Basketballerin mit Olympia-Traum Sonja Greinachers - Paris als Karriere-Krönung
Sonja Greinacher, Basketballerin des Olympia-Stützpunktes in Hannover, will sich kurz vor dem Ende der Karriere ihren größten sportlichen Traum erfüllen: die Teilnahme an den Spielen in Paris. Dafür stellt sie alles hinten an - und bestreitet eine ungewöhnliche Vorbereitung.
Es ist die letzte Chance, da macht sich die 31-Jährige nichts vor. "2028 schaffe ich körperlich nicht mehr", sagte Greinacher dem NDR. Greinacher zieht aus dieser Tatsache eine große Motivation und den unbedingten Willen, die späte Chance zu ergreifen und den größten sportlichen Traum zu verwirklichen: die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen im kommenden Jahr in Paris.
Diesen Traum hat sie, seit sie sieben Jahre alt ist. 24 lange Jahre. Und für den weitesten Teil ihrer Karriere war er unerreichbar aus einem ganz schlichten Grund: Der deutsche Frauen-Basketball war zu schlecht, zu weit weg von Weltklasse-Niveau - und damit von Olympia.
"Es sind die wahrscheinlich wichtigsten Spiele meines Lebens."
— Basketball-Nationalspielerin Sonja Greinacher
Nun eröffnet sich im Spätherbst ihrer Karriere für die 1,88 Meter große Greinacher, die als Forward oder Center spielen kann, doch noch die Möglichkeit. Selbstverständlich ist das nicht. Denn eigentlich hatte sie im Jahr 2021 ihre Laufbahn in der deutschen Fünf-gegen-Fünf-Nationalmannschaft beenden und sich stärker auf das kleinere "3x3"-Format (Drei gegen Drei) konzentrieren wollen, in dem sie 2019 deutsche Meisterin geworden war.
Platz sechs bei der EM
Der Verband bekniete die gebürtige Essenerin, "dass die erfahrenen Spielerinnen das Team doch noch leiten sollten". Sie blieb - und das setzte eine sensationelle Kette von Ereignissen in Gang. An der Greinacher, die mittlerweile in Hannover wohnt und dort am Olympiastützpunkt trainiert, ihren Anteil hat. "Wir haben uns für die EM qualifiziert. Dann wollte ich die EM spielen", erzählt sie.
Doch es kam noch besser. Bei den Europameisterschaften in Slowenien und Israel in diesem Sommer lief es so gut, dass sich die deutschen Basketballerinnen mit Rang sechs einen Platz für das Olympia-Qualifikations-Turnier sicherten. Die Nationalmannschafts-Karriere zu beenden, war nun erst recht keine Option mehr.
Basketballerinnen im Februar beim Quali-Turnier in Brasilien
Vom 8. bis 11. Februar geht es für Deutschland in Brasilien nun um die erstmalige Teilnahme am olympischen Frauen-Basketballturnier. Es ist eine schwere Gruppe: Serbien ist zweimaliger Europameister, Australien und Brasilien gewannen je einmal den Weltmeistertitel. "Es sind die wahrscheinlich wichtigsten Spiele meines Lebens", sagt die 31-Jährige.
Die Dimension, die die Partien für eine Sportlerin wie Greinacher haben, verdeutlicht Boris Ullrich, Leiter des Olympiastützpunktes in Niedersachsen: "Sich dieser Sache hinzugeben, tausende von Trainingsstunden, um überhaupt den Anschluss an ein Weltklasseniveau zu schaffen." Je nach Ausgangslage taxiert er die Anzahl der Stunden auf 5.000 bis 8.000, um sich nach oben zu arbeiten.
Doppelte Vorbereitung, unterschiedliche Belastung
"Es ist echt ein langer Weg", findet auch Greinacher. "Auch körperlich gab es Momente, in denen ich gedacht habe: 'Ich weiß nicht, ob ich es bis dahin noch schaffe und ob es das von der Arbeit her alles noch wert ist.'" Und auch wenn die Knie und Sprunggelenke schmerzen und der "Verschleiß einfach spürbar" sei, war die Frage schnell beantwortet: Ja, es ist den Aufwand und die Entbehrungen wert.
Und so wird sie noch einmal "alles andere hinten anstellen" für den großen Traum. Ungewöhnlich dabei: Greinacher, die ihre Karriere in ihrer Geburtsstadt Essen startete und mit Basket 90 Gdynia polnische Meisterin wurde, hat keine Vereinsmannschaft, also keinen regulären Trainings- und Ligabetrieb.
Die Vorbereitung stellt sie so also vor besondere Herausforderungen - zumal sie sich gleich doppelt in Form bringen muss: für das Drei-gegen-Drei sowie für das Fünf-gegen-Fünf. Denn nachdem sie lange Jahre nie die Chance hatte, um eine Olympia-Teilnahme zu spielen, hat sie nun gleich die doppelte Gelegenheit.
Training mit den TKH-Basketballerinnen in Hannover
Aber auch eine doppelte Belastung, wie ihr Trainer und langjähriger Weggefährte Robert Birkenhagen erklärt: "Das sind ganz unterschiedliche Arten der Belastung." Glück hat Greinacher, dass mit Sidney Parsons die Co-Trainerin der Nationalmannschaft auch die Cheftrainerin der TKH-Basketballerinnen in Hannover ist, sie im Januar also dort in den Trainingsbetrieb einsteigen kann.
Auf einmal hat sie also gleich zwei Eisen im Feuer. Wo schätzt sie die Chancen realistischer ein, es zu schaffen? Eher im Fünf-gegen-Fünf, sagt Greinacher, weil dort die Zahl der Teams, die sich qualifizieren, mit zwölf höher ist. Drei sind es pro Vierer-Qualifikationsturnier.
Der Auftrag: die Qualifikation für "3x3" und Fünf-gegen-Fünf
Und wie entscheidet sie sich, falls es in beiden Wettbewerben klappen sollte? "Die Frage haben wir nach hinten geschoben", der Auftrag sei "jetzt erst mal, sich für beide zu qualifizieren". Sollte das gelingen, "haben einige Leute da eine Stimme": der Verband, die Trainerinnen und Trainer, aber auch die Spielerinnen.
Und wenn es nicht klappt? "Die Enttäuschung wäre schon sehr, sehr groß. Aber das Leben geht auch dann weiter." Man müsse immer "damit rechnen, dass es am Ende nicht klappt, aber man muss auch alles versuchen." Genau in diesem Verständnis versucht Greinacher, ihre letzte Chance zu ergreifen. Eine Chance, die sie in ihrer Karriere die längste Zeit nicht hatte.
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Sportclub | 10.12.2023 | 22:50 Uhr