FSV Zwickau - Berliner AK 2:0 (2:0) , Im Bild: Siegjubel Trainer Rico Schmitt, FSV Zwickau

Fußball | Regionalliga Rico Schmitt (FSV Zwickau): "Haben keine Überflieger, sondern Potenzial"

Stand: 24.07.2024 20:11 Uhr

Viele Spieler sind geblieben - doch die wirklichen Topstars fehlen. In der Vorbereitung hat der FSV Zwickau so viel getestet wie wenige andere, was sind die Lehren? FSV-Trainer Rico Schmitt blickt auf die neue Saison.

  • SPORT IM OSTEN: Herr Schmitt, es sind nur noch wenige Tage, bis die Saison für Sie am Samstag gegen Hertha Zehlendorf in Berlin losgeht. Wie ist die Stimmung kurz vorher - kann es endlich losgehen? Hätten Sie noch gern mehr Zeit gehabt?

Rico Schmitt: "Nein, es kann losgehen! Die Vorbereitung ist immer eine sehr angenehme Zeit für alle Beteiligten. Ob das Trainer oder Spieler sind – da wird alle Energie bereitgestellt. Jetzt geht das Pricklige los mit den Punktspielen. Wir spielen am Samstag in Zehlendorf, das ist für uns ein enorm wichtiges Startspiel. Wir sind gut vorbereitet, die sechs Wochen haben uns gutgetan. Wenn ich an letztes Jahr denke, wo wir knapp dreieinhalb Wochen Zeit hatten, eine Mannschaft zu basteln und dann auswärts gegen den BFC Dynamo starten mussten, war das natürlich jetzt eine ganz andere Herangehensweise."

  • Sie haben sehr viele Vorbereitungsspiele gemacht, meistens gegen unterklassige Gegner, aber eben auch gegen Hertha BSC. Was hat gut funktioniert? Wo gibt es vielleicht noch Baustellen?

Rico Schmitt: "Es ist wichtig für uns, hier in der Region wahrgenommen zu werden, das Startspiel mit dem TSV Crossen war ganz bewusst gewählt. In Summe haben wir zehn Testspiele absolviert. Gegen Hertha BSC (1:6. Anm.d.Red.) haben wir unsere Grenzen aufgezeigt bekommen, vor allem was die Themen Zweikampfführung und Robustheit betrifft. Gegen Cottbus haben wir die Vorbereitung dann positiv abgeschlossen. Das Spiel hat uns gezeigt, dass wir sehr gute Alternativen und mehr Breite im Kader haben. Wir haben schon etablierte Jungs aus der letzten Saison, aber wir brauchen Wettbewerb in der Mannschaft. Das hat das Spiel auch gezeigt, wo wir mit den Wechseln neuen Mut bekommen haben und das 0:2 zum 2:2 drehen konnten. Das ist ein guter Fingerzeig für die anstehende Saison."

  • Sie haben gesagt, gegen Hertha wurde das Thema Zweikampfführung als Baustelle aufgezeigt. Hat sich da bis zum Spiel gegen Cottbus schon eine Entwicklung gezeigt?

Rico Schmitt: "Wir waren einfach nicht bereit, mental und körperlich gegen Hertha gegenzuhalten und haben uns vorführen lassen. Das war nicht schön, das war ein Ausrufezeichen für uns. Wenn Mannschaften robust spielen, dann muss ich dagegenhalten, auch mit der positiven Ausstrahlung als Spieler, als Mannschaft. Das haben wir in den letzten Tagen gut umgesetzt und das nehmen wir jetzt mit in die Saison."

  • Sie haben einige Routiniers, aber auch junge Spieler. Wo sehen Sie die Stärken Ihrer Mannschaft?

Rico Schmitt: "Wir haben keine Überflieger im Sinne von 'absolute Topspieler', sondern ganz viel Potenzial in der Mannschaft. In der Saison 23/24 mussten wir bis in den November hinein hartes Lehrgeld zahlen, danach gab es eine tolle Entwicklung, sowohl als Mannschaft, als auch bei jedem Einzelnen. Daraus ziehen wir Kraft, diesen Weg wollen wir weitergehen. Mit unseren Verpflichtungen im Sommer konnten wir mehr Breite, aber auch Spitze organisieren. Da sind wir sehr froh und dankbar, dass das mit dem Budget bis jetzt so funktioniert hat. Wir kennen die Situation, es hat sich in keinster Weise entspannt, es ist trotzdem eine angespannte Situation beim FSV Zwickau."

