Die norwegischen Triathleten Gustav Iden (v.) und Kristian Blummenfelt

Iden und Blummenfelt sorgen für Aufsehen Ironman-WM: Comeback der Wikinger auf Hawaii

Stand: 25.10.2024 14:27 Uhr

Niemand hat die Triathlon-Szene zuletzt so aufgemischt wie Gustav Iden und Kristian Blummenfelt. Nach kurzen Auszeiten starten die beiden Norweger am Samstag bei der Ironman-WM auf Hawaii - und sorgen direkt wieder für Aufsehen.

Von Sebastian Rieth, Sebastian Rieth, Kailua-Kona (Hawaii)

Gustav Iden kam halbnackt zur Pressekonferenz. Oberkörperfrei und in Flipflops schlurfte er zwischen den Palmen entlang in Richtung des kleinen Zeltes, in das der Veranstalter die Favoriten der diesjährigen Ironman-WM geladen hatte. Iden grinste schelmisch, guckte sich um und zog sich dann doch ein Hawaii-Hemd über. Immerhin. Man könnte das alles für einen Zufall halten oder eine kleine Nachlässigkeit, weil bei Gustav Iden aber selten etwas zufällig oder nachlässig geschieht, war es vielleicht auch ein Signal: Seht her, die coolen Norweger sind wieder da.

Trainingspartner und Konkurrenten

Neben ihm auf der Pressekonferenz saß nämlich auch Kristian Blummenfelt, sein Landsmann, Freund und Trainingspartner, und auch der hatte sich was einfallen lassen. Weil bei dem 30-Jährigen seit Wochen der Rasierer unbenutzt bleibt, ist ihm mittlerweile ein kleiner Rauschebart gewachsen. "Und der kommt auch nicht ab. Er schützt mich beim Marathon vor der Hitze", scherzte der Norweger und schob hinterher: "Das ist die Wikinger-Methode."

Und tatsächlich haben die beiden etwas Besonderes ausgetüftelt, das sie in kurzer Zeit zu den Überfliegern der Szene und Ironman-Weltmeistern gemacht hat. Blummenfelt gewann 2022 die Corona-Ersatz-Ausgabe in Utah, Iden wenig später die reguläre WM auf Hawaii mit fabelhaftem Streckenrekord. In kürzester Zeit haben die beiden den Triathlon geprägt und ihn in der Weltspitze auch verändert. Sie gehen neue Wege, sind innovativ und mutig, manches wirkt absurd und scheint dennoch Früchte zu tragen. "Die beiden üben immensen Druck aus, dass wir uns alle verbessern", erkennt der deutsche Doppel-Hawaii-Champion Patrick Lange neidlos an.

Auf Höhepunkte folgen gewaltige Tiefschläge

Zusammen mit ihrem Trainer Olav Aleksander Bu folgen die beiden Norweger konsequent der Wissenschaft, jede Neuheit wird getestet, jedes Training ausgewertet, ihr Laktat scheinen sie immer und überall zu messen. Die Skandinavier reizen alles aus – auch mental. Doch auf dem Höhepunkt folgten fast parallel gewaltige Tiefschläge.

Gustav Iden etwa verlor seine Mutter. Um die Trauer zu verarbeiten, nahm sich der 28-Jährige eine Auszeit, doch ausgerechnet als er sich wieder bereit fühlte, warfen ihn Verletzungen zurück. Der aktuelle Hawaii-Champion wird zwar am Samstag an den Start gehen, aber wirklich konkurrenzfähig kann er nach nur ein paar Monaten Training eigentlich nicht sein. "Ich bin wieder zurück, aber ich bin nicht mehr derselbe", sagt er, um gleich wieder zu witzeln: "Wenn ich gewinnen sollte, wäre das sehr enttäuschend. Das würde bedeuten, dass ich gewinnen kann, ohne zu trainieren. Nur mit meinem Talent. Dann hätte ich all die Jahre umsonst trainiert."

Blummenfelt sorgt für Überraschung in Frankfurt

Auch für seinen Kumpel Kristian ist es ein Comeback. Blummenfelt hatte den Fokus zuletzt ganz auf die Olympischen Spiele in Paris gerichtet und sich dafür eine Auszeit von der Langdistanz genommen. Doch der Plan ging schief. In Paris konnte er seinen Titel von Tokio nicht verteidigen. Nur Platz zwölf. Was danach folgte, ist abenteuerlich. Gerade mal eine Woche später startete Blummenfelt bei der Ironman-EM in Frankfurt, ohne spezifische Vorbereitung auf die deutlich längere Strecke – und siegte trotzdem in beeindruckender Manier. Das macht ihn nun, laut Lange, zum Topfavoriten auf den Titel in Kona.

Und Blummenfelt wäre nicht Blummenfelt, wenn er nicht die Szene so kurz vor der WM noch einmal aufgewühlt hätte. Dieses Spiel gefällt ihm. Der Ex-Champion postete ein Foto von sich beim Training auf dem Queen K Highway in der Nähe von Kona: Er auf dem Rad in einer Position sitzend, die eher an Superman als an einen Radfahrer erinnert. Es sieht unmöglich aus. Aber es scheint ihm doch ernst zu sein. Die Botschaft ist klar: Seht her, die Norweger sind wieder da.