Nathalie Armbuster

Nordische Kombination Nathalie Armbruster über Skisprung-Skandal: "So viele offene Fragen"

Stand: 12.03.2025 15:55 Uhr

Nach dem Eklat um manipulierte Anzüge im Skispringen befürchtet Kombiniererin Nathalie Armbruster Schaden für weitere Disziplinen. Der Skandal und die möglichen Folgen sind ein großes Thema im Team.

Eigentlich sollten von der Nordischen Ski-WM in Trondheim vor allem fröhliche Fans, ausgelassene Stimmung und sportliche Bestleistungen in Erinnerung bleiben. Nach der Manipulation der Anzüge des norwegischen Skisprung-Teams aber hat das bunte Bild plötzlich Graustufen - die Manipulation ist nicht nur Thema in Skisprung-Teams, bei Fans und Verantwortlichen. "Es beschäftigt uns alle schon sehr", sagt Nathalie Armbruster, Nordische Kombiniererin aus Freudenstadt, im Gespräch mit SWR Sport.

Als die Norweger Johann Andre Forfang, Marius Lindvik und Kristoffer Eriksen Sundal am vergangenen Samstag disqualifiziert wurden und der norwegische Verband am Sonntag schließlich den Betrug zugab, war die Nordische Kombiniererin schon wieder zu Hause. Der Skandal aber war nicht nur in Norwegen auf den Titelseiten der großen Tageszeitungen. "Wir sitzen beim Essen und reden darüber. Wir sind beim Langlaufen und reden darüber. Es sind so viel offene Fragen", sagt Armbruster.

Nathalie Armbruster: "Schockiert über Betrug"

Und diese offenen Fragen sind in den vergangenen Tagen nicht weniger geworden. Das versuchte Jan Erik Aalbu, Sportdirektor des norwegischen Skisprung-Teams, mit einer Pressekonferenz am Sonntag. Der Verband suspendierte erst Trainer Magnus Brevig, dann noch weitere Mitarbeiter aus dem Staff des norwegischen Teams. Doch statt Antworten warf der Auftritt noch mehr Fragen auf.

"Ich bin einfach schockiert, dass da so bewusst betrogen und manipuliert wurde", so Armbruster. "Weil natürlich passiert es, dass man über die Saison mal zwei Kilo abnimmt und der Bauchumfang nicht mehr passt, und dann ist der Anzug zu groß. Das ist dann auch ein Regelverstoß." Die Manipulation der Norweger, die die Nähte der Anzüge verstärkt und damit für mehr Stabilität im fürs Skispringen so wichtigen Bereich des Schrittes gesorgt haben sollen, sei etwas anderes. "Das ist definitiv Betrug."

Zustimmung für Experte Hannawald

Dass die betroffenen Springer davon nichts gespürt haben wollen - und zuletzt ihre Unschuld im Skandal beteuerten - bezweifelt sie. "Skispringen ist so eine feinfühlige Sportart und ich bin mir sicher: So gut, wie Lindvik und Forfang springen, sind sie auch sehr feinfühlige Sportler und haben ein gutes Gefühl, auch für ihr Material", erklärt die Kombiniererin. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die beiden das nicht gespürt haben, dass so etwas an ihrem Anzug verändert wurde."

Auch ARD-Skisprung-Experte Sven Hannawald war sich da zuletzt sicher. "Ich kann Sven Hannawald da nur zustimmen", so Armbruster. "Es muss ja ein sehr stabiles Material gewesen sein – und es tut mir leid. Da kann mir keiner erzählen, dass die beiden das nicht gewusst haben."

Diskussionen auch um Kombinierer Graabak

Der Skandal um die manipulierten Anzüge - er betrifft bisher nur das Skispringen. Doch auch mit Jörgen Graabak ist bei der Nordischen Ski-WM auch ein Kombinierer disqualifiziert worden. Er soll beim Team-Wettbewerb mit einer "nicht ordnungsgemäßen Bindung" gesprungen sein. "Da hört man jetzt so viele Facetten“, verrät Armbruster. Auch die Diskussionen um die manipulierte Bindung an Graabaks Ski, die zur Kontrolle nach dem Wettkampf durch eine andere ersetzt worden sein soll, sorgt für Gesprächsbedarf. "Das hat einen sehr faden Beigeschmack. All so etwas macht jetzt einfach wahnsinnig misstrauisch. Es ist so schade für unseren Sport und tut einfach so weh."

Das sei zwar menschlich, so die 19 Jahre alte Athletin, aber sie sagt auch: "Weil wir uns leider nicht sicher sein können, dass nicht auch bei den Kombinierern was mit den Anzügen angestellt wurde. Ich wünsche mir einfach, dass die norwegischen Kombinierer da fair waren und nach den Regeln gehandelt haben."

Folgen auch für die Nordische Kombination?

Bei den norwegischen Skispringern haben sich indes bereits erste Sponsoren zurückgezogen. Es könnte könnte auch für die Nordische Kombination Folgen haben. "Das ist auch für uns ein Problem, weil die Gelder dann fehlen, wenn es darum geht, einen Weltcup auf die Beine zu stellen", glaubt Armbruster. Die gemeinsamen Wochenenden mit den anderen Disziplinen könnten künftig, vor allem in Norwegen, deutlich schwieriger werden.

Zum Saisonabschluss geht es für Armbruster und ihre Teamkolleginnen noch einmal nach Oslo - allerdings mit gemischten Gefühlen. "Ich freue mich auf Oslo, weil das unser letzter Weltcup wird und das erste Mal Großschanze. Natürlich habe ich das im Hinterkopf, was bei der WM abgegangen ist. Aber ich hoffe einfach, dass es ein fairer Wettkampf wird", sagt sie. Mit dieser Hoffnung dürfte Nathalie Armbruster nicht allein sein.

Sendung am Mi., 12.3.2025 18:40 Uhr, SWR1 Baden-Württemberg