  • Bleiben wir kurz bei der Mannschaft: Sind Sie komplett? Peilen Sie auf einzelnen Positionen weitere Verstärkung an?

Rico Schmitt: "Das geht immer im Austausch mit unserem Management, mit unserem Sportdirektor Robin Lenk und natürlich auch mit unserem Vorstand: Was ist mit dem Budget überhaupt möglich? Natürlich wollen wir immer noch in der Innenverteidigung nachlegen, aber Erfahrung kostet. Da hatten wir uns um vier, fünf Personalien gekümmert, da gab es dann andere Entscheidungen. Vielleicht tut sich etwas im jüngeren Alter, das geht nur über das wirtschaftliche Go. Jetzt liegt der Fokus auf unserer Mannschaft und auf dem Spiel gegen Hertha Zehlendorf."

  • Manche Regionalligisten mussten 10, 15 Spieler integrieren, bei Ihnen ist der Umbruch geringer ausgefallen. Könnte das eine Stärke für den FSV Zwickau sein, dass Sie mit einer recht gut eingespielten Mannschaft in die neue Saison gehen?

Rico Schmitt: "Wenn wir sagen, wir haben 75 Prozent unserer Jungs mitnehmen können in die neue Saison, klingt das erstmal super. Aber wir sind eine junge Mannschaft, die immer wieder kämpfen muss: um mehr Atmosphäre auf dem Feld, um Qualität im Training, um am Ende am Wochenende begeisterungsfähigen Fußball mit einem spielerischen Ansatz zu spielen. Wir wollen den Fans etwas bieten. In der letzten Saison haben viele Fans vom FSV Zwickau gesagt: 'Das ist eine Mannschaft, es ist wieder eine Freude, ins Stadion zu kommen. Die geben nie auf, geben alles bis zur letzten Minute.' Das wollen wir beibehalten, und natürlich sind wir eine gefestigtere Mannschaft als noch vor einem Dreivierteljahr."

Marc-Philipp Zimmermann (33, Zwickau) und Trainer Rico Schmitt.

Marc-Philipp Zimmermann (33, Zwickau) und Trainer Rico Schmitt.

  • Sie haben die Schwierigkeiten der vergangenen Saison angesprochen, auch die die sportliche Talfahrt, die Sie hatten. Was sind die internen Ziele, die Sie sich für die neue Saison gegeben haben?

Rico Schmitt: "Wir wollen das mit großer Demut angehen und gar keine großen Erwartungshaltungen haben, aber natürlich ist die Herangehensweise anders als im letzten Jahr, wo es nur um den Klassenerhalt ging. Letzte Saison hatten wir 41 Punkte, wir werden jetzt nicht sagen, wir wollen fünfzig zur neuen Saison. Wir wollen wachsen. 41 Punkte sind machbar, aber auch ein Brett, die Regionalliga Nordost ist immer stärker geworden in den letzten Jahren, dieses Jahr nochmal besonders. Das wird für uns eine Riesenherausforderung sein."

  • Als sehr erfahrener Regionalligatrainer: Wer sind für sie die Top-Aufstiegskandidaten – und bei wem glauben Sie, dass die Mannschaften eher gegen den Abstieg spielen werden?

Rico Schmitt: "Wir reden nur über Top-Mannschaften. Eine absolute Top-Mannschaft ist Halle. Als Absteiger haben sie ein wahnsinnig großes Budget und damit tolle Spieler verpflichtet, um das Thema Wiederaufstieg sofort in Angriff zu nehmen. Dann kommen gleich dahinter Mannschaften wie Greifswald, wie Jena oder Chemnitz. Natürlich wird eine Berliner Mannschaft vorne mitspielen, das ist jetzt aktuell schwierig einzuschätzen, wer sich da durchsetzen kann. Man muss nach Leipzig schauen, Chemie, Lokomotive… Vielleicht ein Aufsteiger? Man muss es sehen. Das sind aus meiner Sicht die Mannschaften, die einen hohen Stellenwert haben für die neue Saison. Vielleicht habe ich auch wen vergessen, seht es mir nach!"

  • Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die neue Saison.

Das Interview führte Dirk Hofmeister.