Die drei Barrett-Brüder jubeln

Halbfinale bei der Rugby-WM Die "All Blacks" setzen auf die Barrett-Brüder

Stand: 19.10.2023 20:07 Uhr

Die "All Blacks" aus Neuseeland wollen bei der Rugby-WM gegen Argentinien ins Finale einziehen - und setzen dabei auf ein Brüder-Trio.

Als Kevin Barrett nach seinem letzten Rugby-Spiel noch auf dem Platz gefragt wurde, was er denn nach seinem Karriereende machen wolle, hielten die meisten seine Antwort für einen schlechten Scherz. "Ich werde ein paar ‚All Blacks‘ züchten", hatte der begnadete Zweite-Reihe-Stürmer gesagt. Barrett aber meinte es ernst. Bei seiner Wortwahl kommt ihm zugute, dass er mit "züchten" wohl eher "trainieren" meinte, denn seine acht Kinder waren da schon geboren. Und seine fünf Jungs jagten auf der heimischen Milchfarm in Neuseeland auf den Wiesen hinter den Ställen schon eifrig dem Rugby-Ei nach. 1999 war das.

Und Barrett sollte sein Wort halten. Seine Söhne Beauden (2012), Scott (2016) und Jordie (2017) wurden der Reihe nach für die "All Blacks" - die berühmte neuseeländische Rugby-Nationalmannschaft -  nominiert. Im Juni 2018 standen sie als erstes Brüder-Trio der Geschichte für Neuseeland in einem Länderspiel gemeinsam in der Startformation. Das war auch für Kevin Barrett ein großer Moment. Denn der hat selbst nie das legendäre schwarze Trikot tragen dürfen.

Bio-Milch und ganz viel Training

"Jede Menge Bio-Milch", flachste Beauden Barrett einmal, als er auf den Erfolg der Brüder angesprochen wurde. Wahr ist wohl, dass die Jungen unter der Aufsicht ihres rugbyverrückten Vaters in ihrer Kindheit und Jugend wohl kaum etwas anderes taten, als Rugby zu spielen.

Beauden ist der Talentierteste aus der Familie Barrett. Der 32-Jährige gewann 2015 den WM-Titel. Im Finale gegen Australien legte er beim 34:17-Sieg den letzten Versuch und verhalf den "All Blacks" damit zum dritten und bisher letzten WM-Triumph. 2016 und 2017 wurde er zum Weltspieler des Jahres gewählt und ist damit nach seinem ehemaligen "All-Blacks"-Kapitän Richie McCaw erst der zweite Spieler überhaupt, dem das in zwei aufeinanderfolgenden Jahren gelang.

Das Bier mit den Brüdern ist das Größte

Auch beim WM-Turnier in Frankreich ist er eine Schlüsselfigur der "Götter in Schwarz". Im Viertelfinale gegen Irland (28:24) verursachte er mit seinen Kicks Chaos beim Gegner. Doch die Show stahl ihm dieses Mal sein jüngster Bruder Jordie. Der Center behinderte den in der atemraubenden Schlussphase bereits ins Malfeld durchgebrochenen Iren Ronan Kelleher mit einer heroischen Rettungsaktion beim Ablegen und bewahrte die Neuseeländer damit vor dem sicheren Aus.

Nach dem denkwürdigen Match gegen den Weltranglisten-Ersten fielen sich die Brüder erstmal in die Arme. "Die Momente nach dem Spiel sind wahrscheinlich die schönsten", sagte Beauden. Es sei das Größte, dann "mit meinen Brüdern ein Bier zu trinken".

Neuseeland will Argentinien nicht unterschätzen

Auch am Freitag (20.10.2023) im Halbfinal-Duell mit Argentinien im Stade de France stehen die Barretts wieder gemeinsam auf dem Feld. "Wir haben gelernt, Argentinien sehr zu respektieren. Sie sind eine unterschätzte Mannschaft. Das wird ein verdammt tolles Spiel", sagte Trainer Ian Foster. Die "Los Pumas" mussten sich bei der WM bisher nur England geschlagen geben und behielten im Viertelfinale gegen Wales die Oberhand.

Auch die Südamerikaner können die Partie kaum erwarten. "Es gibt solche Gelegenheiten nicht oft im Leben, dass wir ein Halbfinale spielen, ist unheimlich selten", sagte Argentiniens Headcoach Michael Cheika. Auch ein Sieg gegen die "All Blacks" ist selten. Von den 36 Partien gewannen die Argentinier nur zwei, beide aber in der jüngeren Vergangenheit. 

"All Blacks" klarer Favorit

Im November 2020 gelang den Argentiniern der erste Sieg überhaupt gegen den kommenden Gegner. Vor etwas mehr als einem Jahr folgte der zweite. Die jüngsten beiden Aufeinandertreffen entschieden die Neuseeländer deutlich für sich. Dazu erreichten die Argentinier noch nie ein WM-Finale, die beste Platzierung gelang 2007 mit Rang drei.

Neuseeland dagegen holte bislang dreimal den goldenen Webb Ellis Cup. Und auch der Mythos der schier unbezwingbaren "All Blacks" ist nach dem Sieg über Irland wieder zurück. Nach der Auftaktpleite gegen Frankreich drehte das Team mächtig auf. Den Barrett-Brüdern sei Dank. Und Vater Kevin wird gewiss zusehen.