Simon Geschke (imago images/Sirotti Stefa)

Radprofi Simon Geschke im Interview Radprofi Simon Geschke im Interview: "Das ist meine zwölfte Tour-Teilnahme, aber das hatte ich noch nie"

Stand: 28.06.2024 18:35 Uhr

Der gebürtige Berliner Simon Geschke macht in diesem Jahr das Dutzend voll bei der Tour de France. Was er dort erwartet, welche Fahrer den Sieg unter sich ausmachen und warum er in ein Hotel investiert hat.

rbb|24: Simon Geschke, Sie haben für das Ende des Jahres Ihr Karriere-Ende angekündigt. Mit 38 Jahren wird die kommende, die 111. Ausgabe der Tour de France Ihre letzte sein. Wann würden Sie sagen, dass es ein gelungener Abschluss war?
 
Simon Geschke: Ich will das gar nicht an Ergebnissen festmachen, sondern mich einfach nochmal zeigen. Aber wenn ich ein, zwei Mal so in Ausreißergruppen bin und bei einer Etappe in die Top 10 fahre, dann wäre ich schon echt zufrieden.
 
In Ihrer Wahlheimat Freiburg können Sie in diesem Jahr nicht auftrumpfen, die wird weiträumig umfahren.
 
Ja, es ist schade. Gerade in den letzten Jahren waren immer Vogesen-Etappen dabei, auch weil man von dort relativ gut nach Paris kommt. Das ist nun ein bisschen anders. Jetzt haben wir die letzte Etappe in Nizza. Da gibt es natürlich auch genügend Berge, von daher verstehe ich das aus logistischer Sicht ganz gut.

Nicht nur der traditionelle Abschluss in Paris entfällt, auch ansonsten gibt es bei der diesjährigen Tour ein paar Besonderheiten.
 
Wir haben jetzt gleich am Anfang schwere Etappen. Keine richtigen Bergankünfte, aber auch nicht so das Bekannte, was man meistens hat bei der Tour — ein bisschen einrollen für die Sprinter, ein paar Flachetappen und vielleicht ein Zeitfahren. Es geht jetzt gleich richtig knackig los. Und dann ist der letzte Tag ein Zeitfahren. Das ist meine zwölfte Tour-Teilnahme, aber das hatte ich noch nie. Also es ist ein bisschen speziell.

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Wer sind Ihr Top-Favoriten auf den Gesamt-Sieg?
 
Ganz vorne steht für mich Tedej Pogacar. Dahinter reihen sich dann Primoz Roglic, Remco Evenepoel und Jonas Vingegaard auf einem Level ein. Ansonsten sehe ich keinen, der um mehr als Platz zwei fährt.
 
Und die deutschen Fahrer?
 
Wir haben gute Fahrer, aber da sehe ich maximal Chancen auf einen Etappensieg. Ich denke vor allem an Phil Bauhaus und Georg Zimmermann. Andere werden eher Helferrollen ausfüllen in ihren Teams, so wie Nico Denz und Nils Politt, die für Pogacar und Roglic fahren müssen und einfach weniger Freiheiten bekommen.

Apropos Freiheit: Sie haben sich die Freiheit erlaubt, etwa 80.000 Euro in die Hand zu nehmen, um im Bike Hotel Freiburg-Merzhausen mehrere Zimmer einrichten zu lassen. Dort soll ein Höhentrainingslager simuliert werden. Was ist die Idee dahinter?
 
Beim Höhentraining passt sich der Körper an die sauerstoffarme Luft an, wird dadurch effizienter. Bei uns kann man das nun ganz entspannt in Freiburg im Hotelzimmer haben. Man muss nicht mehr auf den Berg hoch. Es gibt schon so ein Hotel in Spanien und ich dachte, dass es in Freiburg auch super funktionieren würde. Hier gibt es schon viel Radsport-Tourismus, es ist eine super schöne Gegend zum trainieren und Höhentraining ist nicht nur für Leistungs- oder Profisportler interessant, sondern auch für Breitensportler wird es immer mehr zum Thema.

Nutzen Sie es denn auch selbst?
 
Ich habe es vor dem Giro gemacht dieses Jahr und jetzt auch nochmal vor der Tour, zehn Nächte.
 
Wie fühlt sich so eine Nacht an? Spürt man, dass die Luft knapp wird?
 
Ganz am Anfang auf jeden Fall. Meine Frau war auch da, die hat es auch gemerkt, die wollte da dann auch nicht da schlafen. Aber es kommt natürlich auch darauf an, wie hoch man es einstellt. Das Ziel ist natürlich nicht, dass man sich schlecht fühlt. Die ersten drei Tage ist man ein bisschen schneller aus der Puste. Dann beginnt der Körper sich darauf einzustellen.

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Ist ihr Investment auch schon ein Wink in Richtung ihrer eigenen Zukunft?
 
Das kann man so sagen. Ich würde jedenfalls ungern etwas ganz anderes machen und will dem Radsport sehr gern erhalten bleiben. Hier kenne ich mich am besten aus, hier habe ich die meisten Kontakte. Nur sportlicher Leiter will ich nicht werden. Ich will mehr zu Hause sein und da gucken wir mal, in welcher Funktion. Ganz konkrete Pläne gibt es noch nicht.

Was verbindet sie eigentlich noch mit ihrer Geburtsstadt Berlin?
 
Sehr viel! Es ist immer noch meine Heimat, auch wenn ich inzwischen schon so lange in Freiburg wohne. Aber nichtsdestotrotz kenne ich mich in Berlin noch gut aus. Ich habe ja in Mitte gewohnt, kenne also die ganzen Straßen noch, in denen damals meine Radsportkarriere ja auch gestartet ist. Und meine ganze Familie, meine Schwestern und meine Eltern, wohnt noch da.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führt Shea Westhoff.

Sendung: rbb|24 Inforadio, 28.06.2024, 19:15 Uhr