
Leichtathletik-Hallen-EM Yemisi Ogunleye: "Nur gemeinsam ins Finale"
Bei den Leichtathletik Hallen-Europameisterschaften verpasste das deutsche Team zwar eine Goldmedaille, überzeugte aber mit Team Spirit. Warum Leichtathletik auch Teamsport ist.
Kurz nach ihrer Qualifikation für das Kugelstoß-Finale bei der Hallen-EM in Apeldoorn ist Olympiasiegerin Yemisi Ogunleye eine Sache besonders wichtig: "Dass wir zu dritt ins Finale einziehen, das wäre mein Herzenswunsch heute." Ihr Wunsch geht in Erfüllung. Auch Katharina Maisch (LV 90 Erzgebirge) und Alina Kenzel (VfB Stuttgart) schaffen es durch die Quali. Im Finale liefern hinter Ogunleyes Silbermedaille Alina Kenzel mit persönlicher Bestweite auf Rang sechs und Katharina Maisch auf Platz sieben starke Vorstellungen ab. Der Team Spirit bei den deutschen Leichtathleten ist in vielen Momenten deutlich spürbar.
Yemisi Ogunleye: "Zu dritt ins Finale ist mein Herzenswunsch"
Ogunleye hatte bereits in der Qualifikation zu ihren Teamkolleginnen gesagt: "Wir verlassen diesen Ort nicht, wenn wir nicht alle morgen im Finale stehen." Alina Kenzel bekräftigt Ogunleyes Teamgefühl: "Es ist einfach spürbar, wenn man von acht Final-Teilnehmerinnen mit drei Deutschen dabei ist. Das macht schon was aus." Katharina Maisch freut sich ebenfalls über die Dreierkonstellation: "Wir tauschen uns aus und wir pushen uns gegenseitig." Das Trio ist mit seinen Weiten in den Top 10 in Europa. "Es ist unfassbar, wie stark das Kugelstoßen in Deutschland wieder geworden ist", freut sich Ogunleye über die Teamleistung.
Malaika Mihambo: "Ich bin für uns beide gesprungen"
Es ist eine der tragischsten Szenen bei der Hallen-EM: In ihrem letzten Versuch im Weitsprung-Finale verletzt sich die Karlsruherin Mikaelle Assani (SCL Heel Baden-Baden) am linken Beuger und muss mit dem Rollstuhl aus der Halle gefahren werden. Ihre Teamkollegin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) sieht besorgt zu und muss sich gleichzeitig auf ihren letzten Sprung konzentrieren. Es ist ein mentaler Kraftakt für die Olympiasiegerin. "Ich habe überlegt, ob ich noch zu Mikaelle gehen soll, aber ich hätte ihr kaum helfen können und musste direkt springen. Dann bin ich für uns beide gesprungen", erklärt die Olympiasiegerin nach dem Wettkampf.
Team Spirit bei den Deutschen Leichtathleten
Mit Assani im Herzen fliegt Mihambo noch zur Bronzemedaille. Danach sind ihre Gedanken aber direkt wieder bei ihrer Mannschaftskollegin. "Ich hoffe, die Verletzung ist nicht so schlimm, ich werde sie gleich erstmal fest drücken", beschreibt Mihambo ihre Gefühlslage im Interview nach dem Wettkampf. Die Kapitänin des 37-köpfigen deutschen Teams in Apeldoorn ist nicht die Einzige, bei der spürbar wird, dass Leichtathletik mehr ist, als nur Einzelkampf.
Viele der Athleten unterstützen sich gegenseitig. Langstreckenläufer Maximilian Thorwirth, der in Tübingen bei Isabell Baumann trainiert, feuert kurz nach seinem Finaleinzug seine Läuferkollegen Florian Bremm und Sam Parsons kräftig an. "Unsere Top-Läufer Robert Farken und Majtie Kolberg haben ein schwieriges Wochenende erlebt. Das darf auch mal sein. Jetzt müssen wir die Kohlen aus dem Feuer holen", erklärt Thorwirth. Die Langstreckenläufer halten auch für die Mittelstreckenläufer die Finalfahnen hoch. Sein Zitat spricht vom Teamgedanken. Es geht um alle und nicht nur um einen.
Youngster und Etablierte - ein guter Mix
Die Mehrkämpfer Marcel Meyer (Hannover 96) und Sandrina Sprengel (LG Steinach-Zollern) sind bei der Hallen-EM zum ersten Mal in der Nationalmannschaft dabei. Sie profitieren von den etablierten Athleten und können sich im Austausch mit den Erfahrenen im Team Motivation und Rückendeckung holen.
Es sind viele neue und junge Gesichter im Team des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), die Rückenwind für die Zukunft geben. Die meisten sind über den Sport hinaus befreundet und teilen sogar ihren Alltag gemeinsam. Hürden-Nachwuchshoffnung Rosina Schneider (TV Sulz) ist die Jüngste im Team. Sie wohnt zusammen mit Sandrina Sprengel in Stuttgart in einer WG. Sie war in Apeldoorn eine der Ersten morgens in der Halle, um ihre Freundin Sandrina beim Mehrkampf anzufeuern. Andersherum war Sandrina bei Rosinas Hürdenläufen zu Beginn der Hallen-EM ebenfalls in der Halle, um sie zu untersützen. Obwohl sie noch ihren eigenen Wettkampf vor sich hatte, galt immer: Team- anstatt Tunnel-Modus.
Sportvorstand Bügner möchte das DLV-Team weiterentwickeln
Auch Jörg Bügner, der Sportvorstand des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, schätzt die Atmosphäre im Team: "Die Stimmung bei uns ist bestens. Mit unseren Teamkapitänen Max Heß und Malaika Mihambo haben wir tolle Ansprechpartner und generell herrscht hier ein super Mannschaftsgefühl."
Trotzdem sei es in einigen Disziplinen beim Verband spürbar, dass der Nachwuchs fehlt. "Da müssen wir uns in den nächsten Jahren weiterentwickeln", erklärt der DLV-Sportchef. Als Vorbild nannte er unter anderem die Gastgeber aus den Niederlanden. Da könne man sich einiges abschauen.