Julius-Hirsch-Preis

Projekt "Fußball verbindet" "Wertschätzung für die Arbeit": Hertha Bonn bekommt Julius-Hirsch-Preis

Stand: 10.10.2024 08:00 Uhr

Mit dem Projekt "Fußball verbindet" hilft Hertha Bonn geflüchteten Kindern bei der Integration. Dafür wird der Fußballverein nun vom DFB mit dem Julius-Hirsch-Preis ausgezeichnet.

Von Lukas Thiele

Der FC Hertha Bonn komplettiert aktuell einen Meilenstein. Der heimische Sportplatz am F.A-Schmidt-Weg in Bonn-Dottendorf wird umgebaut. Aus einem Ascheplatz wird ein Kunstrasenplatz. Damit hat der Kreisligist bald die gleichen Wettbewerbsbedingungen wie die anderen Vereine im Kreis und muss keine Trainingseinheiten mehr wegen Unbespielbarkeit des Platzes ausfallen lassen.

Bezahlt wird der Umbau aus Steuergeldern. Verdient hat sich der Verein das aber allemal, denn der FC Hertha Bonn ist ein Verein, der viel zurückgibt. Schon mehrmals sind die Bonner für ihr soziales Engagement ausgezeichnet worden. Die bisher größte Ehrung erhält der Verein am kommenden Sonntag in München mit dem dritten Platz beim Julius-Hirsch-Preis.

Auszeichnung für soziales Engagement

Der Julius-Hirsch-Preis wird seit 2005 vom DFB vergeben und erinnert an den in Ausschwitz ermordeten deutsch-jüdischen Nationalspieler Julius Hirsch. Ausgezeichnet werden Personen, Vereine oder Initiativen, die sich in besonderem Maße für Demokratie und Vielfalt einsetzen. In diesem Jahr sind das ein Leipziger Bildungsprojekt (Platz eins), ein Fanclub aus Karlsruhe (Platz zwei) und Hertha Bonn.

Ausgezeichnet wird der Bonner Verein für sein Projekt "Fußball verbindet. Auch ohne gemeinsame Sprache." Seit mehr als zwei Jahren bietet Hertha Bonn eine Fußball-AG für geflüchtete Kinder in einer Erstaufnahmeeinrichtung in der Bonner Ermekeilkaserne an. Die Auszeichnung sei nun "eine Wertschätzung für die Arbeit, die wir leisten", sagte Jörg Michael, zweiter Vorsitzender von Hertha Bonn, gegenüber dem WDR. "Die Freude war sehr, sehr groß."

Fußball-AG in Erstaufnahmeeinrichtung

Entstanden ist das Projekt im März 2022, in Zusammenarbeit mit der ORS Deutschland, ein Dienstleistungsunternehmen für die Betreuung geflüchteter Menschen. Die ORS betreibt auch die Erstaufnahmeeinruchtung in der Ermekeilkaserne. "Die Ehrenamtskoordinatorin der ORS hat mitbekommen, was wir im Verein so machen, dass wir auch über den Leistungssport hinausgehen und auch soziale Aktivitäten haben", erklärte Michael. "Dann hatte sie mich angesprochen, ob wir nicht Lust hätten, eine Fußball-AG zu machen."

Zunächst startete das Projekt in der Kaserne selber, auf Asphaltboden. "Dann haben wir gemerkt, dass das funktioniert und die Kinder das sehr, sehr dankbar aufnehmen", sagte Michael. Salim Mehdaoui, zu diesem Zeitpunkt FSJler bei Hertha Bonn, nahm sich dann dem Projekt an und entwickelte es weiter. Unter anderem schrieb er einen Leitfaden, den Hertha Bonn nun auch anderen Vereinen zur Verfügung stellt.

Michael: "Mit einer kleinen Sache viel bewirken"

"Wir haben gemerkt, man kann mit einer kleinen Sache viel bewirken und bekommt auch viel zurück bei der Freude, die auch die Kinder haben", sagte Michael. Die Kinder selbst bleiben höchstens sechs Wochen in der Einrichtung, die Gruppen wechseln also ständig. Eine gemeinsame Sprache gibt es häufig nicht, was eine große Herausforderung ist.

Dementsprechend steht nicht die fußballerische Ausbildung der Kinder im Vordergrund. "Die Kinder haben alle ihre eigene Lebensgeschichte hinter sich, haben Fluchterfahrungen und sind teilweise traumatisiert. Sie haben auf der Flucht gelernt, dass das Gesetz des Stärkeren gilt und auf Schwächere keine Rücksicht genommen wird", sagte Michael.

Nicht nur die Kinder profitieren

Mit dem Projekt wolle Hertha Bonn nun einen Beitrag zur Integration leisten: "Zum einen wollen wir ein Sport-Bewegungsangebot schaffen und Spaß vermitteln. Und wir wollen das Sozialverhalten und die Sozialkompetenzen stärken", sagte Michael. "Damit die Kinder lernen, sich in einer Reihe ganz normal anzustellen. Dass man lernt, dass man anderen Kindern nicht einfach den Ball wegnimmt und damit rumspielt. Also eigentlich Sachen, die man im normalen Kinder-Training auch macht, aber vielleicht noch einmal unter schwierigeren Bedingungen aufgrund der Erfahrungen der Kinder und aufgrund dessen, dass man keine gemeinsame Sprache spricht."

Aber nicht nur die Kinder profitieren von dem Projekt. Auch Hertha Bonn und die FSJler bekämen einiges zurück, sagte Michael: "Ich finde es einfach toll, wie man mit einer relativ kleinen Sache etwas Gutes bewirken kann. Dass man etwas sinnvolles macht, wo man vorher vielleicht dachte, das klappt nicht. Wir haben es einfach mal ausprobiert und jetzt sieht man, dass es etwas sehr kraftvolles, sinnvolles ist. Und das wird gerade durch die Dankbarkeit der Kinder gespiegelt."

DFB: "Beeindruckendes Beispiel von Selbstlosigkeit"

Für ihr Engagement ist Hertha Bonn bereits mit dem Integrationspreis 2024 des Integrationsrats der Stadt Bonn ausgezeichnet worden. Am Sonntag folgt dann die Auszeichnung mit dem Julius-Hirsch-Preis. Eine achtköpfige Jury unter der Leistung von DFB-Präsident Bernd Neuendorf hat Hertha Bonn unter den 134 Bewerbern ausgewählt. "Ein beeindruckendes Beispiel von Selbstlosigkeit", schreibt der DFB über das Projekt, "denn künftige Vereinsmitglieder gewinnt man dadurch nicht."