![George Boateng | Viktoria Berlin George Boateng ist neuer Sportlicher Leiter von Viktoria Berlin. (Foto: Viktoria Berlin)](https://images.sportschau.de/image/9a63da0a-9169-4043-b8ae-e811557540c2/AAABlPuhVFQ/AAABkZLrr6A/original/rbb-george-boateng-100.jpg?overlay=fed2b0f9-111a-4432-99ab-1c3fb121cf2f&overlayModificationDate=AAABjb04dkw)
Interview | George Boateng George Boateng: "Klar ist: Viktoria will immer aufsteigen"
George Boateng ist neuer Sportlicher Leiter von Viktoria Berlin. Im Interview spricht der älteste der drei Boateng-Brüder über seine neue Aufgabe, seinen Job bei Hertha BSC, das Klub-Netzwerk um Viktoria und die Lehren aus seiner Spielerkarriere.
rbb|24: Herr Boateng, Sie sind seit knapp zwei Wochen Sportlicher Leiter von Viktoria Berlin. Wie haben Sie sich bislang im Verein eingelebt?
George Boateng: Der Start war sehr gut. Hier arbeiten gute Kollegen, die es mir sehr einfach gemacht haben. Ich habe mich direkt willkommen gefühlt und es wird von Tag zu Tag interessanter, die Charaktere kennenzulernen. Ich bin mit Moni und Gerd schon ganz dicke!
Wer sind Moni und Gerd?
Die Beiden betreuen die erste Mannschaft und sind Motor wie gute Seele des Vereins. Ich hatte schon vorher viel von ihnen gehört, Spieler, die von Viktoria zu Hertha kamen, schwärmten von ihnen – jetzt weiß ich auch, warum (lacht). Wenn sie nicht da sind, funktioniert es nicht. Sie haben das Herz am rechten Fleck und sind immer bemüht.
Nach ihrer Vorstellung als Sportlicher Leiter haben Sie in einem Interview erklärt, dass Sie bei dem eher kleineren Verein Viktoria Ihre "Fähigkeiten besser ausleben" könnten, als bei größeren Vereinen, wo man "etwas kleinere Aufgaben" habe. Was haben Sie damit konkret gemeint?
Bei Viktoria habe ich aufgrund der Größe des Vereins natürlich eher die Möglichkeit, mich einzubringen – mein Know-How, meine Ideen und Beobachtungen. Das lässt sich in solch einem Verein leichter umsetzen. Bei Hertha haben sich gleich mehrere Personen über Jahre feste Strukturen aufgebaut, wodurch es einen längeren Anlauf braucht, Dinge zu platzieren. Bei Viktoria habe ich etwas mehr Freiraum.
Zudem ist es nun ja eine ganz andere Aufgabe. Bei Hertha war ich Bindeglied zwischen Spielern, Eltern, Trainern und Beratern. Wir hatten auch das ein oder andere Talenttraining, sodass Spieler, die aktuell bei Herthas U23 oder Profis spielen, durch meine Hände gegangen sind. Als Sportlicher Leiter ist es natürlich etwas anderes, weil ich sowohl die U-Mannschaften als auch das A-Team überblicken muss. Der Aufwand ist höher, aber das ist genau das, was ich gesucht hatte, sodass es wie Faust auf Auge passt.
Der "etwas größere Verein", bei dem Sie vorher gearbeitet haben, war Hertha BSC. War die Bemerkung, dort eher kleinen Gestaltungsraum gehabt zu haben, auch als kleine Spitze gedacht?
Auf gar keinen Fall! Das ist einfach mein Humor und war niemals als Spitze gemeint. Es hilft mir gerade sogar, das einmal so gespiegelt zu bekommen – dann sehe ich die Aussage noch einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel. In erster Linie bin ich Hertha sehr dankbar. Sie haben mir die Möglichkeit gegeben, mein Wissen und meine Fähigkeiten in den Verein einbringen zu können. Ich konnte mit hoch talentierten Jugendspielern arbeiten. Das war der große Verdienst von Andreas "Zecke" Neuendorf, der etwas in mir gesehen hat. Deshalb: ein fettes Dankeschön an Hertha! Ich wollte einfach nur die jeweiligen Größen der beiden Klubs gegenüberstellen, mehr nicht.
Wie sah Ihr Arbeitsalltag bei der "alten Dame" aus?
Ich habe täglich mit Spielern, Eltern und Trainern gesprochen. In so einer Akademie herrscht großer Druck, viele Jungs trauen sich dann auch nicht, aus sich herauszukommen. Ich hatte einen guten Draht zu den Jungs, die gemerkt haben, dass ich ihnen nichts erzählt habe, von dem ich keine Ahnung habe. Alles, was ich ihnen mitgeben konnte, habe ich entweder selbst erlebt oder bei meinen Brüdern gesehen. Das war eine sehr wichtige Aufgabe in der Akademie, weshalb es mir nicht leichtfiel, zu gehen. Davon habe ich viel für meine neue Aufgabe lernen können.
