Neuseeland bei der WM Der Rugby-Riese wankt - Sorgen um die All Blacks
Die große Rugby-Nation Neuseeland macht sich Sorgen um ihre Götter in Schwarz. Nicht nur wegen der WM-Auftaktniederlage gegen Gastgeber Frankreich steckt das Team anscheinend in einer tieferen Krise.
Der berühmte Haka, ein traditioneller Kriegstanz der indigenen Bevölkerung Neuseelands, der Maori, ist bei den All Blacks immer ein Spektakel. Nur hat die ruhmreichste Rugby-Mannschaft der Welt mittlerweile ein Problem: Angst und Schrecken verbreiten sie damit kaum noch.
"Einfach furchtbar" sei der Start in die WM gewesen, sagte TV-Experte Israel Dagg nach dem historischen 13:27 im Auftaktspiel gegen Gastgeber Frankreich - nie zuvor in der WM-Geschichte hatten die Kiwis ein Spiel in der Vorrunde verloren. "Wir sind noch nicht ausgeschieden aus dem Turnier, aber wird sind frustriert", sagte Ian Foster, der neuseeländische Nationaltrainer.
Der Schock sitzt immer noch tief, zumal die Fans die historische 7:35-Klatsche gegen den Erzrivalen Südafrika aus der Vorbereitung immer noch nicht verarbeitet haben.
All Blacks - einst gefürchtet und scheinbar unbesiegbar
Einst waren die All Blacks gefürchtet und schienen unbesiegbar. 2011 und 2015 holten sich die Neuseeländer souverän den WM-Titel. Doch diese Zeiten sind vorbei. Bei der letzten WM 2019 war im Halbfinale schon Schluss für den Doppel-Weltmeister nach einer klaren Niederlage gegen die Engländer.
Das Land ist nun in Aufruhr, Rugby ist in Neuseeland ja nicht einfach nur ein Sport, sondern eine Einstellung, eine Art Religion - und die All Blacks sind ein Heiligtum. In der Weltrangliste sind sie mittlerweile auf Rang vier abgerutscht - auch das gab es noch nie.
Neuseelands Rieko Ioane im Duell mit dem Franzosen Damien Penaud
Nationaltrainer Foster massiv in der Kritik
Trainer und Team wissen nicht so recht, wie sie mit der Krise umgehen sollen. "Wir müssen uns zusammenreißen und nach vorne schauen", sagte Flügelspieler Ardie Savea trotzig: "Wir haben eine Schlacht verloren, aber wir haben noch einen Krieg zu gewinnen." Und Chefcoach Foster, der natürlich längst massiv in der Kritik steht, hält an seinem Ziel fest: "Das Turnier gewinnen."
Doch in der Heimat wird die Mannschaft schon als "die schlechteste der Geschichte" bezeichnet. Gegen Außenseiter Namibia am Freitag (15.09.2023, 21 Uhr) in Toulouse muss unbedingt ein Sieg her, ein Aus in der Vorrunde ist trotz des wankenden Mythos und einiger Verletzungsprobleme unvorstellbar. Doch spätestens im Viertelfinale wird wohl Schluss sein, glauben die Experten. Denn dann drohen vermutlich Titelverteidiger Südafrika oder die starken Iren. Dabei zählt für Neuseeland eigentlich nur der Titel.
Riesige Aufregung um das verunsicherte Team
Doch die All Blacks haben mittlerweile ihre "Aura verloren", schrieb "The Times". Die Aufregung rund um das verunsicherte Team ist riesig, in einer Art Panik-Aktion wurde zuletzt Ex-Cheftrainer Steve Hansen, Weltmeister-Coach von 2015, auf inoffizieller Basis in den Betreuerstab geholt. Das ist in etwa so, als hätte Hansi Flick in seinen letzten Tagen als Bundestrainer Joachim Löw als Berater verpflichtet.
Aber die Spieler freut es. Hansen habe "eine gute, tiefe Verbindung zu vielen Spielern, die er zuvor trainiert hat, das sieht man an den Spielern, dem Lächeln und den Scherzen", sagte Angreifer Dane Coles: "Das hat die Stimmung ein wenig gehoben." Aber Angst und Schrecken verbreiten sie dennoch nicht.