Fußball | Bundesliga "Auf dem Bauernhof eingeschlossen": Julian Schuster und sein Start beim SC Freiburg
Julian Schuster war erstmals als Trainer des SC Freiburg in der Sendung SWR Sport zu Gast. Dort spricht er über seine ungewöhnliche Laufbahn und über seinen Vorgänger Christian Streich.
Nach fast 13 Jahren endete beim SC Freiburg am Saisonende der abgelaufenen Spielzeit mit dem Abgang von Christian Streich als Trainer der Badener eine Ära. Nicht nur sportlich war die Zeit unter Streich beim SCF eine erfolgreiche, auch menschlich wurde und wird der 59-Jährige in- und außerhalb des Vereins überaus geschätzt.
Schweres Erbe für Julian Schuster
Es ist nicht gerade einfach, ein solches Erbe anzutreten, könnte man meinen. Die zu füllenden Fußstapfen scheinen groß. Doch Streichs Nachfolger denkt gar nicht in diesen Kategorien. "Ich habe immer gesagt, dass es nicht darum geht, die Fußstapfen von Christian zu füllen. Er und seine Arbeit sind ein Wegweiser, der uns die Richtung vorgibt, wie man in Freiburg zu denken hat, zu arbeiten hat und wie man miteinander umgeht", sagte Julian Schuster am Sonntagabend bei SWR Sport.
Streich ist in vielen Dingen noch "Wegweiser" für Schuster und sein Team. "Es steckt in mir, den Trainerkollegen, dem Staff und den Spielern ganz viel von Christian. Das sind Dinge wie der Umgang mit der Mannschaft. Dass man auch nicht nur über inhaltliche Dinge spricht, sondern auch mal über Persönliches, über die Familie und die Kinder. Ich durfte ganz viel lernen von ihm", sagte der 39-Jährige.
Julian Schuster: Vom Kapitän zum Co-Trainer, zum Cheftrainer
Beim SC Freiburg ist Julian Schuster alles andere als ein Unbekannter. Zwischen 2008 und 2018 trug er zehn Jahre lang das Trikot der SCF, unter anderem als Kapitän, ehe er als Verbindungs- und als Co-Trainer unter Streich zu dieser Saison das Amt des Chefcoachs übernahm.
Dabei war der Weg des defensiven Mittelfeldspielers in den Profifußball höchst ungewöhnlich. Noch mit 19 Jahren spielte Schuster für den FV Löchgau in der Bezirksliga. Dass sein Weg ihn einmal in die -Bundesliga führen würde, hätten damals weder er noch seine Familie gedacht.
Irgendwie typisch Freiburg
Doch über ein Praktikum beim VfB Stuttgart und ein Probetraining bei der zweiten Mannschaft der Schwaben landete er schließlich doch genau dort. Dass er Jahre später wiederum als Trainer und ehemaliger Spieler, ohne Vorerfahrung als Chefcoach, aber mit einer großen Verbindung zum SCF, Christian Streich beerben würde, war und bleibt irgendwie typisch Freiburg.
Familienvater Schuster wusste schon früh, dass er Trainer werden will
Eigentlich hatte Schuster nie geplant, solange in Freiburg zu bleiben, wie er bei SWR Sport erzählte. Er habe sich im Breisgau aber dennoch von Anfang an wohlgefühlt. "Es ist jetzt zu unserer Heimat geworden. Unsere Kinder sind in Freiburg geboren und aufgewachsen. Für uns als Familie ist es unser Mittelpunkt, unser Zuhause", sagte der Coach.
Der vierfache Familienvater wusste übrigens schon zu seiner Zeit als aktiver Spieler, dass er später mal als Trainer arbeiten möchte. "Ich hatte eine Phase als Spieler, in der ich nicht mehr regelmäßig gespielt habe, wo ich versucht habe, aus der Sicht eines Trainers zu denken. Das hat mir total geholfen", blickte er zurück und führte aus: "Ich musste aufgrund meiner körperlichen Voraussetzungen immer anders denken und den Kopf viel einsetzen. Das hilft mir natürlich in meiner jetzigen Aufgabe. Gerade gegen Ende meiner Karriere als Spieler habe ich gemerkt, dass Dinge weiterzugeben etwas sehr Tolles ist, was ich auch weiterhin tun möchte." Und so ging Schuster seinen Weg.
Schuster und Trainerstab haben sich auf Bauernhof eingeschlossen
Die Herausforderung für ihn als neuer Cheftrainer bestand nun darin, all die Gedanken und Notizen, die er sich über die Jahre gemacht hatte, in die Praxis zu übertragen - und das waren einige. Schließlich hat Schuster Buch geführt, mit taktischen und spielerischen Inhalten, die ihm gefielen - und das schon zu Spielerzeiten.
Um das Ganze einmal zu ordnen, brauchte es einen Rückzugsort. "Wir haben uns im Trainerteam und mit dem Staff im Schwarzwald auf einem Bauernhof eingeschlossen, um eine gewisse Struktur hinein zu bekommen", erzählte Schuster bei SWR Sport.
Julian Schuster und der SC Freiburg mit gelungenem Saisonstart
Dennoch gab es viele Kritiker, die Schuster die Qualität absprachen, auf Anhieb für den Posten als Cheftrainer in der Bundesliga und die Nachfolge von Streich geeignet zu sein. Doch Schuster ließ diese Kritiker schnell verstummen.
Im seinem ersten Pflichtspiel in der Verantwortung auf der Trainerbank gab es im DFB-Pokal ein solides 4:0 gegen VfL Osnabrück. Am ersten Spieltag der Bundesliga schlug der SCF überraschend, aber vollkommen verdient, den Vizemeister VfB Stuttgart. Nach einer 0:2-Niederlage gegen den Rekordmeister FC Bayern München, in der man sich ordentlich präsentierte, drehten die Freiburger am Samstag, wie schon am ersten Spieltag, einen Rückstand und bezwangen den VfL Bochum mit 2:1.
Mit Tabellenplatz sieben und sechs Punkten aus drei Spielen haben Schuster und seine Mannschaft einen mehr als ordentlichen Saisonstart hingelegt. Wenn es nach ihm geht, darf es in den kommenden Wochen gern so weitergehen. Denn so viel weiß Schuster noch aus Spielerzeiten: "Siege sind die beste Regeneration."
Sendung am So., 15.9.2024 22:05 Uhr, SWR Sport, SWR