![Pyrofackel Energie Cottbus | imago/Fotostand Ein Zuschauer hält einen "Pyro" in die Höhe beim Spiel Erzgebirge Aue gegen Energie Cottbus. (Bild: imago/Fotostand)](https://images.sportschau.de/image/357e46a1-6516-4ef4-a115-c66704e10808/AAABlPuhXEA/AAABkZLngyM/1x1-256/rbb-pyrofackel-energie-cottbus-100.jpg)
Sie arbeiten nun bei einem Verein, der sich mit Austria Klagenfurt in Österreich und HNK Sibenik in Kroatien in einem Klub-Netzwerk von Investor Zeljko Karajica befindet und dorthin Talente ausbilden soll. Wie definiert Viktoria Erfolg? Wenn der Verein selbst sportlich möglichst erfolgreich ist oder wenn jede Saison möglichst viele Spieler weiter nach Österreich und Kroatien ziehen?
Es ist eine Mischung aus beidem. Bei solch einem Umbruch wie diesem braucht es Fingerspitzengefühl. Das ist aber genau meine Rolle, da sehe ich mich. Wir werden weiterhin viele Spieler ausbilden. Das jüngste Beispiel ist Metehan Yildirim, der mit 19 Jahren und nur 39 Regionalliga-Spielen im Januar an Eintracht Frankfurt verkauft wurde. Wir bilden sehr gerne aus und wollen Spieler in den Profi-Fußball überführen.
Klar ist aber auch: Viktoria will immer aufsteigen. Es muss nur zur richtigen Zeit kommen, es muss passen. In der laufenden Saison wollen wir die Klasse halten und einen gesunden Mannschaftskern aufbauen. Es sind viele junge Spieler in ihrem ersten Männerjahr. Zukünftig werden wir aber immer nach oben gucken.
Sie sind Ur-Berliner und wissen somit, wie wichtig es ist, sich als Fußballverein einen Namen in der Stadt zu machen. Welches Image soll Viktoria bei Berliner Fußballern haben und wie wollen Sie dabei helfen?
Das Image soll ganz klar sein: Von Berlin, für Berlin. Das wurde mit meiner Personalie bestätigt. Wir wollen durch und durch ein Berliner Verein sein. Wir wollen Talente aus Berlin und Brandenburg finden und ausbilden.
Sie haben im Nachwuchsbereich bei Hertha BSC und im Herrenbereich für Türkiyemspor, Tasmania, den Nordberliner SC sowie beim CFC Hertha 06 gespielt – trotz vorhandenen Talents ging es nicht in den Profi-Bereich. Können Sie aus Ihrer Spieler-Vita Lehren ziehen, die Sie nun jungen Spielern auf den Weg mitgeben wollen?
Bei mir war damals der Kopf noch nicht dort, wo der Körper bereits war. Ich hatte schon Talent und war nicht schlecht, aber es gehört eben auch das richtige Mindset dazu. Vielleicht hätte ich damals auch jemanden gebraucht, der an meiner Seite steht und mir Tipps geben kann. Und vielleicht wäre ich dann auch woanders gelandet, aber es sollte so sein. So kann ich zukünftig jüngeren Spielern ein Beispiel sein. Es hat alles seinen Weg gefunden und ich bin mit meiner neuen Position zufrieden.
Sie streben sicherlich ein langfristiges Engagement bei Viktoria an. Was müsste in den nächsten Jahren unter Ihnen gelingen, damit sie und der Verein die Zusammenarbeit als erfolgreich bewerten?
Wir wollen es schaffen, cooler, massentauglicher und präsenter in Berlin zu werden. Ich glaube, viele wissen gar nicht, wie cool Viktoria ist. Hier macht es wirklich Spaß, wir haben eine gute Anlage in Lichterfelde. Viel wichtiger ist es aber, sportlich erfolgreich zu sein. Wir wollen kurzfristig in die 3. Liga aufsteigen und stets am Maximum kratzen. Ich bin nicht hierhergekommen, um mich in ein gemachtes Nest zu setzen. Ich glaube, man spürt bereits im Verein, dass ich hinter allem hinterher und ein kleiner Disziplinfanatiker bin. Das wird uns alle besser machen. Ich kann auch von den Angestellten lernen. Eine Win-Win-Situation.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Marc Schwitzky, rbb|24 Sport.
Sendung: rbb24, 12.02.2025, 21.45 Uhr