18-Jähriges Eishockey-Ausnahmetalent Bedard-Beben in Nordamerika
Als Zwölfjähriger stand er bereits mit NHL-Profis auf dem Eis, galt im jungen Teenager-Alter schon als "Zukunft des Eishockey". Seit wenigen Wochen spielt Connor Bedard nun in der nordamerikanischen Profiliga NHL - und zeigt, dass der Hype um ihn nicht umsonst war.
Er misst zwar nur 1,78 Meter und könnte deshalb in der Menge schon mal übersehen werden. Doch sobald Connor Bedard das Eis betritt, sticht der 18-Jährige von den Chicago Blackhawks heraus. Diese Schlittschuhtechnik - und vor allem diese Hände. Seine Bewegungen mit dem Handgelenk sind so schnell, dass die Gegner, auch die erfahrensten NHL-Profis, nicht wissen, ob er den Puck passen oder schießen wird.
"Er ist ein Wahnsinns-Talent. Es macht Spaß, mit ihm zu trainieren und auf dem Eis zu sein. Dann siehst du, wie hart er arbeitet und warum er so gut ist", sagt Lukas Reichel im Gespräch mit der Sportschau. Der deutsche Nationalspieler ist Teamkollege von Bedard in Chicago, drei Jahre älter, und hat bereits knapp 50 NHL-Spiele absolviert. Normalerweise ist es der Liga-Neuling, der sich an einem Profi wie Reichel orientiert. Doch im Fall von Bedard ist nun mal nichts normal.
Als 13-Jähriger mit Crosby und McDavid verglichen
Bedard war gerade zwölf Jahre alt geworden, da stand er erstmals daheim in Vancouver mit NHL-Spielern wie Mathew Barzal (New York Islanders) und Ryan Nugent-Hopkins (Edmonton Oilers) bei deren Trainingseinheiten im Sommer auf dem Eis. "Damals war ich noch das nervige kleine Kind", erinnert sich Bedard.
Seitdem er 14 Jahre alt war, trainierte er dann täglich mit. Da bekam Bedard erstmals einen Eindruck, mit welcher Intensität und Geschwindigkeit in der NHL gespielt wird.
Im November 2018 veröffentliche "The Hockey News" einen Artikel über ihn mit dem Titel: "Lernen Sie die Zukunft des Eishockey kennen, den 13-jährigen Connor Bedard." Nie zuvor hatte die renommierte Fachzeitschrift einen so jungen Spieler portraitiert. Bedard wurde als "nächstes Phänomen" beschrieben, die Berater, so hieß es, würden bereits "an seiner Tür klopfen". Und, ja, er wurde sogar mit Sidney Crosby und Connor McDavid verglichen - willkommen in Kanada.
Mit Ausnahmestatus in die Juniorenliga
Nun muss dazu gesagt werden, dass es im Mutterland des Eishockeys unzählige grandiose Talente gibt - jedes Jahr. Doch dieser Connor Bedard war eben damals nicht eines von vielen Talenten. Nein, er war das Talent. Der mit Abstand Beste von allen - und zwar Jahrgangsübergreifend.
Und deshalb durfte er bereits als 15-Jähriger mit einer Ausnahmegenehmigung des kanadischen Eishockey-Verbandes in der nationalen Juniorenliga spielen. Ein solcher "exceptional status" war zuvor nur sechs anderen Jugendlichen zugestanden worden. Normalerweise beträgt das Mindestalter für die Juniorenligen 16 Jahre.
71 Tore, 72 Vorlagen in 57 Spielen
Bedard spielte für die Regina Pats in der Western Hockey League, traf als 15-Jährige mitunter auf Spieler, die bereits 20 Jahre alt waren. Dennoch spielte er überragend. Vergangene Saison schoss er 71 Tore und bereitete 72 weitere Treffer vor - in gerade mal 57 Partien.
Es wäre sicherlich nur menschlich gewesen, wenn dieser Connor Bedard bei all den Schlagzeilen, dem riesigen Medien-Interesse oder der öffentlichen Aufmerksamkeit nervös geworden wäre. Wenn er dem Druck, der vorhergesagte nächste kanadische Eishockey-Superstar zu werden, irgendwann nicht hätte standhalten können. Doch der Stürmer findet alles einfach nur "super cool und sehr interessant."
Lottogewinn für Chicago
Dass Bedard bei der Talenteverteilung Ende Juni als Erster ausgewählt wurde, war so vorhersehbar wie der Gewinn der deutschen Fußball-Meisterschaft durch den FC Bayern München. Die Chicago Blackhawks hatten von den 32 Teams das Erstzugriffsrecht - es war gleichbedeutend mit einem Lottogewinn. Nur zwölf Stunden nach dem Draft vermeldete der Traditionsverein bereits fünf Millionen Dollar Einnahmen aus dem Verkauf von Dauerkarten für die neue Saison.
Dass solch ein Talent nun für einen so berühmten Klub wie die Blackhawks spielt, in einem so großen Medienmarkt wie Chicago, ist auch für die Liga und die TV-Anstalten ein Gewinn. Zum Saisonauftakt am 10. Oktober trafen die Blackhawks auf die Pittsburgh Penguins um deren Kapitän Sidney Crosby.
Symbolischer Generationswechsel
Die Medien jazzten es zum Duell “Sid vs the Kid” hoch - und sprachen von einer Art symbolischem Generationswechsel. Crosby galt 2005 als ein solches Ausnahmetalent wie Bedard jetzt. Doch Crosby, der Pittsburgh dreimal zum Stanley-Cup-Sieg und Kanada zweimal zu Olympiagold führte, ist mittlerweile 36 Jahre alt.
Das Bedard-Debüt war nicht nur für den Neuling ein Erfolg, der beim 4:2-Sieg mit einer Torvorlage seinen ersten NHL-Punkt sammelte, sondern auch für "ESPN". Der TV-Sender durfte sich im Schnitt über 1,43 Millionen Zuschauende freuen. So viele Fans hatten noch nie bei einer "ESPN"-Partie der NHL-Punkterunde eingeschaltet.
Reichel: "Manchmal denke ich, 'armer Junge'"
Einen Tag später schoss Bedard in Boston sein erstes NHL-Tor. Rund 25 amerikanische und kanadische Medienvertreter drängten sich anschließend in der Kabine um ihn. Lukas Reichel schaute sich alles aus einigen Metern Entfernung an. "Manchmal denke ich mir, 'armer Junge'. Viel Presse, viele Interviews für ihn. Aber er macht das richtig gut", meinte er.
Mittlerweile hat Connor Bedard 14 Spiele absolviert. Er hat viele verblüfft und verzückt, ist mit neun Treffern bester Torschütze und mit 13 Zählern auch erfolgreichster Punktesammler seines Teams. Und er ist, das vergisst man mitunter bei seinen Aktionen, erst 18 Jahre alt.