BBL-Finale gegen München Für Alba steht die Tür zum Titel plötzlich offen
Für Alba Berlin ist mit dem Sieg im zweiten Spiel der Finalserie in München plötzlich wieder alles möglich. Gegen den großen Favoriten braucht es aber auch zu Hause einen Kraftakt.
3:46 Minuten waren am Montag im ersten Viertel noch zu spielen, als Bayerns Carsen Edwards einen Dreier zur 18:5-Führung verwandelte. In diesem Moment hatten sich die meisten Alba-Fans wohl schon darauf vorbereitet, die zweite Niederlage ihres Teams in dieser Finalserie um die Basketball-Meisterschaft gegen München zu erleben und vor dem Aus zu stehen.
Doch was dann folgte, war die wohl größte Berliner Überraschung der gesamten Saison. Mit unglaublicher Moral und hohem Energieaufwand drehte Alba die Partie, klaute den Münchnern ein Spiel in eigener Halle und machte deren Heimvorteil zu nichte.
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Ein altbekanntes Erfolgsrezept
Dass Alba Berlin in einer Finalserie gegen Bayern auswärts gewinnen und nun plötzlich mit einer Titelchance in die zwei Heimspiele am Mittwoch (20:30 Uhr, live im rbb|24-Stream) und Freitag (18 Uhr) gehen würde, damit hätte wohl vor dem Beginn der BBL-Playoffs niemand gerechnet.
Zum einen, weil der Kader der Bayern in dieser Saison wohl qualitativ das Beste ist, was die Bundesliga je gesehen hat. Zum anderen, weil hinter den Basketballern aus der Hauptstadt nach dem Umbruch im vergangenen Sommer eine schwierige Saison liegt.
In der Euroleague wurden sie abgeschlagen Letzter und auch in der Bundesliga gab es immer wieder Ausreißer nach unten. Doch gerade jetzt, in der entscheidenden Phase am Ende der Spielzeit, scheint Alba seine DNA wieder gefunden zu haben. Team-Basketball, Zusammenhalt, hohe Energie, große Moral und knallharte Defensive – das waren bereits in der Vergangenheit die Schlüssel, mit denen es gelang, von 2019 bis 2022 drei Mal in Folge deutscher Meister zu werden, obwohl man nicht immer die meiste Qualität im Kader hatte. Und genau mit diesem Spielstil gelang nun auch der Ausgleich in der Finalserie.
Ohne Aufbauspieler – dafür mit starker Defensive
Der 79:70-Sieg am Montag war in erster Linie ein gemeinsamer Kraftakt. Die seit Wochen anhaltenden Verletzungsprobleme erforderten besonderen Einsatz der übriggebliebenen Akteuren. Zumal die Liste an Ausfällen nicht kleiner geworden ist. In der Halbfinalserie gegen Chemnitz verletzte sich mit Martin Hermannsson auch noch der letzte Aufbauspieler im Kader und eine absolute Schlüsselfigur der Mannschaft.
Dass bei den Berlinern aber derzeit Einstellung und Wille stimmen, zeigt sich wunderbar am Beispiel Malte Delow. Gegen die Bayern springt er in der für ihn ungewohnte Rolle des Point Guards ein und macht das richtig gut. Gerade in der Verteidigung war er beim Sieg am Montag ein großer Faktor. Blitzschnell eilte er von Help-Defense zu Help-Defense und machte dem Gegner die Würfe schwer.
Und auch Trainer Israel Gonzalez geht ungewohnte Wege: Wie schon im Halbfinale überraschte er den Gegner immer wieder mit einer Zonenverteidigung. Während diese gegen Chemnitz noch klassisch ausfiel, setzte der spanische Coach im Spiel zwei gegen die Bayern auf eine durchaus ausgeklügelte und ungewöhnliche Variante und brachte den Gegner so zeitweise zur Verzweiflung.
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Ein Duo trumpft auf
In der Offensive sind derweil Sterling Brown und Matt Thomas plötzlich nicht mehr zu stoppen. Brown überzeugt in den Playoffs mit einem soliden Ballvortrag und ist stark im Eins-gegen-Eins. Auch am Montag konnte sich der US-Amerikaner wieder viele freie Würfe erarbeiten, traf vier von sieben Dreierversuchen und kam auf 17 Punkte. Auch Bilderbuch-Shooter Thomas zeigte sich in München erneut treffsicher. Bereits im entscheidenden fünften Spiel gegen Chemnitz sorgte der ehemalige NBA-Profi mit unglaublichen Würfen für den Finaleinzug, in Spiel zwei der Finalserie setzte er diese Form fort und steuerte erneut 21 Punkte zum Berliner Sieg bei.
Während beide in der regulären Saison – so wie die gesamte Mannschaft – noch sehr wechselhafte Leistungen zeigten, liefern sie derzeit konstant ab. Dass auf das Duo Verlass ist, kommt auch Johannes Thiemann zugute. Über weite Strecken der Spielzeit lag viel Last auf den Schultern des Kapitäns und er galt als absoluter Leistungsgarant. Ausgerechnet in der heißen Phase kämpft er nun allerdings mit einer gereizten Patellasehne und ist nur bedingt einsatzfähig.
Umso wichtiger ist es also, dass Brown und Thomas so stark aufspielen und Thiemann die Chance geben, sich weiter zu erholen. Am Montag lief es sogar so gut, dass Trainer Israel Gonzalez es sich leisten konnte, den Weltmeister im letzten Viertel nur eine Minute lang aufs Parkett zu schicken. Schließlich soll dieser nicht nur für die aktuelle Finalserie wieder fit werden, sondern auch die Olympischen Spiele im kommenden Monat in Bestform bestreiten.
Favoritenrolle bleibt bei München
Mit zwei Siegen in der Arena am Ostbahnhof könnte Alba nun den zwölften Titel der Vereinsgeschichte feiern. Schon ein Sieg würde aber reichen, um ein fünftes Spiel in München zu erzwingen. Obwohl der Überraschungssieg am Montag und die aktuell starken Leistungen dafür Mut machen, tritt Trainer Gonzalez auf die Euphorie-Bremse.
"Das wird sehr, sehr schwer. Bayern hat unglaubliche Spieler und einen unglaublichen Coach“, erklärt der Spanier. Auf die Frage, ob sich die Ausgangslage in der Best-of-five-Serie beim Stand von 1:1 geändert habe und Alba nun psychologisch im Vorteil sei, antwortet er deutlich: "Nein, überhaupt nicht."
Natürlich bleibt Bayern schon allein wegen der individuellen Qualität weiter Favorit und ist wohl jderzeit in der Lage zu dominieren. Dennoch hat Alba eindrucksvoll bewiesen, dass sie durchaus in der Lage sind, den großen Favoriten zu schlagen. Und mit nur einem Berliner Heimsieg könnte in dieser Serie plötzlich alles möglich sein.
Sendung: Der Tag, 11.06.2024, 19:15 Uhr