ruanda so konsequent auf wirtschaftlichen Fortschritt getrimmt, dass das ostafrikanische Land als Singapur Afrikas bezeichnet wird, und er lässt Kigali so penibel sauber halten, dass Besucher der Hauptstadt erzählen, sie kämen sich vor wie in Zürich."

Aber der Preis ist sehr hoch. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) schreibt: "Die Menschenrechtslage in Ruanda ist extrem angespannt. (...) Regierungskritiker werden regelmäßig von Präsident Paul Kagame und anderen hochrangigen Regierungsbeamten bedroht. Grundlegende Menschenrechte wie Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit sind stark eingeschränkt. Freie, unabhängige Medien existieren kaum."

"Staat, in dem Menschenrechte mit Füßen getreten werden"

Wenzel Michalski von Human Rights Watch (HRW) sagte der dpa: "Das ist ein Staat, in dem Menschenrechte mit Füßen getreten werden." Sein Kollege Wolfgang Büttner schrieb im sozialen Netzwerk X, vormals Twitter: "In Ruanda landen Kritiker in Haft und die Armee ist in schwerste Verbrechen im Kongo verwickelt."

Kagames Regierung gilt als Unterstützer einer Rebellengruppe im Nachbarstaat Kongo, der schreckliche Verbrechen vorgeworfen werden. Unter anderem Deutschland stellte daher mal die Entwicklungshilfeleistungen an Ruanda ein. Inzwischen wird aber wieder gezahlt. Von Oktober 2022 bis Ende 2024 sind von Berlin 93,6 Millionen Euro zugesagt worden.

Katar pflegt "strategische Partnerschaft" mit Ruanda

Das vergleichsweise arme Ruanda und das dank des Vorkommens fossiler Brennstoffe sehr reiche Katar pflegen enge Beziehungen. Es gibt ein Abkommen über eine "strategische Partnerschaft", die staatliche Fluglinie des Emirats hält 49 Prozent Anteile an der staatlichen ruandischen Linie RwandAir, Katar hat zudem 60 Prozent Anteile am neuen Flughafen in Kigali gekauft. Das Projekt ist noch in Bau, die Kosten sollen sich auf 1,2 Milliarden Euro belaufen.

Katars Herrscher, Emir Tamim bin Hamad Al Thani, soll häufiger in Ruanda zu Gast sein, um die Berggorillas zu bestaunen, eine der wichtigsten touristischen Attraktionen.

Wesentliche Züge von Sportswashing

Die Menschenaffen dürften auch Teil der Aktivitäten sein, die mit dem FC Bayern verabredet sind. Der deutsche Rekordmeister ist der dritte Topklub, der von Ruanda gespondert wird. Der erste war der FC Arsenal, Kagames Lieblingsverein, der zweite Paris Saint-Germain, Frankreichs Dauermeister in Besitz von Katar.

Die Sponsorings sind Teil von Kagames Plan, der wesentliche Züge von Sportswashing trägt. Der Staat richtet seit Jahren Sportveranstaltungen aus, die Hochglanzbilder garantieren.

FIFA-Boss Gianni Infantino (r.) und Ruandas Präsident Paul Kagame

Seite an Seite: Kagame und FIFA-Boss Gianni Infantino (r.) beim Kongress in Kigali

Schon seit 1988 wird in dem radsportbegeisterten Land die "Tour du Rwanda" gefahren, die in den vergangenen Jahren auch international immer stärker beachtet wird. Auch deshalb finden die Rad-Weltmeisterschaften auf der Straße 2025 in Ruanda statt. Hunderttausende Zuschauer werden dazu erwartet.

In der Basketball Africa League ist Ruanda mit einer Mannschaft vertreten, im Oktober 2022 sprach Kagame mit Stefano Domenicali, dem Boss der Formel 1, über die Möglichkeit, die Königsklasse des Motorsports auf den afrikanischen Kontinent zu holen.

Sportswashing ist in Ruanda Sache des Staatspräsidenten. Kagame ist bei Sportveranstaltungen meistens dabei, drängt auf die Fotos. So war es auch, als die FIFA ihre Aufwartung machte. Der Fußball-Weltverband hielt im März seinen Kongress in Kigali ab. Vor seiner Wiederwahl zum Präsidenten erzählte Gianni Infantino, dass er 2016 vor seiner ersten Wahl darüber nachgedacht habe, die Kandidatur wegen einer drohenden Niederlage gegen den anderen Kandidaten, Scheich Salman bin Ebrahim Al Khalifa aus Bahrain, rückgängig zu machen. Ein Besuch in Kigali, am Mahnmal für die Opfer des Genozids, habe ihn dann aber überzeugt, doch anzutreten. "Wer bin ich, aufzugeben", fragte Infantino während seiner Rede auf dem Kongress in Ruanda, "was dieses Land mitgemacht hat und wie es danach wieder aufstand, ist inspirierend für die ganze Welt."