Jahresrückblick 2024 | Oktober Umstrittener Wechsel - "Fußballromantiker" Jürgen Klopp geht zu Red Bull
In unserem SPORT-IM-OSTEN-Jahresrückblick blicken wir auf die Highlights 2024 zurück. Teil 10: Im Oktober polarisiert der Wechsel einer Trainerlegende zu einem (vor allem in Deutschland) umstrittenen Fußball-Projekt.
Es war wohl der Transferhammer des Jahres in Deutschland – und dabei ging es weder um die Verpflichtung eines millionenschweren Superstars noch um einen neuen Bundesliga-Top-Trainer. Doch die Nachricht vom 9. Oktober 2024, dass Jürgen Klopp künftig als "Head of Global Soccer" für Red Bull arbeiten wird, elektrisierte und erhitzte die Fußballwelt. Vor allem in Deutschland.
Jürgen Klopp als Liverpool-Trainer bei einem Testspiel in Leipzig.
Ausgerechnet Jürgen Klopp
Ausgerechnet Jürgen Klopp, der Fußball-Malocher, der Fußball-Erklärer, der schlagfertige, humorvolle und emotionale Fußballlehrer, "The Normal One", wie er sich selbst in Liverpool bezeichnete. Klopp, der als Trainer erst von Mainz und Dortmund später vom FC Liverpool für Volksnähe und Fußballromantik stand. Ausgerechnet dieser "Kloppo" arbeitet also ab 1. Januar 2025 für Red Bull und damit auch für die in Deutschland immer noch angefeindete Leipziger Fußballfiliale RasenBallsport Leipzig.
Glückwünsche und Anfeindungen
Was die Fußballfans in den Kommentarspalten und auf den diversen Social-Media-Kanälen teilweise hasserfüllt kommentierten, sorgte bei Klopps Kollegen für deutlich weniger Aufregung. So gratulierten Lothar Matthäus ("Das passt zusammen"), Bundestrainer Julian Nagelsmann ("Win-Win-Situation"), Ex-Profi Jan Aage Fjörtoft ("Beste Verpflichtung aller Zeiten"), Trainerkollege und Kumpel David Wagner ("Ideale Konstellation") und sogar der Geschäftsführer von Bundesliga-Rivale Borussia Dortmund, Hans-Joachim Watzke ("Ich wünsche Jürgen eine glückliche Hand").
Klopp: "Fußball braucht eine Zukunft"
Klopp selbst nahm die teilweise heftigen Kommentare der Fans gelassen: "Man kann seine Entscheidung nicht davon abhängig machen, wie die Reaktion darauf ist, wenn man selbst damit im Reinen ist", sagte der 57-Jährige Ende Oktober im Podcast "Einfach Mal Luppen" von Toni und Felix Kroos. Zudem sagte der ehemalige Erfolgscoach, der im Sommer 2024 nach fast neun Jahren als Liverpool-Coach seine Trainerkarriere vorerst beendete: "Ich wusste, dass es dafür richtig auf die Mütze gibt." Als "Fußballromantiker" sehe er sich trotzdem weiterhin. Der Fußball brauche aber "eine Zukunft. Und die kann nicht nur daran hängen, dass wir alles so machen, wie wir es die letzten 20, 30 Jahre gemacht haben. Das ist auch ein Fakt."
Offizielle Vorstellung am 14. Januar
Was genau Klopp als Fußballchef beim Österreichischen Getränkekonzern machen soll, ist noch nicht gänzlich in der Öffentlichkeit kommuniziert. In erster Linie wohl, die Arbeit der Red-Bull-Filialen in Leipzig, Salzburg, New York sowie in Brasilien und Japan zusammenführen. Red-Bull-Sportchef Oliver Mintzlaff formulierte in einer Pressemitteilung, Klopp solle "unser Engagement im internationalen Fußball und dessen weitere Entwicklung maßgeblich beeinflussen." Inwieweit Klopp ins Tagesgeschäft eingebunden ist, wird möglicherweise bei der offiziellen Vorstellung am 14. Januar in Fuschl am See in Österreich bekannt. Als Eckpunkte stehen ein langfristiger Fünf-Jahres-Vertrag, eine Ausstiegsklausel für einen Job als Bundestrainer schloss Mintzlaff im "Kicker" aus. Und die "Sport Bild" berichtete, dass Klopp bei einer im November medial diskutierten möglichen Entlassung von RBL-Trainer Marco Rose den Nachfolger hätte absegnen müssen.
RB-Trainer Rose trifft auf Ex-Trainer - "Toller Mensch"
Marco Rose kennt Klopp aus seiner Zeit als Fußballer bei Mainz 05. Mit dem damaligen FSV-Trainer Klopp stieg Rose auf, war Stammspieler unter dem charismatischen Coach. "Toller Trainer, toller Mensch", sagte Rose über Klopp vor dem Champions-League-Spiel gegen Klopps Ex-Klub Liverpool im Herbst. "Der Glaube an sich selbst, der Glaube, aus jeder Situation etwas Gutes zu machen. Nie aufzugeben. Das waren Attribute, die ich von Kloppo gelernt habe."
Vom Engagement des deutschen und englischen Meisters, Pokalsiegers und Champions-League-Gewinners erhoffe sich Rose, "Erfahrungswerte mitnehmen zu können. Ich habe jemanden als Gesprächspartner, der selbst auf Top-Niveau trainiert hat, der alles erlebt hat als Trainer und Spieler, der noch dazu ein guter Typ ist."
Zeigler über Klopp: "Bisschen anmaßend"
Wie Rose hat auch Fußball-Journalist und Werder-Bremen-Stadionsprecher Arnd Zeigler Klopp als "tollen Menschen" kennengelernt, die beiden sind sich freundschaftlich verbunden. Während Klopps Image bröckelt, gilt Zeigler immer noch als Identifikationsfigur der Fußballromantik. Und auch Zeigler hat eine Meinung zu Klopps Wechsel zu Red Bull. Eine differenzierte. "Ich habe da zwei Seelen in meiner Brust. Ich hätte mir für ihn auch eine andere Zukunft gewünscht", sagte der 59-Jährige kurz vor Weihnachten im Podcast "Der Sechzehner" mit Ex-Trainer Ewald Lienen.
Und weiter: "Wenn er weiter im Fußball eine Rolle spielen will, ist das ein Job, der ihm auf den Leib geschneidert ist, auch wenn es RB ist. Das ist ein bisschen anmaßend, über andere Leute Jobwahl zu urteilen", so der Moderator der WDR-Sendung "Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs". Zur Enttäuschung vieler Fußballfans in Deutschland hat Zeigler auch eine Meinung: "Es steht uns nicht zu, ihn zu kritisieren. Auf ein Podest wollte er nie gestellt werden. Das haben wir gemacht."
Klopp: "Vielleicht das beste Jahr unseres Lebens"
Klopp genießt derweil die letzten Tage vor seinem neuen Lebensabschnitt beim Skiurlaub Lech Zürs in Österreich. Via Instagram freute sich der künftige "Head of Global Soccer", dass er es am Arlberg gesund die Pisten heruntergeschafft habe. Und: "Wir sehen uns 2025. Vielleicht wird es das beste Jahr unseres Lebens."
Dirk Hofmeister