Jessica Pegula

Im Finale der US Open Milliardärstochter Jessica Pegula - lieber U-Bahn als Limousine

Stand: 06.09.2024 14:13 Uhr

Jessica Pegula hat mit 30 Jahren erstmals ein Grand-Slam-Finale erreicht. Die Amerikanerin stand lange im Schatten ihrer Kolleginnen – und in dem ihres Vaters. Der ist Multi-Milliardär. Und das führt zu völlig falschen Vorstellungen. 

Von Heiko Oldörp (USA)

Als die Vorhand ihrer Gegnerin im Aus landete, hob Jessica Pegula ihre Arme über Kopf und ließ ihren Schläger fallen. Ihre Augen sagten: Ich kann es nicht glauben. 1:6, 6:4, 6:2 hatte Pegula das Halbfinale der US Open im vollen Arthur Ashe Stadium von Flushing Meadows gegen die Tschechin Karolina Muchowa gewonnen. Sie steht damit erstmals in einem Grand-Slam-Endspiel. Im für Tennis-Verhältnisse späten Alter von 30 Jahren.

Nur zwei, drei Minuten später, beim Interview auf dem Platz, hatte sie begriffen: Ich bin im Endspiel. Wenngleich ihr Gesichtsausdruck immer noch voller Überraschung war. "Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung, wie ich das Ding gedreht habe."

Pegula anfangs überfordert: "Wie eine Anfängerin"

Ehrlich gesagt, wir auch nicht. Pegula wirkte im ersten Satz gegen eine grandios auftretende Muchowa komplett überfordert."Das war peinlich. Sie hat mich zerstört, wie eine Anfängerin aussehen lassen", so Pegula. Auch der zweite Durchgang war zunächst nicht besser.

Pegula verlor gleich ihr erstes Aufschlagspiel und hatte beim Stand von 0:2, 30:40 einen Breakball gegen sich, als Muchowa einen vermeintlich einfachen Vorhand-Volley ins Netz spielte."Glück gehabt", rekapitulierte Pegula die Szene. Es wäre das 0:3 gewesen, zwei Breaks hinten und das mutmaßliche Aus. So aber wurde dieser eine Punkt zum Wendepunkt. Es war einer dieser "ganz kleinen Augenblicke", so Pegula, in denen "das Momentum" sich gedreht habe. 

Nachdem Pegula ihr Service halten und auf 1:2 verkürzen konnte, habe sie "etwas Adrenalin"gefunden. Anschließend hätten sich auch ihre Beine besser angefühlt. Und "Ende des zweiten, zu Beginn des dritten Satzes", da habe sie dann "so gespielt, wie ich spielen wollte", meinte die Weltranglisten-Sechste, die sich nach den US Open auf Platz 3 verbessern wird.

Mit der U-Bahn zur Arbeit

Bei Jessica Pegula, die bisher immer ein wenig unter dem Radar flog, muss man grundsätzlich mit allem rechnen. Schon zu Turnierbeginn hatte sie für Erstaunen gesorgt, als sie nicht wie für die Spielerinnen üblich mit dem noblen Luxus-Shuttle von ihrem Hotel zum Stadion gekommen war, sondern die U-Bahn genommen hatte.

Auf Instagram hatte sie ihre Fahrt samt großer Tennis-Tasche dokumentiert, davon gesprochen, dass sie "einmal mit dem Auto nach Flushing Meadows" gefahren sei, dies aber anderthalb Stunden gedauert habe und sie deshalb "hätte Kotzen können".

Tochter eines Milliardärs

Ihr Berater, so Pegula weiter, wolle sie zwar immer davon überzeugen, sich "ein schönes Auto zu kaufen". Aber sie möge nun mal keine Autos. Nein, sie liebe die Bahn. Das Video hatte unter anderem von Novak Djokovic ein Like bekommen und für Gesprächsstoff gesorgt. "Wenn ich die Tochter eines Milliardärs wäre, würde ich einen Privatfahrer einstellen", lautete ein Kommentar. 

Jessica Pegula kennt derartige Reaktionen zur Genüge. Sie ist zwar eine recht erfolgreiche Tennisspielerin, hat in ihrer bisherigen Karriere sieben WTA-Titel und knapp 13 Millionen Dollar an Preisgeld gewonnen. Doch sie ist eben auch die Tochter von Terry Pegula, der laut Wirtschaftsmagazin "Forbes" mit einem Privatvermögen von 7,7 Milliarden Dollar derzeit auf der Liste der reichsten Menschen der Welt an Position 373 geführt wird. 

Jessica Pegulas Vater, Terry Pegula

Jessica Pegulas Vater, Terry Pegula

Vater besitzt Buffalo Sabres und Buffalo Bills

Papa Pegula ist durch Fracking sehr wohlhabend geworden. 2011 kaufte er den Eishockey-Verein Buffalo Sabres aus Nordamerikas Profiliga NHL, drei Jahre später die Buffalo Bills aus der National Football League. Britische Medien hatten Jessica Pegula deshalb im Vorjahr den Spitznamen "reichste Tennis-Spielerin der Welt" verpasst.

Das Boulevardblatt "Daily Express" titelte gar mit der Schlagzeile: "Wimbledon-Milliardär reicher als Cristiano Ronaldo". "Es ist, was es ist", meinte Pegula daraufhin in einem Interview in Wimbledon mit "tennis.com". Sie verwies darauf, dass all die Milliarden das Geld ihrer Eltern seien - und dass sie es gegen einen Wimbledon-Sieg eintauschen würde. 

Nach ihrer Zugfahrt durch New York kam das Thema wieder auf. Was Sie am meisten nerve? "Dass Leute denken, ich habe einen Butler, werde herumchauffiert, habe eine private Limousine und fliege überall im Privatjet hin", so Pegula. Dabei sei sie "definitiv nicht so". Und sie "kenne auch niemanden", der so lebe. 

Im Finale der US Open gegen Sabalenka

Nach ihrem Finaleinzug wurde Pegula auch auf ihre Familie angesprochen. Ehemann, Schwester und Bruder saßen in ihrer Box, Papa Terry verfolgte das Match stehend in einer VIP-Loge. "Ich bin glücklich, dass ich diesen Augenblick mit ihnen teilen kann", sagte Jessica Pegula. 

Es müsste eigentlich "Augenblicke" heißen. Plural. Denn Pegula spielt gerade das Tennis ihres Lebens. Sieg beim Masters in Toronto, Finale beim Masters in Cincinnati, und nun Finale bei den US Open. 15 Siege in den jüngsten 16 Matches. Die einzige Niederlage kassierte sie vor knapp drei Wochen mit 3:6, 5:7 im Finale von Cincinnati gegen Aryna Sabalenka. Und die steht ihr nun in New York erneut gegenüber. 

Jessica Pegula will ihre Chance nutzen - und somit dafür sorgen, dass sie künftig vor allem als US-Open-Gewinnerin 2024 wahrgenommen wird und nicht als reiche Tochter eines Multi-Milliardärs.