Nach Titel bei WTA-Finals Laura Siegemund - wenn der Jetlag programmiert ist
Laura Siegemund hat im Doppel bei den WTA-Finals gewonnen, doch feiern war nicht, sie musste zum Billie Jean King Cup nach Spanien. Über eine Tennisspielerin zwischen Jubel und Reisestress.
Die Bilder immerhin werden bleiben. Wie Laura Siegemund da stand, mit Sombrero auf dem Kopf und der WTA-Trophäe in der Hand, neben sich ihre Doppelpartnerin Wera Swonarewa. Wie beide den Pokal küssten. Wie sie irgendwann auf dem Court lagen, zwischen ihnen der Pokal, vor ihnen ein Schriftzug, darauf nur ein Wort: Cancùn.
Siegemund, 35, hat am Montagabend (06.11.2023) ein Stück deutsche Tennisgeschichte geschrieben. Gemeinsam mit Swonarewa gewann sie im Doppel den Titel bei den WTA-Finals im mexikanischen Cancùn. Seit 50 Jahren wird im Rahmen des Saisonfinales ein Doppel-Turnier ausgetragen, noch nie hatte eine deutsche Spielerin gewonnen.
14 Flugstunden, 8.000 Kilometer Luftlinie, sechs Stunden Zeitverschiebung
Später, als Siegemund nach ihren Gefühlen gefragt wurde, sprach sie von einer "schwierigen Woche", sie erinnerte an das Finale, das wegen des Wetters um einen Tag verschoben werden musste. Sie sagte auch: "Ich hätte nie gedacht, dass wir mit der Trophäe nach Hause kommen würden."
Nur ist Siegemund nicht in aller Ruhe nach Stuttgart gereist, wo sie wohnt, wenn sie nicht unterwegs ist, um Tennis zu spielen. Sie ist überhaupt nicht nach Deutschland gereist, sondern nach Spanien. Wenige Stunden nach ihrem Finalerfolg stieg sie in ein Flugzeug, knapp 14 Stunden war sie unterwegs, es liegen 8.000 Kilometer Luftlinie und sechs Zeitstunden zwischen Cancún und Sevilla. In Spanien wird Siegemund mit Deutschland beim Billie Jean King Cup antreten.
"Trauerspiel" und "Termindesaster" - Kritik an der WTA
Aber so ist das gerade manchmal im Frauentennis. Die WTA-Finals sind der Höhepunkt der Saison, aber auf einen Auftragungsort legte man sich erst im September fest. Die Wahl fiel auf Cancún, eine Stadt auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán, mitunter ein Ziel von Hurrikans. Die Hurrikansaison beginnt im Juni und endet Ende November. Es war vielleicht nicht die beste Idee der Women's Tennis Association (WTA), das Saisonfinale ausgerechnet dort austragen zu lassen.
Die Bundestrainerin Barbara Rittner nannte das im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) dann auch "ein Trauerspiel", eines, unter dem vor allem die Spielerinnen zu leiden hätten. Spielerinnen wie Siegemunds australische Finalgegnerin Ellen Perez. Sie hatte bei der Plattform X, vormals Twitter, von einem "Termindesaster" geschrieben und gefragt, ob ihr jemand einen Privatjet zur Verfügung stelle. Tat natürlich niemand.
Perez sollte eigentlich am Dienstag, dem ersten Tag des Billie Jean King Cups, für Australien im Einsatz sein. Sie spielte nicht.
Auf Siegemund setzt Deutschland beim Billie Jean King Cup
Auch Siegemund dürfte den Reisestress bemerkt haben. Sie wird schon am Donnerstag und Freitag (jeweils 10 Uhr) mit der DTB-Auswahl beim Billie Jean King Cup antreten. Gegen Italien und Frankreich spielt Deutschland um den Einzug ins Halbfinale. Einfach werde das alles für Siegemund sicher nicht, sagte Teamkapitän Rainer Schüttler der Deutschen Presse-Agentur. "Man muss sehen, wie sie ankommt, wie sie alles verkraftet."
Die Zeitumstellung, die lange Reise - ein Jetlag ist da beinahe vorprogrammiert. Und dann wird in Sevilla auch noch in der Halle gespielt und nicht wie in Mexiko draußen. Und doch wird Siegemund eine Hoffnungsträgerin sein, nicht nur im Doppel.
Denn eine herausragende Einzelspielerin fehlt der deutschen Mannschaft, auch Siegemund (Weltranglisten-86. im Einzel) ist das nicht. Das gilt auch für ihre Mannschaftskolleginnen Tatjana Maria (57.), Anna-Lena Friedsam (115.), Eva Lys (130.) und Jule Niemeier (162.). Auch deshalb werden Deutschlands Tennisspielerinnen nur Außenseiterinnen sein.
Bundestrainerin Rittner über Siegemund: "Natürlich brauchen wir sie"
Die Bundestrainerin Rittner hat kürzlich eine Geschichte erzählt, die einiges aussagt über die Rolle von Siegemund. "Wir haben täglich Flüge für sie hierher gehabt", sagte Rittner dem SID, das war noch vor dem Finale am Montagabend. Für den Deutschen Tennis Bund (DTB) wird das nicht ganz günstig gewesen sein, sie haben dort einige Flüge stornieren müssen.
Aber eine Alternative gab es auch nicht, zu wichtig ist Siegemund für die Mannschaft. "Natürlich brauchen wir sie", sagte Rittner. "Nicht nur im Doppel, sondern auch im Einzel."