"Six Kings Slam" in Saudi-Arabien Wie Show-Turniere die Tenniswelt spalten
In Saudi-Arabien bietet das Show-Turnier "Six Kings Slam" den sechs Top-Profis bisher nicht dagewesene Einnahmen. Aber wie passt eine Teilnahme mit den lauten Klagen über den zu eng getakteten Turnierplan zusammen?
Das Angebot ist so reizvoll, dass die zusätzlichen Anstrengungen gerne in Kauf genommen werden. Schließlich geht es beim "Six Kings Slam" (16. bis 19. Oktober) um viel Geld. Allein die Antrittsprämie für jeden einzelnen Teilnehmer beträgt 1,5 Millionen US-Dollar. Der Sieger erhält zusätzlich die schwindelerregende Siegprämie in Höhe von sechs Millionen US-Dollar.
Kein Wunder also, dass die Topstars der Branche, Jannik Sinner, Novak Djokovic, Rafael Nadal, Daniil Medwedew, Holger Rune und Carlos Alcaraz für ein paar Tage ins saudi-arabische Riad jetten, um an diesem lukrativsten Tennis-Schaukampf aller Zeiten teilzunehmen.
Alcaraz beschwert sich
Doch ist das wirklich so selbstverständlich? Nicht zuletzt die Tennisprofis beklagen seit längerer Zeit die Dauerbelastung durch zu viele Turniere, durch zu viele Matches, die noch durch die Reisen und die ständigen Zeitumstellungen zusätzlich erhöht werden.
"Ich gehöre zu den Spielern, für die es zu viele Pflichtturniere im Jahr sind. Und wahrscheinlich werden es in den nächsten Jahren noch mehr. Das wird uns umbringen", hatte Jungstar Alcaraz noch im September geklagt. Und er ist damit bei Weitem nicht alleine.
Klare Vorgaben von der ATP
Die Vorgaben der ATP sind eindeutig: Die Spieler um die Top 50 sind verpflichtet, an zwölf Turnieren teilzunehmen. An acht im Rahmen der 1000er-Masters-Serie sowie an den vier Grand Slams (Australian Open, French Open, Wimbledon, US Open) - wenn dies nicht durch eine Verletzung verhindert wird. Wer das nicht macht, bekommt null Punkte für die Weltrangliste.
Zudem müssen die Profis mindestens sechs weitere Turniere nach freier Wahl spielen, damit sie mindestens an insgesamt 18 Wettkämpfen in einem Jahr teilgenommen haben, um Punkte in der Weltrangliste zu erhalten. Alle Teilnahmen darüber hinaus sind freiwillig und bleiben jedem Spieler selbst überlassen.
Belastung höher als bei Fußballprofis
Die Kritik an der Kritik der Spieler ließ nicht lange auf sich warten. "Wenn sich jemand über die große Belastung beklagt und dann ein Show-Turnier spielt, dann ist das schon ein bisschen komisch", hatte DTB-Präsident Dietloff von Arnim in diesen Tagen bemerkt.
Und auch der ehemalige deutsche Top-Profi Philipp Kohlschreiber hat seine eigene Meinung - auch mit Blick auf die enormen Verdienstmöglichkeiten - zu diesem Thema: "Viele Spieler würden da auch gerne hingehen. Aber dann darf man sich nicht beschweren."
"Grundsätzlich ist die Tennissaison sehr lang, weil es eine Ganzjahressaison ist", sagt Philipp Born von der Deutschen Sporthochschule Köln der Sportschau. "Es gibt keine andere Saison in anderen Sportarten, die so lang ist." Und im Vergleich etwa zum Volkssport Fußball ist "die Belastung der Tennisprofis deutlich höher", so der Sportwissenschaftler. Befinde sich ein Spieler unter den Top 100, habe er nur sehr wenige Pausen.
Belastungssteuerung wie bei Federer und Nadal
Für den langjährigen deutschen Profitrainer Jan de Witt erscheint die öffentliche Kritik als durchaus berechtigt, allerdings verweist er auf eine detaillierte Betrachtungsweise.
"Alle, die sich damit beschäftigen müssen, sollten sich anschauen, wie es Rafael Nadal oder Roger Federer in ihrer Zeit gemacht haben. Es geht immer um Balance bei dem, was wir da tun", sagt der 59-Jährige, der unter anderem den Franzosen Gael Monfils oder auch Andrea Petkovic trainiert hat, der Sportschau.
De Witt weist zudem auf die individuell richtige Einteilung des ganzen Tennisjahres für jeden Spieler hin. "Die Belastungssteuerung muss so getaktet sein, dass es Sinn ergibt. Dann kann man auch an einem Showturnier teilnehmen."
Grundsätzlich ist de Witt der Auffassung: "Was funktioniert ist, 20 bis 25 Turniere in einem Jahr zu spielen. Was aber dann nicht mehr funktioniert ist, 30 und mehr Turniere zu spielen. Roger hat irgendwann nur noch 18 bis 19 Turniere gespielt", sagt de Witt. "Da geht es dann um die Gesamtbelastung jedes Einzelnen. Das muss aber jeder für sich selbst herausfinden"
Showturniere dienen der Entspannung
Der erfahrene Coach sieht noch einen weiteren, wichtigen Aspekt bei einem Showturnier wie es der Laver Cup oder eben dieser "Six Kings Slam" sind.
"Für die Spieler ist so ein Showturnier emotional wesentlich weniger belastend. Die haben da einfach keinen Stress. Die Show, die geboten wird, ist aber trotzdem gut. 90 Prozent der Zuschauer werden wahrscheinlich gar nicht merken, dass die Spieler nicht mit vollem Ernst bei der Sache sind", sagt de Witt.
Vielmehr nutzen die Profis die reichlich vorhandene Zeit neben ihren Partien für Trainings- und Erholungseinheiten. "Das ist wie eine Urlaubswoche für die Spieler oder eine sehr gut bezahlte Trainingswoche."