2. Bundesliga Hannover 96 im Teamcheck - Letzte Chance für den Dreijahresplan
Mit der Verpflichtung von Trainer Stefan Leitl 2022 verkündete Hannovers damaliger Clubchef Martin Kind einen Dreijahresplan, an dessen Ende der Bundesliga-Aufstieg stehen soll. Dass der den 96-Fußballern tatsächlich kommende Zweitliga-Saison gelingt, ist fraglich. Der Teamcheck.
Rang sechs, Rang 13, Rang elf, Rang zehn, Rang sechs - so lauteten die Platzierungen der "Roten" in den vergangenen Zweitliga-Jahren. Meist zählten die Niedersachsen in diesen Spielzeiten zumindest zum erweiterten Favoritenkreis, wirklich dicht dran am Aufstieg waren sie aber nie.
Das soll sich nun ändern. In Stefan Leitl geht erstmals seit zehn Jahren ein 96-Coach in seine dritte Saison in Hannover. Dennoch ist viel Optimismus nötig, um Hannover tatsächlich als Aufstiegskandidaten zu sehen - zumal auch in der Clubführung nach der Entmachtung von Kind trotz dessen beschwichtigender Worte wenig Ruhe herrscht.
So lief die vergangene Saison
Die Spielzeit 2023/2024 war exemplarisch für das unstete Bild, das Hannover 96 in der jüngeren Vergangenheit abgegeben hat. Nach schwachem Auftakt (zwei Remis in der Liga und Pokal-Aus in Sandhausen) berappelte sich das Team und belegte nach dem 2:0-Sieg im Derby gegen Eintracht Braunschweig zwischenzeitlich - am 12. Spieltag - den dritten Tabellenplatz.
Dem Tief zum Ende der Hinrunde folgte ein Hoch zu Beginn der Rückrunde, das Leitl-Team war wieder auf Tuchfühlung zu den Top Drei der Liga. Von Mitte Februar bis Saisonende gelangen in zwölf Partien jedoch nur noch drei Siege - zu wenig für den Aufstieg. Als Sechster hatte Hannover am Saisonende elf Punkte Rückstand auf Rang drei.
Wer kam, wer ging?
Zehn Abgänge hat Hannover bislang zu verzeichnen, darunter Leistungsträger wie Cedric Teuchert (St. Louis City), Julian Börner (pausiert), Louis Schaub (Rapid Wien) und Bright Arrey-Mbi (SC Braga). Letzterer brachte den Niedersachsen aber immerhin eine satte Ablösesumme von kolportierten sechs Millionen Euro ein.
Geld, das angesichts des auf 16 Millionen Euro reduzierten Etats willkommen ist und in Neuzugänge investiert werden kann (und muss). Auf jeden Fall soll ein Ersatz für Arrey-Mbi kommen. Bislang ist die Transfertätigkeit aber überschaubar: Neu sind Innen- bzw. Rechtsverteiger Josh Knight (Peterborough United) und Mittelfeldspieler Jannik Rochelt (SV Elversberg) sowie die ausgeliehenen Stürmer Jessic Ngankam (Eintracht Frankfurt) und Mittelfeldmann Lee Hyun-Ju (FC Bayern II). Die Mittelfeldspieler Husseyn Chakroun und Montell Ndikom kommen aus dem eigenen Nachwuchsteam.
Die bisherige Vorbereitung hat gezeigt: Vor allem defensiv klafft nach dem Abschied von Linksverteidiger Arrey-Mbi eine Lücke. In der Dreierkette fehlte in den Testspielen noch die Stabilität, weil Knight nach seiner Leisten-Operation noch nicht bei 100 Prozent ist und Abwehrchef Marcel Halstenberg auf der linken Seite aushalf. Eine Option auf links wäre Brooklyn Ezeh. Beim 23-Jährigen muss allerdings abgewartet werden, wie er seine mentalen Probleme aus der Vorsaison (vier Monate Pause) überwunden hat.
Leitl zeigte sich aber entspannt: "Wir haben wirklich ein gutes Gerüst in der Mannschaft. Die Jungs haben das absolute Vertrauen", sagte der 46-Jährige. "Wenn wir etwas tun, dann sollten das Jungs sein, die uns direkt weiterhelfen und noch mal einen Tick besser machen." Man wolle sich vor allem in der Spitze verstärken.
Ziele in der neuen Saison
Im vergangenen Sommer hatte man sich bei 96 lediglich eine "positive Entwicklung" zum Ziel gesetzt, die Mannschaft solle "stabiler" werden, hatte Sportchef Marcus Mann mit Verweis auf den großen personellen Umbruch gesagt. Das ist mit Rang sechs und 52 Punkten nach zuvor Rang zehn und 44 Punkten gelungen. Zwangsläufig steht nun der nächste Schritt an - das wäre der Bundesliga-Aufstieg.
Das entspräche auch dem Dreijahresplan, den der damalige Clubchef Kind bei der Verpflichtung von Leitl im Jahr 2022 verkündete. "Ich bin heiß auf die nächste Saison. Unser aller Wunsch wäre es, uns den Traum zu erfüllen und noch einen Tick weiter oben zu spielen. Das kann man nicht planen. Aber wir werden alles dran setzen und alles investieren", sagte Kapitän Ron-Robert Zieler.
Das sagt der Trainer
Im April lieferte sich Leitl ein launiges Rededuell mit Rennvereinschef Gregor Baum, der auch einflussreicher 96-Gesellschafter ist. Der Rennverein sei den Fußballern in Sachen Erste Liga voraus, sagte Baum - "noch", konterte Leitl. Die Saisonvorbereitung scheint ihn zu bestätigen, die 96-Profis zeigten sich in ansprechender Form.
Der Coach zog ein positives Fazit des Trainingslagers: "Ich fand es insgesamt super. Die Intensität war absolut am Limit. Wir haben nichts rausgenommen, im Gegenteil." Die Generalprobe am Sonnabend gelang mit einem 3:2-Sieg gegen Bundesligist VfL Wolfsburg. Leitl zeigte sich hochzufrieden: "Was wir von der Mannschaft sehen, ist hervorragend. Und wir haben keinen einzigen verletzten Spieler - das ist top am Ende der Vorbereitung."
In der gegenüber den Vorjahren geringen Fluktuation im Kadersieht der Trainer auch einen Vorteil. Das erleichtere die Vorbereitung, "weil die Abläufe klar sind", so Leitl. Helfen könnte auch, dass die U23 des Clubs in die Dritte Liga aufgestiegen ist und damit nur eine Klasse tiefer spielt. Die Durchlässigkeit zu den Profis ist somit besser und könnte Leitl personelle Alternativen bieten.
Doch der 96-Coach, der 2021 mit der SpVgg Greuther Fürth den Aufstieg schaffte, weiß auch, dass die Rückkehr in die Beletage angesichts der ambitionierten Konkurrenz wie HSV, 1. FC Köln, Fortuna Düsseldorf, Schalke 04 oder auch Hertha BSC alles andere als eine leichte Aufgabe ist. Ebensowenig wie das Auftaktprogramm: Das ist mit zwei Aufsteigern, die zu Saisonbeginn meist noch von einer Euphorie getragen werden, sowie anschließend den Top-Teams HSV und Düsseldorf durchaus knifflig.
Dieses Thema im Programm:
NDR 2 Sport | 03.08.2024 | 14:30 Uhr