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Fußball | Bundesliga Heidenheim und die "bittere Wahrheit" im Abstiegskampf
Der 1. FC Heidenheim hat gegen Mainz 05 die nächste Niederlage in der Bundesliga kassiert. Trainer Frank Schmidt spricht über die "bittere Wahrheit" im Tabellenkeller und erklärt, was sich ändern muss.
Frank Schmidt hatte sich warm angezogen, für das Spiel gegen Mainz 05 am Sonntagabend. Ganz sicher, weil bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt vor dem Anpfiff dicke Flocken vom Himmel fielen, vielleicht aber auch, weil er wusste – es wird ungemütlich für die Heidenheimer, in dieser Partie und im Kampf um den Klassenerhalt. War unter der dunkelgrauen Strickmütze vor dem Spiel noch der ein oder andere hoffnungsvolle Blick erkennbar, änderte sich das nach dem 0:2 gegen die Mainzer.
Während der intensiven 90 Minuten hatte Schmidt immer wieder den Kopf geschüttelt, mäanderte zwischen Hoffen und Hadern. Spätestens mit dem Abpfiff aber waren die tiefen Sorgenfalten unübersehbar. "Das war die fünfte Niederlage hintereinander in der Bundesliga und so wird es ganz schwer. Da kriegst du nicht einmal einen Blumentopf am Ende der Saison", sagte der Coach der Heidenheimer im Gespräch mit SWR Sport.
Seine Analyse, wie so oft, klar und schnörkellos. "Wir müssen Ergebnisse erzielen, müssen mal wieder in Führung gehen – weil sonst brauchen wir auch nicht sagen, wie etwas sein könnte. Dann kommt die bittere Wahrheit und da sind wir momentan drin." Die bittere Wahrheit der Heidenheimer – drückt sich nicht nur in Schmidts deutlichen Worten, sondern auch in Zahlen aus – etwa beim Blick auf die Tabelle.
Relegationsrang – und Punkte für die Konkurrenz
Da ist der FCH, der in seit seinem furiosen Aufstieg in die Bundesliga im Sommer 2023 noch nie auf einem Abstiegsplatz stand, aktuell 16. Den Relegationsrang hat das Team von Trainer Schmidt, punktgleich mit dem VfL Bochum – der am Wochenende ebenso überraschend wie verwunderlich gegen desolate Dortmunder gewann – nur aufgrund des besseren Torverhältnisses inne. Schlusslicht ist Kiel, mit nur einem Punkt weniger. Von der TSG Hoffenheim auf Nicht-Abstiegsplatz 15 trennen die Heidenheimer inzwischen schon sieben Zähler.
Zur "bitteren Wahrheit" gehört aber nicht nur die Tabellensituation, sondern auch die Tatsache, dass die Heidenheimer nach einem soliden Start ins Jahr, zuletzt sechs Spiele in Folge in der Bundesliga nicht gewonnen haben. Waren die Ergebnisse in den vergangenen Wochen noch allzu oft knapp, zeigten die Mainzer dem FCH am Sonntag – vor allem nach dem Treffer durch Jonathan Burkardt in der 29. Minute – deutlich die Grenzen auf. "Am Ende verlieren wir 0:2 – und das auch verdient", konstatierte Schmidt.
Schmidt: "Uns fehlt der Punch"
Dabei hatten die Heidenheimer zu Beginn viel investiert, waren präsent in den Zweikämpfen und schienen den Flow vom Sieg in der Conference League beim FC Kopenhagen unter der Woche mitnehmen zu können. Da hatten die Heidenheimer die Partie gegen den dänischen Rekordmeister nach Rückstand gedreht, mit Wucht und Willen den wichtigen Sieg im Playoff-Hinspiel um den Einzug ins Achtelfinale geholt.
Dass Schmidt, der bereits seit Beginn der Mehrfach-Belastung im vergangenen Sommer auf Rotation zwischen Bundesliga und Conference League setzt, gegen Mainz Tim Siersleben und Thomas Keller von Beginn an eine Chance gab, schien nach ihrer Leistung in Kopenhagen nur folgerichtig. Die Heidenheimer waren samt Keller und Siersleben gut drin in der Partie, hatten noch vor lange recht harmlosen Mainzern, die erste richtig gute Chance. "Die Möglichkeiten waren da", weiß auch Schmidt. "Aber wir haben es nicht geschafft, in Führung zu gehen. Uns fehlt einfach der Punch, das Ding durchzuziehen."
Dem FCH fehlen die Antworten
Eine Analyse, die so auch auf die Defensivleistung vor den beiden Gegentoren passen würde. Vor dem 0:1 fehlte den Heidenheimern erst der Zugriff auf dem Flügel, dann ließen sie Burkardt im Strafraum fast sträflich allein. "Dann liegen wir wieder hinten und es ist unfassbar schwer, wieder zurückzukommen", so Schmidt. Und das auch, weil eben jene Rückstände in dieser Saison auch zur bitteren Heidenheimer Wahrheit gehören. Doch damit nicht genug – nach dem Seitenwechsel waren die Mainzer, wieder mit dem ersten Torschuss, erneut eiskalt. Diesmal glänzte Burkardt als Vorbereiter, Nelson Weiper vollendete. "Da hat man dann schon gemerkt, dass uns die Antworten – was Torchancen betrifft – gefehlt haben", stellte der Coach fest.
Die Antworten auf dem Platz, sie fehlten den Heidenheimern zuletzt immer dann, wenn Effektivität gefragt war. So spielte sich das Team von Trainer Schmidt auch gegen Mainz mehr Möglichkeiten heraus, ließ im Abschluss aber Präzision vermissen – oder scheiterte am Aluminium. Der Rückstand nach knapp einer halben Stunde tat dann sein Übriges. "Immer einem Rückstand hinterherrennen, das wird mit jeder Niederlage schwieriger."
Gemeinsam zum Klassenerhalt?
Das war auch am Sonntagabend spürbar, nach dem 0:2 kurz nach der Halbzeit fast bis auf die Tribünen greifbar. Zwar mühten sich die Heidenheimer, Coach Schmidt aber konstatierte: "Da fehlte uns die Übersicht, die Klarheit, die Qualität in der einen oder anderen Situation, den Raum zu nutzen." Wie so oft, in den vergangenen Wochen. Dass die sportliche Situation Fans und Verantwortliche, Spieler und Trainer belastet, ist da wenig überraschend.
Anders als an anderen Bundesliga-Standorten, versuchen sie auf der Ostalb ruhig zu bleiben, stellen sich Medien-Anfragen, beantworten auch weniger angenehme Interview-Fragen. Statt Diskussionen mit Fans, gab es vor dem Spiel gegen Mainz zudem eine besondere Aktion.
Auf Initiative der aktiven Fanszene war das Team gut anderthalb Stunden vor Anpfiff geschlossen auf der Osttribüne, ließ sich von den Fans motivieren, suchte mit Trainern, Staff und Vorstand den Schulterschluss mit den Fans. Das Ziel: gemeinsam zum Klassenerhalt. Denn spätestens seit dem 0:2 gegen Mainz gehört auch dieser Satz von Schmidt zur bitteren Wahrheit der Heidenheimer: "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht überholt werden."
Sendung am So., 16.2.2025 23:40 Uhr, SWR Sport, SWR