Richard Golz

Freiburg-Legende im Interview Richard Golz: Rekord von Noah Atubolu "war nur eine Frage der Zeit"

Stand: 11.03.2025 09:02 Uhr

Knapp 25 Jahre lang hielt der ehemalige SC-Freiburg-Torwart Richard Golz den Vereinsrekord von 510 Minuten ohne Gegentor in der Bundesliga - bis Noah Atubolu ihn am Samstag einstellte.

SWR Sport: Noah Atubolu hat am vergangenen Samstag Ihren Freiburger Vereinsrekord von 510 Minuten ohne Gegentor geknackt. Wie geht es Ihnen damit?
Richard Golz: Ich kann damit sehr gut leben, denn damit wird auch die bisher herausragende Leistung der Mannschaft und des Trainerteams dokumentiert. Dazu gehört auch immer der Torwart, aber diese Serie darf man nicht nur auf ihn reduzieren. Natürlich freut es mich außerdem, dass ein junger Torwart aus der Freiburger Fußballschule immer besser wird. Wenn man den Rahmen etwas größer zieht, ist es kein Zufall. Noah spielt mit dem SC ziemlich oft zu null, der Rekord war nur eine Frage der Zeit. Ich hätte mich nur geärgert, wenn der SC das Spiel verloren hätte, nachdem meine Bestmarke ausradiert wurde.

Es lief ja nicht von Anfang an rosig für ihn. Haben Sie Atubolu diese Entwicklung zugetraut und wie weit kann es für ihn noch gehen?
Ich hatte überhaupt nicht den Eindruck, dass die Leistungen so negativ waren, wie es teilweise dargestellt wurde. Noah ist schon lange im Verein, alle Verantwortlichen kennen ihn in und auswendig. Er hat beim DFB in den U-Mannschaften gespielt und ich habe ihn vorher in der zweiten Mannschaft in der 3. Liga spielen sehen. Das ist sowas von organisch gewachsen, da konnte gar nichts schiefgehen. Es gibt keinen Grund, dass die Entwicklung nicht noch weiter geht. Aber es gibt auch keinen Grund, jetzt sofort über die A-Nationalmannschaft zu sprechen, nur weil durch zwei Verletzungen ein Bedarf entsteht. Lasst ihn weiter Erfahrungen in der Bundesliga sammeln, in der U21 spielen und nächstes Jahr mindestens Conference League. Nach der WM 2026 schauen wir mal, wie die Lage ist.

Wo sehen Sie die Stärken von Atubolu, wo hat er noch Luft nach oben?
Er strahlt eine enorme Ruhe aus, die ihm aber von einigen als Schwäche ausgelegt wird. Beispielsweise wenn es darum geht, nach Ballgewinn des Torwarts schnell umzuschalten, um einen Konter einzuleiten. Ich habe da als Ideal den jungen Manuel Neuer vor Augen oder mit Oliver Baumann einen anderen ehemaligen Freiburger Torwart. In dem Bereich geht noch was. Ansonsten ist er in allen Bereichen technisch sehr gut ausgebildet und ein veritabler Athlet.

Was macht die Freiburger Torwart-Ausbildung aus?
Die Ausbildung in Freiburg ist im Detail sehr akribisch und technisch sehr ausgereift, da hat der aktuelle DFB-Torwarttrainer Andreas Kronenberg einen hohen Standard implementiert. Noah Atubolu ist quasi das Role Model und die Benchmark dafür.

Der SC Freiburg macht ja gerade eine enorme Veränderung durch – im Jahr eins nach Christian Streich. Wie bewerten Sie die Entwicklung?
Ich widerspreche da vehement, beim SC ist ganz viel wie vorher, nur der Trainer ist ein anderer. Er setzt hier und da auf andere Spieler, aber das war es schon und ist auch das Geheimnis des Erfolgs. Kontinuität ist das Zauberwort seit mittlerweile über zwei Jahrzehnten. Harte, akribische, systematische Arbeit auf allen Ebenen und ein Plan, der über die Jahre den Gegebenheiten angepasst wurde. Sicher ist es ein Vorteil gewesen, in dieser Saison nicht international zu spielen und mehr Zeit auf dem Trainingsplatz verbringen zu können. Das Programm "Julian Schuster" konnte so viel besser installiert werden.

Manch einer im Breisgau träumt schon von der Champions League. Wo sehen Sie den Sport-Club am Saisonende?
Die Chancen stehen sehr gut, international zu spielen. Wenn die Großen schwächeln, musst du da sein, dann geht auch die Champions League. Sie waren schon einmal knapp davor und der SC ist dafür bekannt, sich stetig weiter zu entwickeln.

Am Samstag trifft der SC im Spitzenspiel auf Mainz 05. Was ist Ihr Tipp?
Das Spiel kann nur 0:0 ausgehen, denn mit Robin Zentner kommt für mich der aktuell beste Torwart der Bundesliga. Ich würde mich für ihn sehr freuen, wenn er mit einer Nominierung für die Länderspiele für seine starken Leistungen der letzten Jahre vom DFB belohnt wird. Beide Vereine haben ganz viele Gemeinsamkeiten und kämpfen aktuell tatsächlich um die Champions-League-Qualifikation. Wer hätte das gedacht?

Sendung am So., 9.3.2025 22:05 Uhr, SWR Sport, SWR