Aufregung vor den Australian Open Novak Djokovic - Schwermetall im Blut
Schon wieder er. Kurz vor dem Start der Australian Open, dem ersten Grand-Slam-Turnier der Tennis-Saison 2025, beherrscht erneut Novak Djokovic die Schlagzeilen. Wie schon vor drei Jahren bei seinem Ausschluss, wie schon vor zwei Jahren bei seiner Rückkehr. Und wie schon vergangenen Sommer.
Spätsommer 2024. Novak Djokovic hat gerade die olympische Goldmedaille gewonnen. Im Finale gegen seinen legitimen Nachfolger Carlos Alcaraz, mit einer Leistung, die ihm kaum jemand mehr zugetraut hat. In jenen Tagen nach dem totalen Triumph gibt der 24-malige Grand-Slam-Champion, der wohl beste Tennisspieler der Geschichte, dem "GQ"-Magazin ein langes, persönliches Interview. Djokovic zeigt sich bestens aufgelegt, das Gespräch dreht sich um Gott und die Welt.
Auch die magische Zahl 25 ist ein Thema im Interview. Der Autor fragt, bei welchem Turnier Djokovic wohl die beste Chance hat, seinen 25. Grand-Slam-Titel zu gewinnen? Die Antwort ist leicht: natürlich bei den Australian Open, seinem Lieblingsturnier. Schon zehn Mal ist sein Name in den Siegerpokal eingraviert worden. Doch dass Djokovic überhaupt noch gerne nach Australien reist, ist nicht selbstverständlich nach dem Abschiebe-Hickhack aus dem Januar 2022. Auch darauf wird Djokovic vom Interviewer der "GQ" angesprochen.
Rein oder raus
Damals hatte Australien weltweit mit die härtesten Einreisebestimmungen im Kontext der Pandemie. Die australische Bevölkerung hatte in den Monaten vorher strikte Lockdowns über sich ergehen lassen müssen. Die Tennisprofis, die nun zu den Australian Open einreisen wollten, mussten deshalb einen Impfnachweis oder eine medizinische Ausnahmegenehmigung präsentieren. Novak Djokovic hatte weder das eine noch das andere in der Tennistasche, als er die Reise nach Melbourne antrat. Trotzdem war er sich sicher, dass er einreisen darf. Sein Argument: erkrankt und genesen.
Doch Djokovic hatte die Rechnung ohne die australische Regierung gemacht, die ein Exempel statuieren wollte. Die Einreise wurde ihm vor Ort verwehrt, der Superstar musste mehrere Tage in einem Abschiebehotel verbringen, während Anwälte und Richter über den weiteren Verlauf stritten. Am Ende hatte sein Einspruch keinen Erfolg, Djokovic wurde des Landes verwiesen.
Novak Djokovic im Jahr 2022 nachdem sein Visum für die Teilnahme an den Australian Open annuliert wurde
Vergiftetes Essen
So weit, so bekannt. Neu ist hingegen, was dann folgt: Djokovic erzählt dem "GQ"-Interviewer, sein Essen im Abschiebehotel wäre vergiftet gewesen. Wörtlich: "Ich hatte (danach) einige gesundheitliche Probleme. Und mir wurde klar, dass ich in diesem Hotel in Melbourne Essen vorgesetzt bekommen habe, das mich vergiftet hat." Bei seiner Rückkehr hätten Blutuntersuchungen ein hohes Level an Schwermetallen gezeigt.
An dieser Stelle ist es wichtig zu betonen, dass Djokovic in dem Interview ausdrücklich NICHT behauptet, von der australischen Regierung oder von sonst jemandem vergiftet worden zu sein, wie in einigen Medien zu lesen ist. Sondern dass das Essen aus seiner Sicht nicht höchsten gesundheitlichen Ansprüchen genügt habe. Djokovic achtet schon seit jeher genauestens darauf, was er isst und spricht darüber immer wieder in der Öffentlichkeit.
Djokovic selbst war der Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Interviews, nun kurz vor den Australian Open, inklusive der darin aufgebrachten Vorwürfe, offensichtlich unangenehm. In seiner Pressekonferenz vor dem Turnier wollte Djokovic nicht mehr über das Thema sprechen: "Ich habe das Interview vor vielen Monaten gegeben und ich wäre dankbar, nicht mehr im Detail darauf einzugehen. Ich möchte mich auf Tennis fokussieren."
Abgehakt und weiter
Die Fans in Melbourne haben sowieso längst Frieden mit Djokovic geschlossen. Schon 2023, als die Einreisebestimmungen aufgehoben wurden, kam Djokovic wieder zurück. Es gab keine Pfiffe gegen den Serben, der dann auch prompt das Turnier gewann. Im "GQ"-Interview betont Djokovic ebenfalls, dass er keinen Groll mehr gegen die Verantwortlichen hege, im Gegensatz zu seiner Frau und seiner Familie. Sehr häufig seien Australier auf ihn zugegangen, um sich bei ihm für die Behandlung im Januar 2022 zu entschuldigen. "Ich habe das Thema komplett abgehakt. Ich habe die Menschen, die für meine Deportation verantwortlich waren, nicht mehr getroffen. Ich muss sie auch nicht mehr treffen, aber ich habe auch kein Problem damit, wenn ich mal irgendwann wieder jemanden von damals sehe. Wir geben uns dann die Hand und können weitermachen."
In diesen Tagen vor dem Turnierstart 2025 zeigt sich Djokovic in Melbourne von seiner bestgelaunten Seite. In der Rod Laver Arena spielte er ein Showmatch gegen Alexander Zverev. Seine Trainings mit dem neuen Coach Andy Murray brachten höchste Aufmerksamkeit. Seine Lockerheit sah nicht aufgesetzt aus. Djokovic hat abseits des Courts längst die Rolle des Elder Statesman eingenommen.
Alexander Zverev (l.) beglückwünscht den Serben Novak Djokovic nach einem Showmatch vor den Australian Open
Auch Nick Kyrgios, der in den vergangenen Monaten so etwas wie ein bester Kumpel für Djokovic geworden ist, springt ihm in seiner bekannten direkten Art zur Seite. "Ich wusste nichts von diesen Vorwürfen. Aber ich bleibe dabei: Wir haben ihn damals wie Dreck behandelt. Wir hätten das nicht tun sollen."