NDR-Sport Mit viel Mut: Holstein Kiel arbeitet am Wunder von der Förde
Bundesliga-Aufsteiger Holstein Kiel hat sich nach einem schwierigen Start in die Saison inzwischen richtig gut eingegroovt. Das 4:2 gegen Borussia Dortmund untermauert: Der Glaube an den Klassenerhalt ist da. Am Sonnabend empfangen die "Störche" die TSG 1899 Hoffenheim.
Es gab Phasen in dieser Saison, da war es für den Aufsteiger Holstein Kiel und seine Fans in der Bundesliga einfach nur unglaublich ernüchternd. Das Heimspiel gegen Bayern München etwa, das am dritten Spieltag krachend mit 1:6 verlorenging und bei dem es auch gut und gerne zweistellig hätte werden können.
Oder die ersten Auftritte im Holstein-Stadion in ihrer Gesamtheit. Aus den ersten vier Heimspielen holte der Neuling nicht einen Punkt. Eigene Treffer waren zu jener Zeit Balsam für die Seele. 3:14 Tore lautete die Bilanz nach den ersten vier Heimauftritten.
Alles sah zu dem Zeitpunkt so aus, wie es von vielen Beobachtern prognostiziert worden war: Holstein spielt ein Jahr im Konzert der Großen mit, nimmt gutes Geld ein und kehrt dann in die Zweitklassigkeit zurück - gewogen und für zu leicht befunden!
Der Glaube an den Klassenerhalt ist zurück
Am Dienstagabend gegen 20.30 Uhr hätte der Kontrast zu jenen Tagen aus der Anfangszeit in der Eliteliga stärker kaum sein können. Im Holstein-Stadion herrschte unter Flutlicht eine fantastische Partystimmung. Die KSV-Fans unter den 15.034 Zuschauern jubelten über den vollauf verdienten 4:2-Erfolg gegen Champions-League-Teilnehmer Borussia Dortmund, der ihnen auch zugleich so viel Mut macht dafür, dass das Wunder an der Kieler Förde tatsächlich gelingen könnte.
Fest steht: Der Glaube an den Klassenerhalt ist zurück. Tristesse und scheinbare Aussichtslosigkeit im sportlichen Wettbewerb der Eliteliga - war da mal etwas?
Neun Punkte aus den vergangenen fünf Heimspielen
"Wir wissen, dass wir es auch in der Bundesliga können", sagte Holstein-Stürmer Fiete Arp, der per Weitschuss ins leere Tor für das 4:2 sorgte und damit die Partie entschied, im Interview mit dem NDR.
Die Zuversicht speist sich vor allem daraus, dass zu Hause jetzt plötzlich ganz viel geht. Aus den vergangenen fünf Heimspielen holte die Mannschaft von Trainer Marcel Rapp starke neun Punkte. Mit dem 1:0 gegen den 1. FC Heidenheim am 2. November wurde der Bann gebrochen. Es war ein historisches Erlebnis, war damit doch der erste Sieg in der Bundesliga vollbracht.
Holstein Kiel: Vorletzter mit viel Selbstvertrauen
Und das 4:2 gegen Dortmund war nicht das erste Spektakel in Kiel. Bereits im letzten Heimspiel vor der Winterpause hatten die Kieler gezeigt, wozu sie in der Lage sind: Der FC Augsburg wurde mit einer 1:5-Packung auf den Heimweg geschickt. Zu sehen ist, dass der Neuling mutiger auftritt als in den ersten Partien der Saison. Und das macht sich bezahlt.
Zwar hat die KSV Holstein die Hinrunde auf dem vorletzten Tabellenplatz abgeschlossen, und elf Punkte sind eigentlich auch nicht viele nach der Hälfte der Spiele. Aber Kiel nimmt etwas mit in die Rückrunde, das noch von großem Wert sein kann: Das Wissen, dass bei eigener Top-Leistung selbst gegen Top-Teams etwas möglich ist. Immerhin gelang ja auch ein 2:2 bei Meister Bayer Leverkusen.
Für solche Spiele spielt man Fußball."
— Holstein.Kapitän Timo Becker
Vom Triumph gegen Dortmund erhoffen sie sich in Kiel einiges. "Dieses Spiel ist eine große Motivation für die kommenden Wochen. Es war ein besonderer Abend", sagte Mittelfeldspieler Magnus Knudsen. Und Kapitän Timo Becker, ein Ex-Schalker, befand: "Für solche Spiele spielt man Fußball. Es ist einfach geil, solche Mannschaften zu Hause zu schlagen."
Holtby für zwei Spiele gesperrt
Einen Wermutstropfen gab es allerdings auch: Routinier Lewis Holtby sah nur zehn Minuten nach seiner Einwechslung wegen eines rüden Fouls gegen Felix Nmecha die Rote Karte. Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sperrte den 34-Jährigen am Mittwoch für zwei Spiele. Holtby und der Verein haben dem Urteil zugestimmt.
Gelingt Kiel gegen Hoffenheim die Revanche?
Weiter geht es für die Kieler schon am Sonnabend, mit einem Heimspiel. Dann ist um 15.30 Uhr (im Livecenter bei NDR.de) die TSG 1899 Hoffenheim zu Gast, eine Mannschaft, die in der Tabelle gar nicht so viel besser dasteht als die "Störche". Ein weiterer Erfolg gegen die Kraichgauer, gegen die es zum Saisonauftakt eine 2:3-Niederlage gab, wäre somit im Kampf um den Klassenerhalt besonders wertvoll.
"Jetzt können wir mit viel Selbstvertrauen ins Spiel gegen Hoffenheim gehen", sagte Becker dem NDR nach dem Sieg gegen Dortmund: "Und dann gilt es gegen Hoffenheim so weiterzumachen wie heute, damit wir dann auch als Sieger vom Platz gehen können." In Kiel entdecken sie gerade ihre Möglichkeiten.
Holstein überholt in der Ewigen Tabelle Tasmania Berlin
Und vielleicht gibt es noch zusätzlich etwas Rückenwind durch eine andere Rangliste. In der Ewigen Tabelle der Bundesliga ist Holstein nicht mehr Letzter - die "Störche" überholten durch den Heimsieg gegen Dortmund den SC Tasmania 1900 Berlin, diesem Synonym für Erfolglosigkeit in der Eliteliga. Das Team aus Neukölln sammelte in der Saison 1965/1966 in 34 Partien umgerechnet zehn Punkte (15:108 Tore) ein. Kiel steht nun nach 17 Begegungen bei elf Zählern auf Rang 57. Bis zum VfB Leipzig sind es für die Norddeutschen neun Zähler, bis zu Blau-Weiß 90 Berlin zehn.
Dieses Thema im Programm:
Schleswig-Holstein Magazin | 15.01.2025 | 19:30 Uhr