Protest gegen DFL Verhärtete Fronten zwischen Fans und der Liga
Die Fan-Proteste gegen die Investoren-Pläne der Deutschen Fußball Liga (DFL) halten an. Am Sonntag sorgten Anhänger von Hannover 96 im Nordduell mit Hansa Rostock durch das Werfen von Tennisbällen für Spielunterbrechungen, auch in Wolfsburg flogen Gegenstände. Am Vortag hatte bereits das Duell Hertha BSC - HSV vor dem Abbruch gestanden.
Ab der zwölften Minuten flogen bei Hannovers 2:1-Sieg über Rostock im WM-Stadion am Maschsee gelbe Filzkugeln auf den Rasen. Schiedsrichter Alexander Sather (Grimma) unterbrach die Zweitliga-Partie zunächst acht Mal (!), bevor er die Mannschaften in der 24. Minute in die Kabinen schickte.
Nach neunminütiger Unterbrechung pfiff der Referee die Begegnung wieder an. Sofort wurden wieder einige Tennisbälle in den Strafraum von 96 geworfen. Sather ließ dennoch weiterlaufen.
Ausgebremst: Hannovers Torwart Ron-Robert Zieler inmitten von Tennisbällen.
Beim Bundesliga-Spiel zwischen dem VfL Wolfsburg und der TSG 1899 Hoffenheim (2:2) stoppte Schiedsrichter Florian Badstübner nach etwa 30 Minuten die Begegnung, weil Fans kleinere Gegenstände auf das Spielfeld geworfen hatten. Ordner beseitigten daraufhin die Flummis, auch ein Laubbläser kam gegen das Konfetti zum Einsatz. Nach etwa fünf Minuten ging es weiter.
Hertha-Fans sorgen für lange Unterbrechung
Am Samstagabend hatten Fans von Hertha BSC im Spiel gegen den Hamburger SV (1:2) mit einem nicht enden wollenden Regen an Tennisbällen beinahe für einen Abbruch der Partie gesorgt. Schiedsrichter Daniel Schlager (Rastatt) unterbrach die Begegnung kurz nach der Halbzeit für 30 Minuten. "So ein Protest bringt uns nicht weiter. Aber wir müssen aufpassen, dass wir die DNA im Fußball nicht verlieren", sagte Hertha-Stürmer Fabian Reese.
"Ich weiß nicht, wie weit das noch gehen kann und soll, aber wir müssen zueinander finden."
— Hansa-Trainer Mersad Selimbegovic
Schon in den vergangenen Wochen hatten Fans in sämtlichen Bundesliga-Stadien durch das Werfen von Schokoladentalern, Flummis und Tennisbällen immer wieder für Unterbrechungen gesorgt, die aber bislang nie ein solches Ausmaß erreichten.
"Für uns als Spieler ist es doof. Man kommt nicht ins Spiel, man kann keine Energie ins Spiel bringen. Wiederum kann man die Fans auch ein Stück weit verstehen, dass sie enttäuscht und sauer sind", sagte Hansa-Profi Kai Pröger nach der Partie in Hannover. "Man muss den Fokus aufrechterhalten. Aber natürlich ist das ein Einschnitt im Spielgeschehen und ärgerlich", befand Hannovers Keeper Ron-Robert Zieler, und auch sein Trainer Stefan Leitl war not amused: "Unmut äußern, da geh' ich mit, aber für mich war es heute einer drüber."
Anhänger protestieren gegen Investoren-Einstieg in die DFL
Die Anhänger protestieren mit den Aktionen vor allem gegen die jüngsten Pläne der DFL über die Zusammenarbeit mit einem Investor. Sie befürchten unter anderem eine verstärkte Kommerzialisierung und den Verlust der Fußball-Seele.
"Diese Abstimmung mit der Zustimmung, dass ein Investor in die Liga einsteigen kann, ist total falsch. Und wir müssen irgendwie versuchen, uns dagegen zu wehren", erklärte ein Vertreter der Hertha-Fanszene der Berliner Mannschaft nach dem Spiel. Auch ein Spielabbruch wäre in Kauf genommen worden, hieß es.
Aufhalten lässt sich der Prozess allerdings nicht mehr, nachdem der Investoren-Einstieg am 11. Dezember bei der Versammlung der 36 Erst- und Zweitligisten exakt mit der notwendigen Zweidrittel-Mehrheit von 24 Stimmen durchgewunken worden ist.
DFB-Kontrollausschuss wird aktiv
Die Entscheidung fällt nur noch zwischen zwei Kandidaten: CVC und Blackstone. Die Gesprächen befinden sich mittlerweile in der "kritischen" und "entscheidenden Phase", sagte DFL-Geschäftsführer Marc Lenz zuletzt: "Wir sind aktuell in den Verhandlungen." Zudem betonte er erneut, dass der Investor an den Erlösen aus dem Verkauf der Medienrechte beteiligt werde - und keine Anteile an der DFL selber kauft.
Der DFB teilte am Sonntag mit, dass der Kontrollausschuss in der neuen Woche die Vorgänge rund um die Spielunterbrechung untersuchen werde. Aus der Recht- und Verfahrensordnung geht hervor, dass die Geldbuße in der Regel maßgeblich von der Menge der geworfenen Gegenstände und der Länge der Spielunterbrechung abhängt.
Sportrechtler: Fans in der Haftung
Der DFB dürfte einige empfindliche Geldstrafen verhängen, und die Vereine könnten die Fans theoretisch bei den Kosten in die Pflicht nehmen. "Das ist ein Schadenersatzanspruch und den kann man bei den Fans durchsetzen", sagte Sportrechtler Paul Lambertz. "Nicht bei allen Anhängern, sondern nur bei denen, die diese Störung herbeigerufen haben. Da muss man dann auch schauen, ob man die identifiziert kriegt."
Für die betroffenen Fans könne das kostspielig werden. "Das sind dann schnell Zehntausende, vielleicht sogar Hunderttausende von Euro, die da als Schadenersatz im Raum stehen können", erklärte Lambertz. "Das sind auch keine Forderungen, denen man sich im Wege einer Privatinsolvenz entziehen kann." Diese seien nicht von der Restschuldbefreiung erfasst.
Allerdings ist dieses Szenario unwahrscheinlich, denn den Clubs wird es vor allem darum gehen, die Situation zu befrieden und zu lösen. "Ich weiß nicht, wie weit das noch gehen kann und soll, aber wir müssen zueinander finden", sagte Hansa-Trainer Mersad Selimbegovic.
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Sportclub | 04.02.2024 | 22:50 Uhr