Saarbrücken schmeißt Bayern raus Pokal-Spiel "für die Geschichtsbücher" im Fußball-Saarland
Dem 1. FC Saarbrücken ist am Mittwochabend gelungen, was kaum jemand für möglich gehalten hätte: Der Drittligist schmeißt den großen FC Bayern aus dem DFB-Pokal.
Martina Kind
Ein "Spiel für die Geschichtsbücher" nennt FCS-Spieler Marcel Gaus das, woran er wesentlichen Anteil hatte – in der 96. Minute war es der 34-Jährige, der das Saarbrücker Ludwigsparkstadion durch ein Last-Minute-Siegtor gegen keinen Geringeren als den FC Bayern München zum Beben brachte.
Es ist ein saarländisches Fußballmärchen, das da am Mittwochabend geschrieben wurde, David hat tatsächlich Goliath besiegt – oder, wie mancherlei Medien titeln, die Bayern bis auf die Knochen blamiert.
"Das ist heute eine bittere Pille", stellte auch ein sichtlich ernüchterter Thomas Tuchel nach dem vorzeitigen Bayern-Aus im DFB-Pokal fest. "Es gibt vielleicht 100 Erklärungen oder keine. Es fühlt sich komisch an", so der FCB-Trainer.
Thomas Müller: "Alles andere als unser Anspruch"
Zum dritten Mal in den vergangenen vier Spielzeiten ist für den deutschen Rekordmeister in der zweiten Pokalrunde Schluss. "Das ist natürlich alles andere als unser Anspruch", bewertete Thomas Müller, der die am Ende wertlose Münchner Führung erzielt hatte, die Partie.
Ex-Bayern- und Nationalspieler Bastian Schweinsteiger gratulierte dem FCS zum "nicht unverdienten Sieg" dank "großem Willen, einer starken Abwehrleistung und dem nötigen Glück". Auch wenn die Bayern ab der 60. Minute sehr dominant geworden seien, hätten sie das Spiel in der ersten Halbzeit verloren, analysierte Schweinsteiger.
"Einen geileren Abend hatte ich bislang noch nicht"
Ratloses Schulterzucken auf der einen, völlige Ekstase auf der anderen Seite. Der überraschende Triumph sei "ein Highlight im Leben", sagte FCS-Spieler Calogero Rizzuto: "Wie viele Mannschaften gewinnen schon gegen Bayern? Da sah es die letzten Wochen düster aus. Einen geileren Abend hatte ich bislang noch nicht." Er könne das Erreichte noch "gar nicht realisieren".
So ging es augenscheinlich vielen seiner blau-schwarzen Kollegen. "Ich kann's nicht glauben, das ist Wahnsinn! Hätte das einer am Auslosungstag gedacht, hätte jeder gesagt, wir sind bekloppt. Das ist geil, einfach geil", jubelte FCS-Keeper Tim Schreiber, der vor allem in der zweiten Hälfte einige Chancen der Bayern vereitelte.
Auch der Trainer und Manager des FCS, Rüdiger Ziehl, schien sein Glück zunächst kaum zu fassen – schließlich sei es "ein Riesenerlebnis, dass man mal als Drittligist gegen Bayern München gewinnt." Die Mannschaft habe es sich nun verdient, ausgelassen zu feiern, auch wenn sie bereits am Samstag wieder in der Liga gegen Sandhausen gefragt ist. "Wenn man das jetzt als Trainer eines Drittligisten nicht erlaubt, würde man mich für verrückt erklären."
Sensationssieg auch Thema in internationalen Medien
Durch den sensationellen Sieg bekomme der Verein "eine Milliardenreichweite, die nicht alltäglich ist", prognostizierte Pokalheld Gaus. "Das steht überall auf der Welt." Damit sollte er Recht behalten.
Unter anderem spanische, italienische und britische Medien griffen die Niederlage der großen Bayern durch einen Drittligisten auf. Vor allem letztere wunderten sich aber auch: Warum ließ Tuchel seinen Rekordtransfer Harry Kane nicht spielen?
Er habe es eigentlich vorgehabt, erklärte der FCB-Trainer. "Es war nur noch ein Wechsel. Ich wollte zur Verlängerung warten, falls Verlängerung ist." Doch dazu sollte es – wohl wider Erwarten – nicht mehr kommen. Auch für den FC Bayern hatte der Abend in Saarbrücken etwas Historisches: Gegen einen Klub aus der 3. Liga oder darunter war der Rekordsieger letztmals in der Saison 2000/01 beim Zweitrunden-Aus gegen den damaligen Viertligisten 1. FC Magdeburg gescheitert.
Zwei Saar-Mannschaften in DFB-Achtelfinale
Auch der FC Homburg sicherte sich am Dienstagabend sein Ticket fürs DFB-Achtelfinale durch einen Sieg gegen den Zweitligisten Greuther Fürth. Damit stehen erstmals seit fast 50 Jahren wieder zwei saarländische Fußballmannschaften im Achtelfinale. Das war zuletzt in der Saison 1975/76 der Fall. Auf wen diese nun treffen, entscheidet sich schon am 5. November. Sicher ist bisher aber: Durch den Einzug ins Achtelfinale kassieren beide Mannschaften jeweils 862.400 Euro vom DFB.
"Das war aus saarländischer Sicht ein sehr erfolgreicher Spieltag im DFB-Pokal mit zwei an Spannung kaum zu überbietenden Partien. Der Satz, der Pokal hat seine eigenen Gesetze, hat sich wieder bewahrheitet", gratulierte der Saarländische Fußballverband beiden Saar-Klubs.
"Beide Teams haben eine tolle Leistung gezeigt und absolut verdient gewonnen. Jetzt freuen wir uns auf das Achtelfinale mit zwei saarländischen Mannschaften."
Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 02.11.2023 berichtet.